Steuerschätzung: DIW ruft Lindner zu Haushalts-Kompromiss auf

Bundeshaushalt: DGB plädiert für mehr Investitionen

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nach der Steuerschätzung aufgefordert, seinen Widerstand gegen das Aussetzen der Schuldenbremse aufzugeben. „Die Steuerschätzung vergrößert das Problem des Bundesfinanzministers“, sagte Fratzscher der „Rheinischen Post“. „Er sollte nun die Unvereinbarkeit seines Austeritätskurses mit der Schuldenbremse eingestehen und sich einen Ruck geben, eine pragmatische und zukunftsorientierte Lösung zu finden.“

Ein „Minimalkonsens“ könne so aussehen, „dass die Bundesregierung für den Ukraine-Krieg und die Ausgaben für Verteidigung eine erneute Notlage erklärt, um sich den notwendigen Spielraum für den Abschluss des Haushalts 2025 zu schaffen“, sagte Fratzscher. „Ein solcher Minimalkonsens würde es dem Bundesfinanzminister erlauben, das Gesicht zu wahren und gleichzeitig das Signal zu senden, dass er weiterhin einen harten Sparkurs fährt“, so der DIW-Chef. „Ansonsten dürfen die notwendigen Einsparungen weit über den kolportierten 25 Milliarden Euro liegen und keine noch so drastischen Kürzungen werden diese Lücke füllen.“ Lindner lehnt ein Aussetzen oder Aufweichen der Schuldenbremse bisher strikt ab.

Bundeshaushalt: DGB plädiert für mehr Investitionen

Trotz der nach unten korrigierten Steuerschätzung rät der Deutsche Gewerkschaftsbund von einem schärferen Sparkurs ab. „Die Steuereinnahmen werden erst dann wieder richtig sprudeln, wenn die Wirtschaft an Fahrt gewinnt“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Die Bundesregierung muss jetzt massiv mit Investitionen gegensteuern und ihren schädlichen Sparkurs aufgeben.“ Die aktuelle Rotstift-Politik bremse die Wirtschaft weiter aus und verzögere die Erholung, sagte Körzell weiter. „Davor warnt auch das Frühjahrsgutachten der Wirtschaftsweisen.“ Statt Kürzungen brauche es jetzt „massive öffentliche Investitionen in die Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft“, so das DGB-Vorstandsmitglied. „Jeder Euro, der jetzt investiert wird, führt morgen zu mehr Wohlstand. Das stabilisiert kurzfristig Konjunktur und Staatseinnahmen und hilft dauerhaft dem Wirtschaftsstandort Deutschland.“ Der aktuelle Sparkurs sei unsozial in der Wirkung und erhöhe die Unsicherheit bei den Bürgern.

Kritik übte der Gewerkschafter an der Schuldenbremse. „In ihrer jetzigen Form ist die grundgesetzliche Schulden-Regel eine Investitionsbremse. Die Bundesregierung und auch CDU und CSU müssen die Kritik der Fachleute aus dem In- und Ausland endlich ernst nehmen und gemeinsam dafür sorgen, dass Investitionen künftig von der Schuldenbremse ausgenommen werden“, forderte Körzell. Der DGB-Vorstand stützt sich dabei auch auf arbeitgebernahe Wirtschaftsforscher und internationale Organisationen wie die OECD und den IWF. „Auch sie unterstützen mittlerweile die DGB-Forderung nach einer Reform der Schuldenbremse“, sagte er. Wirtschafte Deutschland „seine in Teilen marode Infrastruktur weiter herunter, geht das zulasten der Zukunftsfähigkeit des Landes und künftiger Generationen“, so Körzell. Bund, Länder und Kommunen müssen im kommenden Jahr mit 21,9 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen auskommen als noch im vergangenen Herbst angenommen. Die am Donnerstag vom Finanzministerium veröffentliche Steuerschätzung geht davon aus, dass der Staat im Jahr 2025 insgesamt 995,2 Milliarden Euro einnimmt. +++

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