Scholz glaubt an ausreichend Gas im Winter

Gasverbrauch leicht um drei Prozent zu senken

Olaf Scholz (SPD)
Olaf Scholz (SPD)

Während sich Städte, Unternehmen und Verbraucher in ganz Deutschland auf einen möglichen Gasmangel im Winter vorbereiten, hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Blick auf die sich füllenden Gasspeicher zuversichtlich gezeigt. „Selbst wenn es mit der Zulieferung durch Russland nochmal ganz eng wird, kommen wir wohl durch den Winter“, sagte er der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Das Füllen der Gasspeicher war zuletzt sogar schneller vorangeschritten als geplant. Gazprom hatte am Abend mitgeteilt, vorerst kein Gas mehr durch Nord Stream 1 zu schicken, angeblich erneut wegen technischer Probleme. Der Gaspreis konnte darauf noch nicht reagieren, die wichtigen Handelsplätze für Gas in Europa waren zu dem Zeitpunkt schon im Wochenendmodus.

IW-Studie: Gasverbrauch leicht um drei Prozent zu senken

Durch gezielte Verhaltensänderungen könnten in privaten Haushalten in Deutschland jährlich rund 30 Terawattstunden Erdgas gespart werden – das entspricht knapp drei Prozent des deutschen Verbrauchs im Jahr 2021. Dies geht aus einer aktuellen Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, über die die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ in ihren Samstagausgaben berichten. Die IW-Experten Malte Küper und Jennifer Potthoff verweisen auf ein Feldexperiment in Großbritannien, bei dem sogenannte Nudges gezielt eingesetzt wurden. Private Haushalte erhielten Informationen über den eigenen Gasverbrauch und den von Haushalten mit vergleichbarer Größe in der Nachbarschaft, hinzu kamen Spar-Tipps. Dies führte zu einer Senkung des Gasverbrauchs um durchschnittlich 9,6 Prozent. Auf die aktuelle Situation in Deutschland übertragen, würde ein durchschnittlicher Zwei-Personen-Haushalt (Jahresverbrauch 16.400 Kilowattstunden) lau t Studie knapp 1.600 Kilowattstunden weniger verbrauchen, was einer Einsparung von 280 Euro entspreche. Bei einem Vier-Personen-Haushalt kämen sogar 420 Euro zusammen. Private Haushalte könnten durch Selbstverpflichtung und konkrete Zielsetzungen, Feedback und soziale Vergleich motiviert werden: „Mit Nudging wird das Gassparen erleichtert und kann sogar Spaß machen, beispielsweise mit Gamification-Elementen wie einem Wettstreit beim Duschen von Kindern, Nachbarschaftsvergleichen oder konkreten Zielsetzungen und Plänen zum Gassparen“, heißt es in der Studie. Nudges könnten so „zusätzliche und vor allem positive Motivation“ zur Verringerung des Erdgas-Verbrauchs schaffen. Sie könnten zudem relativ unkompliziert und ohne hohe Kostenbelastung für Haushalte implementiert werden, wodurch die Sozialverträglichkeit gewährleistet und die Akzeptanz dieser Maßnahmen tendenziell relativ hoch sei. Die IW-Experten machen aber auch darauf aufmerksam, dass „verhaltensökonomische Instrumente nicht die einzige und allumfassende Lösung für die aktuelle Notlage“ darstellten. Sie sollten vielmehr ergänzend zu klassischen marktlichen Instrumenten wie dem Preis eingeführt werden. Küper und Potthoff empfehlen deshalb der Politik eine Kombination aus Preis- und Verhaltensanreizen.

Sachsens Ministerpräsident: Energiekrise nicht lange durchzustehen

Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) erhebt schwere Vorwürfe gegen die Energiepolitik der Bundesregierung und wirft ihr massive Fehler bei dem Entwurf zur Gasumlage vor. „Die Bundesregierung ist in der Pflicht, dass das Ganze seriös und auch handwerklich gut gemacht ist“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Das sei „ganz offensichtlich“ nicht der Fall. „Mir fehlt jedes Verständnis, dass das Energieangebot in diesen Zeiten auch politisch verknappt wird.“ Es bestehe kein vernünftiger Grund, nicht umgehend die Laufzeit der vorhandenen Atomkraftwerke zu verlängern und möglichst zügig mit dem Fracking zu beginnen. Anders als Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) behaupte, würde sie selbst das Anlaufen der Braunkohlekraftwerke verhindern. „Die Bundesregierung erweckt den Eindruck, als hätte sie alles getan. In Wirklichkeit aber scheitert es an den Genehmigungen, so dass die Kraftwerke gar nicht wieder anlaufen können. Nichts geht voran und d as sehen wir an den Preisen von Energie, Gas und Öl.“ Kretschmer sagte, Deutschland werde die Energiekrise nicht lange durchstehen. „Wir sehen doch schon jetzt, dass bei diesen Verteuerungen die ökonomischen Grundlagen unserer Produktion wegbrechen.“ In Sachsen-Anhalt stünden die ersten Fabriken still, die Stickstoff hergestellt haben. „Wir werden diese Probleme bald in allen weiteren Wirtschaftsbereichen durchdeklinieren können.“ Die finanziellen Herausforderungen würden gigantisch werden. „Sie werden viel tiefgreifender sein als die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008.“ Die Energiepreise würden jahrelang auf diesem toxischen Niveau bleiben. „Die Lebenschancen der nächsten Generation sind in großer Gefahr.“ Kretschmer sagte außerdem, das Land werde auch weiterhin auf russisches Gas und Öl angewiesen bleiben. „Mit Windkraft und Photovoltaik allein werden wir unseren Energiebedarf nicht decken können.“ Ein Ende des Kriegs soll die Chance eröffnen, zum Gashandel mit Russl and zurückzukehren, so Kretschmann in der „Welt am Sonntag“. +++