
Die Gemeinde Flieden hat gestern zu ihrem traditionellen Jahresempfang geladen. Rund 170 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kirche und Gesellschaft konnten im Dorfgemeinschaftshaus im Ortsteil Schweben begrüßt werden. Als Hauptredner fungierte der Hessische Minister des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz, Staatsminister Professor Dr. Roman Poseck (CDU), der gemessen an der geopolitischen Lage über die Bedrohungen der Inneren und Äußeren Sicherheit sprach.
Die Entscheidung, den Jahresempfang nicht, wie sonst üblich, zum Jahresbeginn auszurichten, kam nicht von ungefähr, sondern fiel ganz bewusst, wie Fliedens Bürgermeister Christopher Gärtner (CDU) in seinen einleitenden Eröffnungs- und Begrüßungsworten ausführte. „Wir haben uns bewusst gegen einen Empfang im Januar entschieden, wo normalerweise bis zu drei Jahresempfänge in der Woche stattfinden, in der Hoffnung, dass die Menschen dann auch etwas ungebundener sind und etwas mehr Zeit haben“, so Bürgermeister Christopher Gärtner. Ein schweifender Blick durch den bis auf den letzten Sitzplatz gefüllten Saal bestätigte, dass dies offenbar die richtige Entscheidung gewesen ist; denn noch nie sei nach dem Gemeindeoberhaupt ein Jahresempfang der Gemeinde so gut besucht gewesen, wie gestern.
Besonders begrüßt wurden neben dem Hessischen Innenminister, Pfarrer Thomas Maleja für die Katholische Kirchengemeinde, Kreistagsvorsitzender Helmut Herchenhan, Landtagsabgeordneter Sebastian Müller (Wahlkreis 15; Fulda II), Landrat Bernd Woide (CDU), Bürgermeister der Gemeinde Flieden a.D. Christian Henkel mit seiner Gattin Jana, der Erste Beigeordnete der Gemeinde Flieden Horst Vormwald, der Ehrenbeigeordneter der Gemeinde Flieden Winfried Möller mit seiner Gattin Ursula, der Vorsitzende der Gemeindevertretung, die Gemeindevertreterin Elisabeth Schäfer u.a.
Austausch und Ausbau von Synergien
Auf dem Podium konnte Bürgermeister Gärtner Tobias Firle vom Vorstand des Wirtschafts- und Interessensforums – kurz: WIFO – Königreich Flieden e.V. begrüßen. Für den Vorstand des Netzwerkes der Gewerbetreibenden der Gemeinde dankte Tobias Firle Bürgermeister Gärtner am Mittwoch für die konstruktive Zusammenarbeit und dafür, für Anregungen vonseiten der WIFO stets offen zu sein. Kommunalpolitik und lokale Wirtschaft sei nach dem Verständnis des Verwaltungschefs das Rückgrat einer jeden Kommune, die Wert auf den kontinuierlichen, kommunikativen Austausch mit dem Netzwerk legt. Auch in diesem Jahr stehen beim Wirtschafts- und Interessensforum Königreich Flieden wieder diverse Netzwerktreffen an. Dabei ist es vor allem der kommunikative Austausch und der Ausbau von Synergien der einzelnen Mitgliedsbetriebe, der im Zentrum der turnusmäßigen Treffen steht.
Für das Jahr 2025 hat die Gemeindevertretung einstimmig ein Rekordinvestitionsprogramm von 12 Millionen Euro verabschiedet. Angegangen werden sollen, wie Bürgermeister Gärtner am Mittwochabend ausführte, beispielsweise die Ertüchtigung das Freibads Landrücken und der Bau einer Veranstaltungshalle, damit Jahresempfänge zukünftig dann auch in der Kerngemeinde ausgerichtet werden können. Hier ist man aktuell auf der Suche nach einem geeigneten Standort. Gestern frisch unterzeichnet wurde die Ausführplanung für ein neues Baugebiet im Ortsteil Schweben. Gut 200 Meter vom Dorfgemeinschaftshaus entfernt entstehen in den nächsten Wochen 16 neue Bauplätze. Das Investitionsvolumen umfasst 1,3 Millionen Euro. „Wir möchten als Kommune gerne mehr bewegen, aber die Rahmenbedingungen für die Kommunen werden leider immer schwieriger. Wenn die Wirtschaft schwächelt, dann spürt das natürlich auch eine Kommune“, so Bürgermeister Gärtner.
Innenminister Professor Dr. Roman Poseck, der hierzulande ein gerngesehener Gast ist und bereits am Dienstag erst wieder im Landkreis gewesen war, erinnerte auf dem Jahresempfang an seinen letzten Besuch in der Gemeinde Flieden, als vor sechs Monaten der Startschuss für den freiwilligen Polizeidienst gegeben wurde. „Ich bin heute sehr gerne nach Flieden gekommen, weil es sich hier um eine äußerst lebens- und liebenswerte Gemeinde handelt. Dazu mit einer zentralen Lage, unweit vom Oberzentrum Fulda, direkt an der A66 gelegen mit einer prosperieren Wirtschaft und vielen Handeltreibenden, die hier ansässig sind, nicht zu vergessen, das vielfältige Vereinsleben“, hob Innenminister, Staatsminister Poseck am Mittwoch anlässlich des Jahresempfangs der Gemeinde Flieden im Ortsteil Schweben hervor. Als Innen- vor allem als Kommunalminister dankte er für das „großartige ehrenamtliche Engagement vor Ort“ in den unterschiedlichsten Bereichen, vor allem in der Freiwilligen Feuerwehr.
„Jede Straftat ist eine zu viel“
Wie der Innenminister weiter herausstellte, sei Flieden – festgemacht an der sogenannten „Häufigkeitszahl“ (= Straftaten bezogen auf die Einwohnerzahl, die auf 100.000 Einwohner hochgerechnet wird) einer Kommune eine überdurchschnittlich sichere Gemeinde. Die Häufigkeitszahl lag in Hessen in 2024 bei rd. 6.000 Straftaten pro 100.000 Einwohner; auf Flieden heruntergebrochen lag diese bei 2.400, was nach Poseck rekordverdächtig sei. 208 Straftaten gab es in 2024 in der Gemeinde. Auch wenn dies eine durchaus überschaubare Zahl ist, so sei doch jede Straftat eine zu viel. Die geringe Zahl der Straftaten korreliere nach Poseck mit dem Engagement der Lokalpolitik, aber auch mit dem Engagement aus der Bürgerschaft. Zur Sicherheit in der Gemeinde trage auch der freiwillige Polizeidienst bei, der vor etwa einem halben Jahr ins Leben gerufen wurde. Der freiwillige Polizeidienst sei, so Poseck, vor allem bürgernah und ansprechbar und schaffe Sicherheit.
Sicherheit sei – umso herausfordernder die Zeiten – ein Grundbedürfnis der Menschen. „Und dabei muss Politik sowohl die objektive Sicherheitslage als auch das subjektive Sicherheitsgefühl in den Blick nehmen. Wir erleben aktuell, dass sich die Menschen unsicher fühlen, dass sie Angst haben. Das müssen wir als Politik ernst nehmen und dagegen angehen, denn wenn die Angst am Ende die Oberhand bekommt, dann ziehen sich die Menschen zurück, dann führen sie nicht das Leben, das sie eigentlich führen wollen“, so der Innenminister. An dieser Stelle werde deutlich, dass Sicherheit und Freiheit untrennbar miteinander verbunden seien. „Ein friedvolles Leben ist nur dann möglich, wenn sichere Rahmenbedingungen herrschen, und wenn sich Menschen insgesamt auch sicher fühlen.“
Der Innenminister weiter: „Aktuell leben wir in Zeiten einer angespannten Sicherheitslage. Unsere Sicherheitslage wird von innen und außen bedroht. Ernst nehmen müssen wir auch die Bedrohungen unserer Sicherheit von außen. Der nunmehr drei Jahre anhaltende Krieg in der Ukraine des russischen Aggressors hat die Friedensordnung in Europa ins Wanken gebracht. Er bedroht sie konkret und noch immer ist kein Ende des Krieges absehbar. Wir müssen abwarten, ob die gegenwärtigen Bemühungen um einen Frieden zu einem Ergebnis führen, vor allen Dingen, ob sie zu einem gerechten und nachhaltigen Ergebnis führen.“ Wenn Russland diesen Krieg gewinne, sei unsere äußere Sicherheit noch mehr in Gefahr, dann werde dieser Krieg Schule machen und andere Despoten ermutigt, solche Kriege zu führen.
Poseck: „Verteidigungsfähigkeit darf nicht an der Schuldenbremse scheitern.“
Nach Poseck werde uns dieser Krieg zwischen Systemen, nämlich der Diktatur in Russland und der doch recht gut ausgeprägten Demokratie in der Ukraine vermutlich noch weiter beschäftigen. „Deshalb ist es mehr als richtig, dass wir in unsere Verteidigungsfähigkeit investieren. Wir müssen unsere äußere Sicherheit stärker, denn je, in die eigene Hand nehmen, am besten mit Partnern – insbesondere in Europa. Leider ist auf die transatlantische Partnerschaft, so wie es im Moment aussieht, kein Verlass mehr“, sagte der Hessische Innenminister, der anführte: „Ein US-Präsident, der nicht mehr zwischen Recht und Unrecht unterscheidet, dem es alleinig um Deals als Selbstzweck und um Durchsetzung von Macht geht, ist jedenfalls kein zuverlässiger Partner. Wenn wir unsere Demokratie und unsere Freiheit erfolgreich verteidigen wollen, dann müssen wir massiv in unsere Verteidigungsfähigkeit investieren.“ Auf diesem Gebiet sei in den vergangenen Jahren, da wir uns zu sicher gefühlt haben, zu wenig geschehen.
Nach Innenminister Poseck dürfe die Verteidigungsfähigkeit nicht an der Schuldenbremse scheitern. Dies wäre fatal. Dass auf Bundesebene Sondervermögen gebildet wurden, die es zukünftig ermöglichten, massiv in die Bundeswehr zu investieren, finde seine Unterstützung. Doch unsere Sicherheit sei auch im Inneren an verschiedenen Stellen einer Bedrohung ausgesetzt. „Vor allen Dingen erleben wir eine Zunahme extremistischer Straftaten.“ Das vergangene Jahr habe schmerzvoll vor Augen geführt, zu welchen Taten Terroristen, vor allem auch radikalisierte Einzeltäter, fähig seien. Poseck: „Insbesondere islamistisch motivierte Straftaten haben uns in den vergangenen Jahren in Atem gehalten, man denke nur an den jungen Polizisten in Mannheim oder auch an das Attentat in Solingen, hinzu kam der Angriff auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg und weitere Anschläge in München und Aschaffenburg motiviert aus unterschiedlichen Motiven in den vergangenen Wochen, die sowohl die objektive Sicherheit als auch gerade das subjektive Sicherheitsgefühl erheblich beeinträchtigt haben.“
Deutlich zugenommen im vergangenen Jahr haben rechts- wie linksextrem motivierte Straftaten in Hessen. Im Jahr 2024 ist in Hessen ein Anstieg rechtsextremer Straftaten um 57 Prozent verzeichnet worden. Deutlich zugenommen haben auch die rechtsextrem motivierten Gewalttaten. Nach Minister Poseck habe Hessen bereits mehrfach schmerzvoll erfahren müssen, zu welchen Taten auch rechtsextrem motivierte Täter im Stande seien. In diesem Zusammenhang erinnerte er an die Gräueltaten von Hanau und an dem früheren Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke.
„Angriff auf Rettungs- und Einsatzkräfte ist Angriff auf unsere Rechts- Werteordnung“
Innenminister Poseck verurteilte des Weiteren auf dem Jahresempfang die Gewalt gegen Rettungs- und Einsatzkräfte. Die hohe Zahl der Straftaten gegen Einsatzkräfte erfülle ihn mit großer Sorge. Unerträglich sei es, dass auch im vergangenen Jahr wieder mehr als 5.000 Übergriffe in Hessen auf Einsatzkräfte verübt wurden. Mehr als 5.000 Übergriffe auf Polizistinnen und Polizisten, ungefähr 170 Übergriffe auf Einsatzkräfte der Rettungsdienste und 15 auf Feuerwehrkameradinnen und – kameraden. Dabei gebe es noch eine recht hohe Dunkelziffer. Unterhalb dieser strafrechtlich relevanten Übergriffe gebe es vor allem auch Respektlosigkeiten und andere Formen der Aggressivität, denen Einsatzkräfte immer wieder ausgesetzt seien. „Unsere Einsatzkräfte sind unerlässlich für unsere Sicherheit, von daher müssen wir diejenigen schützen, die uns schützen. Jeder Angriff auf eine Einsatzkraft ist aus meiner Sicht ein Angriff auf uns alle und auf unsere Rechts- und Werteordnung insgesamt“, so Hessens Innenminister, Staatsminister Poseck abschließend.
Bürgermeister Christopher Gärtner dankte Innenminister Roman Poseck für seinen „tiefgreifenden Vortrag“, der von Friedfertigkeit, Toleranz und Nachsichtigkeit geprägt war. Wenn sich dies mehr Menschen auf der Welt verinnerlichten, würde es global gewiss weniger Kriege und Unruhen geben, so Bürgermeister Gärtner, der den gestrigen Jahresempfang auch dazu nutzte, um seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die bisherige gute Zusammenarbeit einmal herzlich zu danken. Er gehe jeden Morgen gerne aus dem Haus und freue sich auf die gemeinsame Arbeit.
Musikalisch umrahmt wurde der Jahresempfang von den, aus der Nachbargemeinde Neuhof stammenden Geschwistern Helena, Rosalie und Mila Marie Bräscher, die die Veranstaltung mit unterschiedlichen Werken am Klavier und an der Flöte bereicherten. Neben Dankesworten an die Familie Bräscher, dankte Bürgermeister Christopher Gärtner auch dem anwesenden Ehepaar Reinhold und Brigitte Feldmann, das die Talente Heranwachsender nicht nur erkannten, sondern auch zu fördern wussten. Nach dem rund 90-minütigen offiziellen Teil fand der Jahresempfang der Gemeinde Flieden bei anregenden Gesprächen, kühlen Getränken und Fingerfood vom Flying Buffet schließlich sein Ende. +++ jessica auth
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