Bundespräsident a. D. Joachim Gauck erhielt Winfried-Preis der Stadt Fulda

Gauck: „Die Europäische Einigung – wir wissen, dass sie ein großartiges Werk war!“

Bei der Preisübergabe

Fulda. Der ehemalige deutsche Bundespräsident, Joachim Gauck, ist gestern Abend in Fulda mit dem Winfried-Preis der Stadt ausgezeichnet worden. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis ehrt Personen, die sich in besonderem Maße um die Völkerverständigung und Frieden verdient gemacht haben. Nach der Dr.-H.-G.-Waider-Stiftung – 1988 von Heinz G. Waider gegründet -, die den Preis in Abstimmung mit der Stadt Fulda vergibt, habe sich Joachim Gauck in seinem umfassenden, öffentlichen Wirken – im Besonderen in seiner Amtszeit als Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland (2012 – 2017) – bemerkenswerte Verdienste um den interkulturellen Austausch und das Zusammenwachsen Europas erworben. Bereits der, im Jahre 2015 verstorbene Stifter des Winfried-Preises, Dr. Heinz G. Waider, soll noch zu Lebzeiten geäußert haben, dass ihm eine Würdigung Gaucks ein besonderes Anliegen wäre. Der Winfried-Preis wird seit 2001 vergeben und damit gestern in seiner Tradition zum 18. Mal.

Laudator Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering sagte im Vorfeld der Verleihung, dass Joachim Gauck den Prinzipien und Idealen des Winfried-Preises in ganz besonderer Weise verbunden sei. Dass er, so der Präsident des Europäischen Parlamentes a. D., als unser Bundespräsident für diese engagiert sein konnte, sei nicht selbstverständlich. Demnach war, so Pöttering weiter, das „Geschenk der Freiheit“ das große Leitmotiv in vielen Reden des Bundespräsidenten. „Joachim Gauck hat damit viele Menschen inspiriert – gerade auch jungen Menschen diesen wichtigsten Wert der Existenz vermittelt.“, sagte Prof. Dr. Hans-Gert Pöttering am Mittwochabend anlässlich der Verleihung des Winfried-Preises der Stadt Fulda an Bundespräsident a. D. Joachim Gauck vor über 400 Gästen im Fürstensaal des Fuldaer Stadtschlosses. „Europa kann nicht ohne bewusste Europäerinnen und Europäer Bestand haben.“, dies habe Bundespräsident Joachim Gauck immer wieder vermittelt. Die Menschen sollten sich begegnen, sich auf ihre Unterschiedlichkeit verstehen, sich anzunehmen, sich zu respektieren – vor allem aber, um dass sie Verbindende zu erkennen.

Prof. Dr. Hans-Gert PötteringNach Pöttering müssen wir, um uns zu unserer gemeinsamen, europäischen Zukunft zu bekennen – und damit auch zu unserer Verantwortung in der Welt – so, wie es uns Joachim Gauck vorgemacht hat, unseren Blick weit in die Zukunft richten. „Wir sollten so handeln, dass das, was wir heute tun, darin Bestand hat, eine gute Grundlage für die Zukunft ist.“, so Pöttering. Zu den Flüchtlingsströmen sagte der ehemalige Präsident des Europäischen Parlamentes gestern am 20. Juni 2018, dem Weltflüchtlingstag, dass man die Außengrenzen der EU zwar schützen müsse, aber eben in einer Weise, die die Würde des Menschen achtet. „Wir würden unsere Werte verraten, wenn Stacheldraht, Tränengas, Wasserwerfer und Hundestaffeln unsere Mittel wären, Flüchtlinge von der Europäischen Union fernzuhalten.“, so Pöttering.

 Joachim GauckZur europäischen Asyl- und Einwanderungspolitik, die uns nach den Worten von Hans-Gert Pöttering zurzeit vor das drängendste Problem stelle, sagte er gestern in Fulda, dass die Asyl- und Einwanderungspolitik derzeit zu den größten Aufgaben gehöre, die wir zu bewältigen haben. Hier gelte es, „eine Balance zu finden, politisch Verfolgten und Kriegsflüchtlingen einerseits zu helfen, aber andererseits wissen wir, dass wir die Not und das Elend der Welt nicht in Deutschland und der Europäischen Union bewältigen können und Joachim Gauck hat es so formuliert: ‚Dies ist unser Dilemma. Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich.‘ Lieber Bundespräsident, dieser Satz hat eine solche Tiefe, weil er einerseits unsere menschliche Solidarität zum Ausdruck bringt andererseits aber auch auf die Grenzen unseres menschlichen- und damit auch politischen Handelns hinweist.“, so Pöttering am Mittwochabend in Fulda.
In seiner Erwiderung ging Joachim Gauck auf die Intention des Zitates ein, das nach ihm „an unsere christliche Tradition erinnere“.

„Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit, aber unsere Möglichkeiten sind endlich. Ja – warum habe ich das gesagt? Jede Regierung braucht, um regieren zu können, politische Mehrheit. Und deshalb brauchen unsere Regierenden ein ‚Ja‘ zu einer fortschrittlichen, menschenfreundlichen Politik, und das werden sie dann erhalten, wenn sie möglichst große Bevölkerungsgruppen von ihren politischen Zielen überzeugen können.“, sagte der Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland a. D., Joachim Gauck, gestern im Rahmen der Verleihung des Winfried-Preises der Stadt Fulda an seine Person in Fulda. In diesem Verständnis gab er zu verstehen, dass es Aufgabe der Europapolitik sein müsse, das, was in Parteien und Institutionen gesprochen- bzw. an Menschen adressiert werde, an diese in einer einfachen, klar verständlichen Sprache erfolgen müsse.

Über die Preisverleihung: Der Winfried-Preis der Stadt Fulda wird an Persönlichkeiten verliehen, die sich in besonderem Maße um die Völkerverständigung, Frieden und Freiheit verdient gemacht haben. Namensgeber des Preises ist der Heilige Winfried Bonifatius. Der missionarische Wirkungskreis des Heiligen hatte sowohl in geistiger als auch in geographischer Hinsicht eine völkerverbindende und friedensstiftende Dimension. Mit der Verleihung des Winfried-Preises soll an dieses Handeln erinnern werden. Ausgezeichnet werden daher Personen, die in ihrem Handeln den europäischen und völkerverbindenden Gedanken des Heiligen Bonifatius fortführen. +++ jessica auth