„Zukunft braucht Herkunft“ – Vernissage von Design & Dynastie im Fuldaer Stadtschloss

Geteilte Kultur als unverzichtbare Basis unserer heutigen europäischen Zusammenarbeit

Im Fuldaer Stadtschloss ist am Freitagabend in besonderer Aufmachung die große Sonderausstellung „Design & Dynastie. 250 Jahre Hofleben Oranien-Nassau“ eröffnet worden. Anlass für die Ausstellung ist der Geburtstag von Wilhelm Friedrich I. (1772-1843), erster König der Niederlande, der sich in diesem Jahr zum 250. Mal jährt, und der Fulda einige Jahre zuvor als Fürst regierte.

Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld

Fuldas Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, der neben Kuratorin Nicole Uniquole, der niederländischen Historikerin und Journalsitin Reinildis van Ditzhuyzen (Ausstellungstexte und dreisprachigem Audio-Guide), der stellvertretenden Botschafterin des Königreiches Niederlande in Deutschland Antje Willemijn van Haaften, dem Bürgermeister der Gemeinde Noardeast-Fryslân, der niederländischen Partnerstadt Dokkum, auch zahlreiche Mitglieder des Ehrenkomitees aus dem Königreich Niederlande willkommen hieß, erinnerte in seinen Eröffnungs- und Begrüßungsworten im Beisein der Ersten Bürgerin der Stadt Stadtverordnetenvorsteherin Margarete Hartmann, dem Fuldaer Bürgermeister Dag Wehner sowie dem früheren Fuldaer Oberbürgermeister, dem Hessischen Minister a.D. Dr. Alois Rhiel, einer Reihe von Mitgliedern der Fuldaer Stadtverordnetenversammlung – darunter Stadtrat Bernhard Lindner (SPD) und Dr. Amin Aschdjai-Benissi (FDP) – sowie Repräsentanten der städtischen Kulturlandschaft darunter der Amtsleiter des städtischen Kulturamtes Dr. Thomas Heiler und der Leiter des städtischen Vonderau Museums Fulda Dr. Frank Verse im Marmorsaal des Stadtschlosses an die gemeinsame Geschichte des Königreiches Niederlande und der Stadt Fulda und assoziierte die Ideale des späteren Königs der Niederlande, Fürsorge und Toleranz, mit dem heutigen europäischen Gedanken, der gerade in Bezug auf aktuelle Geschehnisse wichtiger denn je sei.

„Zukunft braucht Herkunft.“

„‘Zukunft braucht Herkunft.‘ – ein Leitmotiv, welches uns gerade in den vergangenen Jahren immer wieder im Auftrag gesehen hat, das zu tun, was wir können, um das Bewusstsein für unsere Geschichte für unsere Identität – aber eben auch für unsere Gegenwart und Zukunft zu stärken“, so Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld anlässlich der Ausstellungseröffnung Design & Dynastie. 250 Jahre Hofleben Oranien-Nassau am Freitagabend in Fulda. Vor dem Hintergrund der beinahe 70.000 Einwohnerinnen und Einwohner Fuldas aus 138 unterschiedlichen Nationalitäten, diese zwar im Vergleich zu Den Haag oder Amsterdam einer sehr kleinen Stadt entspringen, dennoch eine große kulturelle Vielfalt darstellen, sagte das Fuldaer Stadtoberhaupt: „Wenn es uns gelingen soll, uns in dieser Vielfalt als Gemeinschaft zu erleben, ist die Kenntnis der eigenen Geschichte von besonderer Bedeutsamkeit, wenn auch keineswegs selbstverständlich, dass sich die Bürgerinnen und Bürger ihrer eigene Geschichte, Herkunft und eigenen Wertecodex vergegenwärtigen.“

Am Beispiel des Stadtjubiläums (2019) machte Oberbürgermeister Wingenfeld deutlich, dass Fulda von Anfang an europäisch geprägt war. Diese Tatsache habe heute einmal mehr eine tragende Säule, ebenso die deutsch-niederländische Freundschaft. Dieses frühe europäische Verständnis vergegenwärtigt, personifiziere nach Wingenfeld eine Person wie sie Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau gewesen ist, der am 24. August 1772 in Den Haag geboren wurde und dessen Geburtstag sich in diesem Jahr zum 250. Mal jährt. „Diesen 250. Geburtstag von Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau neben wir zum Anlass, dies als Basis dafür zu nehmen, den Blick in besonderer Weise auf seine Rolle, sein Wirken und seine Spuren zu lenken“, so Wingenfeld weiter. Der 250. Geburtstag des früheren Fuldaer Fürsten sei ein würdiger und äußerst willkommener Anlass, dass Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau und sein Wirken in der eigenen Fuldaer Bevölkerung noch bewusster wahrgenommen und verinnerlicht werde. Man habe festgestellt, so Wingenfeld, dass viele Fuldaerinnen und Fuldaer zu wenig über die Geschichte Fuldas und damit auch über die Rolle von Wilhelm-Friedrich von Oranien-Nassau und dessen Einfluss auf die Stadt wissen. Dies ändere sich aber seit einigen Jahren und deute sich gerade in diesem Jahr an. Wie der Fuldaer Oberbürgermeister weiter ausführte, könne man die Person Wilhelm Friedrich von Oranien nur als „herausragend“ bezeichnen. „Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau war nach einer über 1000-jährigen Geschichte des Fürstbistums der Fürstäbte Fuldas erstes weltlicher Fürst. Nur innerhalb von vier Jahren hat er Fulda in vielfacher Hinsicht modernisiert, verändert und viel bewegt.“ So seien beispielsweise die Modernisierung der Verwaltung, der Zugang zu öffentlichen Ämtern oder die Gründung des Leih- und Pfandhauses, aus dem später die Sparkasse Fulda entstand, auf ihn zurückzuführen. Auch das Klinikum Fulda, heute einer der größten Arbeitgeber der Region, gebe es ohne den früheren Fuldaer Fürsten nicht. Auch der Aufbau der ersten Evangelischen Kirchengemeinde ist auf Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau zurückzuführen.

Oberbürgermeister Dr. Wingenfeld: „Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau steht im Rückblick in besonderer Weise bemerkenswert für die Ideale von Fürsorge und Toleranz. Werte, die für uns heute wichtiger denn je sind. Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau hat Fulda von 1802 bis 1806 geprägt, aber ich denke, wir können auch formulieren, dass ihn diese Fuldaer Jahre auch selbst ein Stück weit geprägt haben und auch ein Stück weit ausschlaggebend waren für sein späteres Handeln ab 1815 als erster König der Niederlande.

Geteilte Kultur als unverzichtbare Basis unserer heutigen europäischen Zusammenarbeit

Antje Willemijn van Haaften, stellvertretende Botschafterin des Königreiches Niederlande in Deutschland

Die stellvertretende Botschafterin des Königreiches Niederlande in Deutschland, Antje Willemijn van Haaften, lobte mit einer Sonate für Flöte und Klavier in D-Dur das „Rondo Allegro“ von dem niederländischen Komponisten Johann Wilhelm Wilms (1772-1847) die gelungene Musikauswahl zur Ausstellungseröffnung. Eine solche Ehre werde den Niederländern sonst nur selten zuteil – zumal Wilms so etwas wie das niederländische Pendant zu einem Beethoven oder Händel sei. Ein weiterer, sehr passender Zufall sei, dass Wilms im gleichen Jahr geboren wurde wie Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau. Als sehr aufmerksam beschrieb die Botschafterin wie herausragend und in welch großem Stil Fulda seine Rolle auf die Verständigung der deutsch-niederländischen Freundschaft und Beziehung einnehme.

Bezugnehmend der Regentschaft von Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau in Fulda sagte sie: „Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Wilhelm Friedrich von Oranien-Nassau hat während seiner vierjährigen Regentschaft in Fulda durchaus etwas erreicht. Dies wissen tatsächlich auch wenige in der Niederlande. Er gilt als aufgeklärter Reformator. Vor diesem Hintergrund können wir auch die Frage adressieren, wofür kulturelles Erbe steht oder welche Art von öffentlicher, privater und staatlicher Zuständigkeit entwickelt sich rund um die Hinterlassenschaften anderer Zeiten und wie gelingt es, in gegenseitigen Abstimmungen notwendige, kritische und nicht nur konservatorische Zuständigkeiten zu entwickeln? Das alles sind wichtige Fragen im Hinblick auf die Integration der Vergangenheit in die Zukunft. Geteilte Kultur ist eine unverzichtbare Basis unserer heutigen europäischen Zusammenarbeit.“

„Mit Design & Dynastie feiern wir auch die deutsch-niederländischen Verbindungen“

Nicole Uniquole, Kuratorin der Ausstellung

Die Kuratorin der Ausstellung, Nicole Uniquole, für die es eine große Ehre wie auch Freude war, die Ausstellung in Fulda zu eröffnen, adressierte an Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld und Kulturamtsleiter Dr. Thomas Heiler herzliche Dankesworte dafür, dass sie ihr ihr Vertrauen geschenkt haben. „Mit dieser Ausstellung feiern wir den 250. Geburtstag von König Wilhelm I. – aber sie ist im Eigentlichen noch viel mehr: Mit dieser Ausstellung feiern wir auch die deutsch-niederländischen Verbindungen. Vier niederländische Königinnen und Könige waren mit deutschen verheiratet“, stellte die Kuratorin heraus. Nicole Uniquole legte den Ausstellungsbesucherinnen und – besuchern den Audio-Guide nahe und lud sie dazu ein, sich die Texte zur Ausstellung durchzulesen und sich darüber hinaus auch die Geschichte von Fulda zu vergegenwärtigen. Die Ausstellung, so befand die Kuratorin bei der Vernissage, sei ein „wahres Gesamtkunstwerk“ und das auch mehreren Gründen. Nicht nur, weil die Leihgaben unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden, sondern weil „Design & Dynastie“ in enger Zusammenarbeit und Abstimmung eines deutsch-niederländischen Teams entstanden ist und nur durch gute Zusammenarbeit realisiert werden konnte.

Für die Sonderausstellung wurden für Briefmarkensammler 18 Sonderbriefmarken der niederländischen Post angefertigt. Vorgestellt wurden sie im Rahmen der Vernissage von Mirjam Verhaagen. Die Vernissage wurde musikalisch begleitet von Christina Mackenrodt (Flöte) und Carsten Rupp (Klavier). +++ jessica auth

Hintergrund
Die Ausstellung umfasst in ihrer Gesamtheit etwa 300 Exponate, die in den Räumlichkeiten des Fuldaer Stadtschlosses, dem Verwaltungssitz, gezeigt werden. Stadtführungen an geschichtsträchtige Plätze, die an König Wilhelm I. erinnern oder mit dem früheren Fuldaer Fürsten in Verbindung gebracht werden können sowie Lesungen niederländischer Autoren runden die Sommerausstellung ab. Für die Ausstellung wurde ein Großteil der historischen Räume ausgelagert, eine Premiere. Die Geschichte Wilhelms I. und des Hauses Oranien-Nassau, das eng mit Deutschland verbunden ist, markiert den Schwerpunkt der Ausstellung. Zu bewundern gibt es neben einer Reihe von Exponaten aus den Sammlungen des Königleichen Hausarchivs des niederländischen Königshauses wie eine einzigartige Sammlung von Porträtminiaturen, die noch nie zuvor außerhalb der Niederlande zu sehen waren, auch Kunstobjekte aus dem Palast Het Loo sowie zeitgenössische Objekte – darunter Fuldaer Porzellan mit Tonware der Keramikerin Simone Doesburg. Design & Dynastie. 250 Jahre Hofleben Oranien-Nassau wird vom 18. Juni bis 25. August 2022 im Stadtschloss Fulda gezeigt. Die Öffnungszeiten belaufen sich Montag bis Sonntag von 10.00 bis 18.00 Uhr.

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