Seehofer: Bund muss Kommando übernehmen

Ramelow kritisiert Merkel-Auftritt bei Anne Will

Horst Seehofer (CSU)
Horst Seehofer (CSU)

Vor dem Hintergrund steigender Fallzahlen fordert Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), dass der Bund im Kampf gegen die Corona-Pandemie das Kommando übernimmt und damit bundesweit einheitliche Regeln erzwingt. „Man muss als Bundesregierung handeln“, sagte Seehofer der „Süddeutschen Zeitung“. Der Bund habe „von jeher die Gesetzgebungskompetenz auf diesem Gebiet“. Man müsse nur Gebrauch davon machen. Um keine weitere Zeit zu verlieren, dringt Seehofer darauf, dass die Koalitionspartner so schnell wie möglich Einigkeit über ihr weiteres Vorgehen herstellen. Dann müssten die mit der Materie befassten Ministerien eine Gesetzesvorlage erarbeiten, die anschließend im Kabinett beschlossen und dem Bundestag zugeleitet werde. Nach Seehofers Auffassung kann entweder das Infektionsschutzgesetz präzisiert oder ein eigenes Gesetz beschlossen werden, in dem genau geregelt werde, welche Maßnahmen bei welchem Infektionsgeschehen ergriffen werden müssen. Der Bund müsse „einheitlich festlegen, was bei welcher Inzidenz zu geschehen hat“.

Ramelow kritisiert Merkel-Auftritt bei Anne Will

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für Äußerungen in der ARD-Sendung „Anne Will“ kritisiert. „Ich reagiere da jetzt mit einer gewissen Schärfe, weil ich es wirklich leid bin, mir anhören zu müssen, was man hätte tun müssen, aber selbst tatsächlich nichts getan hat“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Er fordere schon seit Langem einen Stufenplan und einheitliche Regeln für ganz Deutschland. „Wenn die Kanzlerin das auch thematisiert, soll es mir recht sein. Ich bin nur irritiert, dass sie das jetzt als Drohkulisse aufbaut. Denn es waren mehrere Ministerpräsidenten, die bei der vorletzten Ministerpräsidentenkonferenz ihre Enttäuschung zum Ausdruck gebracht haben, dass es wieder keinen Stufenplan gibt und nur ein paar dürre Eckpunkte über Inzidenzen. Deshalb ärgere ich mich ein bisschen über die Tonart.“ Ramelow beklagte zudem, dass das Saarland zusätzliche Impfdosen bekommen habe, obwohl die  Inzidenzen in großen Teilen Thüringens viel höher lägen. Auch habe Bayern kurz vor der letzten Ministerpräsidentenkonferenz „die Baumärkte aufgemacht“. Merkel müsse deshalb „Ross und Reiter nennen“. Gegen eine von Merkel ins Spiel gebrachte Änderung des Infektionsschutzgesetzes, um einheitliche Regeln verbindlich zu machen, habe er jedenfalls nichts einzuwenden, sagte der Linken-Politiker. Doch eine kurzfristig angesetzte neue Ministerpräsidentenkonferenz bringe nichts, wenn nicht klar sei, was dabei herauskommen solle.

Auch Kubicki kritisiert Merkels Auftritt

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat ebenfalls harte Kritik an den Aussagen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Talkshow „Anne Will“ geübt. „Als es letzte Woche hieß, man wolle das Format der MPK überdenken, war meine Erwartung nicht, dass die Kanzlerin nun über Talkshows mit den Ministerpräsidenten verhandelt“, sagte Kubicki dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Der Vorwurf der Bundeskanzlerin, die Länder würden das Recht nicht richtig anwenden, und die „unverhohlene Drohung“, das Infektionsschutzgesetz in Reaktion darauf zu ändern, sei „keine Lappalie“, fügte er hinzu. Kubicki kritisierte, offensichtlich werde die Kanzlerin „schon lange rechtlich gar nicht mehr oder sehr schlecht beraten, siehe Osterruhe“. Mit Blick auf die Sendung am Sonntag könne er ihr nur empfehlen, „sich nochmal explizit mit unserem Staatsaufbau und dem Rechtscharakter der Ministerpräsidentenkonferenz auseinanderzusetzen“. Deutschland bleibe auch in der Pandemie ein Bundesstaat.

Ärztegewerkschaft fordert befristeten „harten Lockdown“

Angesichts exponentiell steigender Corona-Fallzahlen fordert die Ärztegewerkschaft Marburger Bund einen „kurzen, harten“ Lockdown ab Ostern. „Wir müssen die Osterwoche und die anschließende Ferienwoche unbedingt dazu nutzen, die Fallzahlen drastisch nach unten zu drücken“, sagte die Vorsitzende Susanne Johna den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Nur so werde man eine Überlastung der Krankenhäuser durch immer mehr Covid-19-Patienten verhindern können. Ausgangsbeschränkungen würden nicht reichen, um die dritte Welle zu brechen. „Die Politik sollte den Mut aufbringen, sich der Instrumente zu bedienen, die vor einem Jahr die erste Welle gestoppt haben“, so Johna. Ein kurzer, harter Lockdown sei allemal besser, als ein inkonsequentes Auf und Ab, wie es gerade zu erleben sei. Johna forderte zudem eine gesetzliche Verpflichtung der Unternehmen zu regelmäßigen Testangeboten für Beschäftigte: „Dort, wo Menschen aus beruflichen Gründen zusammenkommen müssen, b  rauchen wir eine Testpflicht für die Betriebe.“ Die Selbstverpflichtung reiche offenbar nicht aus. „Hier muss die Wirtschaft ihrer Verantwortung gerecht werden.“

Tourismusbeauftragter hält Reiseverbot für unwahrscheinlich

Der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), glaubt nicht daran, dass in Deutschland ein komplettes Auslandsreiseverbot kommen wird. „Ich denke, dass wir derzeit in Europa kein Reiseverbot verhängen können, weil wir in der Europäischen Union eine Freizügigkeit haben“, sagte er in der Sendung „Frühstart“ von RTL und n-tv. „Freie Grenzen sind was ganz Wichtiges.“ Die Bundesregierung werde ihren Prüfauftrag zum Reiseverbot voraussichtlich diese Woche abschließen. „Ich glaube, dass wir wenig über Verbote reden sollten. Wir sollten mehr darüber reden, wie wir Reisen möglich machen“, so Bareiß. Er verteidigte die ab Dienstag geltende Testpflicht für Rückkehrer von Flugreisen. „Das ist etwas, was Sicherheit schafft und auch richtig ist.“ Man wolle Gewissheit, dass die Urlauber gesund zurückkommen. Bareiß verwies zudem auf die im Ausland derzeit teils bessere Infektionslage. „Wenn wir beispielsweise nach Mallorca fliegen, haben wir eine niedrigere Ansteckungsgefahr als in Berlin oder Stuttgart.“ Ob die Testpflicht auch im Sommer noch gelten werde, könne man im Moment noch nicht abschätzen, sagte der CDU-Politiker weiter. Das hänge auch davon ab, wie viele Menschen bis dahin geimpft seien. +++

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