SPD: Planlosigkeit in der Schulpolitik verschärft Chancenungerechtigkeit

Landesregierung ohne Kurs

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Christoph Degen, hat die Landesregierung erneut für ihre Untätigkeit in der Schulpolitik während der Corona-Krise und ihren chaotischen Kurs in Bildungsfragen kritisiert. Nach einer lebhaften Debatte im kulturpolitischen Ausschuss (KPA) des Hessischen Landtags bezeichnete Degen den permanenten Positionswechsel des Kultusministers als „beliebig und ohne eigene Haltung“. Degen sagte: „Was die Landesregierung in der Corona-Pandemie bildungspolitisch eigentlich will und was ihre Position in den Gesprächen mit den anderen Regierungschefs ist, sagt sie nicht. Sie ordnet sich bedingungslos dem Kurs der Kanzlerin unter und wirft damit den eigenen Stufenplan, der Verlässlichkeit geben sollte, unter welchen Bedingungen mit welchen Maßnahmen zu rechnen ist, über den Haufen, statt sich für mehr Handlungsspielräume einzusetzen.“ Bestes Beispiel sei, dass die aktuelle und anhaltende Aussetzung der Präsenzpflicht im Stufenplan gar nicht vorkomme und damit viele Schule ratlos mache.

Die Landesregierung habe die Gefährdungslage an den Schulen über Monate heruntergespielt, schöngeredet und schöngerechnet. Während die Regierungsparteien CDU und Grüne der oppositionellen SPD noch bis Ende letzten Jahres vorgeworfen hätten, das von ihr geforderte Wechselmodell an den Schulen schüre Ängste, und keinen Anlass sahen, die Hälfte des Unterrichts zuhause stattfinden lassen, finde aktuell für 80 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Hessen genau das statt. „Vor Weihnachten wurde uns vom Kultusminister vorgeworfen, wir wollten nur die Hälfte des Unterrichts. Jetzt bläst es aus dem gleichen Horn, dass selbst die Hälfte des Unterrichts zu viel ist. Dabei geht es uns seit Beginn der Pandemie um ein möglichst krisensicheres Konzept, mit dem angstfrei und sicher unter Wahrung der notwendigen Abstände gelernt werden kann“, sagte Christoph Degen.

Die Landesregierung schwanke zwischen den Extremen. Die meisten Schülerinnen und Schüler müssten ganz zuhause bleiben, einige wenige sollten kommen und für den Rest gebe es ein „Vielleicht“.
Der SPD-Bildungspolitiker stellte fest: „Unser Modell eines strukturierten Wechsels aus Distanz- und Präsenzunterricht mit gleichzeitiger Betreuungsgarantie für Härtefälle bietet Verlässlichkeit und stellt sicher, dass kein Kind zurückgelassen wird und oder vereinsamt. Wir halten es auch für falsch, dass das Land jegliche Steuerungsmöglichkeiten insbesondere für die Erst- bis Sechstklässler aufgibt. Mit der Aussage ‚Die Schulen sind offen, aber schickt eure Kinder bitte nicht‘ disqualifiziert sich die Landesregierung selbst und schafft die Schulpflicht faktisch ab. Wir erleben das übliche Muster schwarzgrüner Politik: Immer wenn es unangenehm wird, schiebt die Landesregierung die Verantwortung den Schulen oder den Eltern zu und drückt sich vor Entscheidungen.“ Der Verzicht auf die Präsenzpflicht sei das denkbar schlechteste Modell, weil es zulasse, dass Schüler, deren Eltern ihre Kinder nicht unterstützen können, wochenlang komplett vom Lernen abgehängt werden, so Degen. Das Ergebnis schwarzgrüner Schulpolitik seien chaotische Verhältnisse: „Auch, wenn im Schnitt nur 18 bis 19 Prozent der Schülerinnen und Schüler in die Schule geschickt werden, sind es in einzelnen Klassen 70 Prozent. Abstände einzuhalten scheint so kaum möglich. Das ist aktuell unverantwortbar. Wenn man nicht will, dass Kinder die in die Schule kommen, dann muss man die Schulen eben offiziell schließen und für alle Familien, die es aus beruflichen Gründen brauchen, eine Notbetreuung anbieten“, erläuterte Degen.

Dass die Landesregierung in der Sitzung des KPA nicht beziffern konnte, wieviel Unterricht seit Beginn der Pandemie ausgefallen sei, sei inakzeptabel und ein Beleg dafür, wie ideologiegetrieben statt grundlagenbasiert die schwarzgrünen Entscheidungen seien. „An zentralen Abschlüssen festzuhalten, ist falsch, wenn man nicht mal weiß, dass die zentrale Beschulung überall im Land für alle funktioniert hat. Auch die Behauptung, alle Abschlussklassen würden in der Schule lernen, wurde gestern im Ausschuss widerlegt. Laut Landesregierung werden an 131 von 657 Schulen die Abschlussklassen nicht in Präsenzform unterrichtet. Aufgrund des zum Teil monatelangen Unterrichtsausfalls muss den Schulen mehr Freiheiten bei der Gestaltung von Prüfungsformaten gegeben werden“, so Degen, der resümierte: „Unterm Strich bleibt auch nach der Beantwortung von fast 100 Fragen der Opposition in der gestrigen Ausschusssitzung das Bild, dass die Landesregierung unverändert keinen Plan hat. Stattdessen hat der Kultusminister offensichtlich fast ein Jahr lang nur gehofft und gebetet, dass die Pandemie vorbeigeht, anstatt durch Konzepte, Fortbildung und bessere technische Ausstattung die Schulen tatsächlich krisenfest zu machen. Es sei ein Skandal, dass nach 300 Tagen Corona immer noch kein vollfunktionstüchtiges Schulportal zur Verfügung steht und die Videofunktion, die für den Fernunterricht notwendig ist, noch immer nicht einsatzfähig für den flächendeckenden Einsatz ist.“