Ökonom fordert Finanzierung der Ökostrom-Reform über Bundeshaushalt

Berlin. Der Direktor des Instituts für Wirtschaftsforschung (IW), Michael Hüther, hat sich dafür ausgesprochen, die Energiewende über Steuermittel statt per Umlage auf den Strompreis zu finanzieren. Hintergrund ist die EU-Kritik an der geplanten Ökostrom-Reform in Deutschland. Die EU-Kommission sieht einen Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht, wenn die Industrie in Deutschland von der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) befreit ist.

Hüther sagte dazu „Handelsblatt-Online“: „Letztlich gilt: Die Verzerrungen werden durch hohe Abgabenbelastung hervorgerufen, eine grundsätzliche Lösung liegt in einer Finanzierung des EEG über den Bundeshaushalt.“ Hüther wies auf einen Schwachpunkt im Gesetz von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hin, den die EU nun in den Blick genommen habe – den selbst produzierten Strom in eigenen Kraftwerken. „Der Eigenverbrauch begründet im EEG ein Dilemma“, sagte der IW-Chef. Heute werde interne Stromproduktion „regulatorisch“ besser gestellt als externe Stromproduktion, was zu Ineffizienzen in der Erzeugungsstruktur führe. „Ohne Bestandsschutz gäbe es aber eine erhebliche Mehrbelastung für Anlagen, die unter völlig anderen Bedingungen erstellt wurden“, so Hüther.

Mit Bestandsschutz gäbe es hingegen Verzerrungen zwischen Alt- und Neuanlagen, sagte der IW-Chef weiter, zumal das Netz auf die potenzielle Maximallast des Verbrauchers ausgelegt werde, um Versorgungssicherheit zu schaffen. „Da der Eigenverbrauch nicht sicher zu kalkulieren ist, wird die erforderliche Netzkapazität nicht reduziert“, erläuterte Hüther. Zudem nähmen die Netze restliche Strommengen des Eigenverbrauchs auf, wofür keine Netzentgelte anfielen. „Die angemessene Antwort läge darin“, so Hüther, „den Anschlusspreis mit Blick auf die Back-up-Funktion des Netzes auch für die Eigenstromverbraucher anzupassen.“ So ließen sich auch die Bestandsanlagen berücksichtigen. Dass die Betriebe nach den ursprünglichen Plänen von Wirtschaftsminister Gabriel auf selbst erzeugten Strom aus neuen Kraftwerken nur 15 Prozent der Umlage von derzeit 6,24 Cent zahlen sollten, könne man als „alternative Lösung für dieses Problem“ verstehen. Letztlich besser wäre jedoch, dass EEG mit Steuermitteln zu finanzieren, so der IW-Chef.

Wesentliche Punkte der Ökostromreform bleiben in der Schwebe

Auch nach der Einigung der Koalition auf eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und dem für Freitag erwarteten Bundestagsbeschluss bleiben wesentliche Punkte der Ökostromreform in der Schwebe: Weder habe die EU-Kommission den neuen Förderregeln zugestimmt noch sei das Verfahren gegen das bisherige Fördersystem niedergeschlagen worden. Darauf hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die Koalitionsfraktionen in einem Brief hingewiesen, berichtet die F.A.Z. EU-Energiekommissar Günther Oettinger sagte, das Thema werde „in dieser Woche nicht lösbar sein“. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich über unerwartete Forderungen von Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia verärgert. Die EU könne nicht herkommen und anfangen, „jahrelange Fördersysteme in Frage zu stellen, ohne sich zu überlegen, wie man die Übergänge schafft“, sagte Merkel einen Tag vor dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs. Die Bundesregierung werde sich intensiv  darum kümmern, der Kommission klarzumachen, dass die Energiewende nicht scheitern dürfe, sagte Merkel. Das wurde so interpretiert, dass sie die „Kuh noch vom Eis holen“ werde.

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