Exkursion in den Lauterbacher Graben – Das Erdmittelalter (Mesozoikum) in Hessen

Zeitreise in die Trias und den Unteren Jura

Am 22. August fand eine Exkursion in den Lauterbacher Graben bei Angersbach statt. Veranstalter waren der Arbeitskreis Geologie / Paläontologie des Verein für Naturkunde Osthessen (VNO) und die Deutsche Vulkanologische Gesellschaft Sektion Vogelsberg (DVG Sektion Vogelsberg). Aufgrund der Einschränkungen durch Corona wurde in zwei Gruppen mit je 10 Personen gewandert. Eine größere Teilnehmerzahl war leider nicht zulässig. Die Exkursion in den Lauterbacher Graben bei Angersbach kann als eine Wanderung durch das Erdmittelalter (Mesozoikum) Hessens oder als eine Zeitreise in die germanische Trias und Unterste Jura aufgefasst werden.

Das Erdmittelalter (Mesozoikum) besteht aus drei Perioden (Systemen). In chronologischer Reihenfolge sind dies Trias, Jura und Kreide. Die farblich unterscheidbaren Schichten von Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper wurden erstmals durch F. von Alberti (1834) zum System der Trias zusammengefasst. Übrigens die einzige Periode der Erdgeschichte die ihren Namen in Deutschland erhalten hat. Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper sind aus Ablagerungen (Sedimenten) im germanischen Becken entstanden. Diese Dreiheit wird als germanische Trias bezeichnet. Die Trias begann vor 250 MJ mit dem größten Massenaussterben aller Zeiten und endete vor 200 MJ mit einem der fünf größten Massenaussterben, womit sie die einzige Periode der Erdgeschichte ist, die nach einem Massenaussterben begann und mit einem Massenaussterben endete. In Angersbach ist noch etwas Unterer Jura erhalten, so dass bei der Exkursion ein Zeitraum von etwa 55 MJ behandelt wurde.

Erste Station der Exkursion war die evangelische Kirche in Angersbach. Nicht der Kirche selbst galt das Interesse der Exkursionsteilnehmer, sondern der aus unterschiedlichsten Buntsandsteinen aufgebauten Kirchmauer. Hierbei galt es die Frage zu beantworten unter welchen Bedingungen sich die verschiedenen Buntsandsteine bildeten. Hilfreich war hierbei das Aktualitätsprinzip ( Die Gegenwart ist der Schlüssel zur Vergangenheit ) von Charles Lyell (1797-1875) einem Freund von Charles Darwin. Schnell erkannten die Teilnehmer, dass die Ablagerungen des Buntsandsteins im germanischen Becken hauptsächlich durch Wasser als Transportmedium erfolgte und Wind nur eine untergeordnete Rolle spielte. Zusammenfassend kann man sagen: Es herrschte ein trockenes heißes Klima mit sich wiederholenden Starkregen, wobei Flüsse und Binnenseen episodisch trocken fielen. Verschiedenen Bindemittel wie Kieselsäure, Kalk, Ton und Eisenoxide, in die die Quarzkörner eingebettet sind, und ihre einfache Unterscheidung wurde besprochen.

Zweite Station war der Keuperhang am Bahnhof. Im Vergleich zum grobkörnigen Buntsandstein sind Steine an diesem Standort sehr feinkörnig. Es handelt sich hierbei um sogenannte mergelige Tone, bunte Mergel, Steinmergel und Dolomite. Auch diese Gesteine sind das Ergebnis einer vorwiegend festländischen Sedimentation. Die Buntsandsteinzeit hatte eine Dauer von 8 MJ und die Mächtigkeit des Buntsandsteins in Angersbach beträgt 450 m. Die Keuperzeit dauerte 34 MJ, wobei die Mächtigkeit des Keuper in Angersbach nur 215 m beträgt. Der Keuper hat weniger als die halbe Mächtigkeit, benötigte aber zu seiner Ablagerung etwa die vierfache Zeit. Dies entspricht weniger als einem Achtel an Sedimentationsrate im Vergleich zum Buntsandstein. Hieraus kann man schließen, dass die Landschaft zur Keuperzeit ein weit geringeres Höhenprofil aufwies als zur Buntsandsteinzeit. Es kam jedoch während der Keuperzeit wiederholt zu Meeresvorstößen in das germanische Becken. Dies wurde durch Jürgen Wahl an Hand seiner Fossilien aus dem Keuper gleich mehrfach belegt; so zeigte er den staunenden Teilnehmern fossile Wellenrippel, kleine Fischzähne und -schuppen sowie einen Stein mit einem Muschelpflaster einer Muschelart. Solche an marinen Arten verarmte Faunen sind ein Hinweis auf hohe Salinität wie z.B. heute im Toten Meer.

Dritte Station war der Buntsandsteinbruch (Sandgrube der Fa. Eurich). Hier wird Mittlerer Buntsandstein abgebaut. Im Mittleren Buntsandstein wechseln viermal große Lagen aus einheitlichen kompakten Sandsteinen mit sogenannten Sandsteinwechselfolgen ab. Im Steinbruch ist ein solcher Wechsel leicht zu erkennen. Auf die Eichsfeld-Wechselfolge folgt der Rhönsandstein. Bei den Wechselfolgen sind oft Tonlagen zwischengeschaltet, dies bedeutet dass hier die Sedimentation langsamer erfolgte. Zusammenfassend kann man sagen: Im Mittleren Buntsandstein folgt auf eine Zeit hoher Sedimentation eine Zeit niedriger Sedimentation und dies wiederholt sich viermal. Auch hier konnte Jürgen Wahl Fossilien zeigen. Fossilien im Buntsandstein sind allerdings äußerst selten und die Erhaltung ist oft nicht gut. Die beiden Wandergruppen gingen nun durch den Finsteren Graben in Richtung Lauter. Für die meist ortsfremden Wanderer war der von Ackerterrassen, Heckenstreifen, Streuobstwiesen und Ginster eingebettete Graben mehrfach Anlass ein Lob an die Gemeinde Wartenberg auszusprechen für diese wunderschöne Kulturlandschaft und deren Pflege. Nach Überquerung der B254 bewegten sich die beiden Wandergruppen zum Evangelischen Kindergarten.

Vierte Station war hier der Aufschluss des Lias (Schwarzer Jura). Eine völlig andere und fremdartige marine Ablagerung von schwarzen dünnen Blättchen aus Schiefertonen in Fingernagelgröße bestaunten hier die Exkursionsteilnehmer. Diese schwarzen Tone hatten sich in der Hessischen Straße einer flachen schmalen Meeresstraße abgelagert. An der Grenze zwischen Trias und Jura begann der Zerfall des Superkontinents Pangäa durch Öffnung des Zentralatlantik, begleitet wurde dieser Vorgang durch starken Vulkanismus, hierbei wurden große Mengen der Treibhausgase Kohlendioxid und Methan sowie das giftige Schwefeldioxid freigesetzt. Es kam zu einem der fünf größten Aussterbeereignisse der Erdgeschichte. Der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre betrug nur noch 10% somit die Hälfte des heutigen Wertes. Die schwarzen Tone des Lias sind Zeugen dieses Sauerstoffmangels. Sie zeigen das im Lias-Flachmeer ein oxidativer Abbau der abgestorbenen Meeresorganismen nicht mehr möglich war. Hier präsentierte Jürgen Wahl Überlebende des Aussterbens. Es gab nicht viele, aber die wenigen waren wunderschön. So zeigte er zwei große schwarze Muscheln und den kleinen Ammoniten Psiloceras johnstoni (Foto), den Namensgeber der nach ihm benannten Johnstoni-Zone. Ein Organismus nach dem eine Zone benannt ist wird in der Geologie als Leitfossil bezeichnet.

Fünfte Station war das Naturdenkmal Muschelkalk-Kante Sonnberg. Hier steht Unterer Muschelkalk (Wellenkalk) an. Muschelkalk ist eine marine Ablagerung, die vornehmlich aus den Kalkschalen von Muscheln, Brachiopoden, Seelilienstilgliedern (Trochiten) und Ceratiten (Ammoniten des Muschelkalk-Meeres) gebildet wurde. Jürgen Wahl zeigte zwei Haifischzähne. Der erste Zahn war spitz und gehörte zu einem Hai, der sich von Fischen ernährte. Der zweite Zahn ähnelte einem winzigen Pflasterstein und gehörte zu einem Hai dessen Nahrung aus hartschaligen Meeresorganismen bestand. Zum Abschluss bekamen die Teilnehmer noch den fossilen Wirbelknochen eines Nothosauriers zu sehen. Dieser Saurier stand an der Spitze der Nahrungskette im Muschelkalk-Meer. Heute steht der Mensch an der Spitze der Nahrungskette.

Sechste und letzte Station war daher das Abendessen in der Gaststätte Jerje. Nach dem Abendessen wurden die Amnioten der Trias und Untersten Jura mit Hilfe eines großen Stammbaums, der an ein Scheunentor befestigt wurde, besprochen und vertieft. Amnioten sind alle Tiere die amniotische Eier legen oder aus solchen hervorgegangen sind. Amniotische Eier haben eine kalkhaltige oder lederartige Schale , die die Eier vor Austrocknung schützt. Reptilien, Vögel, Säugetiere und somit auch der Mensch gehören zur Gruppe der Amnioten. Menschen und Säugetiere legen zwar keine Eier jedoch sind sie aus eierlegenden Vorfahren hervorgegangen.

Zum Ende der Veranstaltung spendeten die Exkursionsteilnehmer spontan 85 Euro an den Heimat- und Verkehrsverein Wartenberg (HVV) . Die Spende soll der Pflege und Instandhaltung des Zeitpfads Wartenberg zu Gute kommen. Im Namen des HVV bedankt sich nochmals der Autor dieses Berichts. Nach sechs erlebnisreichen und unterhaltsamen Stunden endete die Exkursion in den Lauterbacher Graben bei Angersbach. +++ Reinhard Fehl und Manfred Schulz