Scholz warnt Iran vor jeder weiteren Eskalation

Bericht: Israelischer Vergeltungsschlag vom Tisch

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnt nach dem iranischen Angriff auf Israel vor „jeder weiteren Eskalation“. Der Iran dürfe auf diesem Weg nicht weitermachen, sagte er am Sonntag im chinesischen Chongqing. „Gleichzeitig ist es für uns völlig klar, dass wir solidarisch sind mit Israel, das jedes Recht hat, sich selbst zu verteidigen.“ Den Angriff bezeichnete er als „in keiner Weise akzeptabel, nachvollziehbar und hinnehmbar“. Es sei eine durch nichts zu vertretende Attacke.

Scholz kündigte an, dass er sich mit den Ministern aus seinem Kabinett, die für die Sache zuständig sind, noch am Sonntag beraten wird, sodass man die Lage noch einmal neu gemeinsam bewerten könne. „Es wird im weiteren Tagesablauf auch eine G7-Schalte geben, an der ich mich beteilige.“ Weiter sagte der Kanzler, dass man alles dafür tun werde, dass es nicht zu einer weiteren Eskalation komme. Den „bisherigen Kurs“ werde Deutschland in dieser Hinsicht weiter verfolge, so der Kanzler. „Aber wir können nur alle warnen, insbesondere den Iran, so weiterzumachen.“

Baerbock warnt Iran vor weiteren Angriffen auf Israel

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sieht den Iran nach dem Angriff auf Israel isoliert. Das zeige sich in der weltweiten Verurteilung des Angriffs sowie der Unterstützung Israels durch die USA, Großbritannien und auch aus der Region, sagte sie am Sonntag in Berlin. „Wir rufen Iran auf, weitere Angriffe auch über Proxys zu unterlassen“, fügte Baerbock hinzu. „Ein regionaler Flächenbrand hätte unkalkulierbare Folgen.“ Zugleich rief sie „alle Akteure“ in der Region auf, „besonnen“ zu handeln. Die „Eskalationsspirale“ müsse durchbrochen werden. Die Grünen-Politikerin warf dem Iran vor, den ganzen Nahen und Mittleren Osten mit dem Angriff an den Rand des Abgrunds geführt zu haben. Israel gelte die volle Solidarität Deutschlands. Das habe sei auch am Sonntag ihrem Amtskollegen noch einmal „deutlich übermittelt“, so die Außenministerin.

Außen- und Sicherheitspolitiker aus Koalition und Opposition fordern nach dem Angriff auf Israel einen deutlich verschärften Kurs gegenüber dem Iran. „Deutschland sollte abgestimmt mit den USA, Großbritannien und der EU hart und geschlossen reagieren“, sagte Michael Roth, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, dem „Spiegel“. „Wir brauchen ein grundsätzliches Umdenken in unserer Iran-Politik: Der Iran ist die größte Bedrohung für Frieden im Nahen Osten.“ FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sieht nun die Gefahr einer weiteren Eskalation im Nahen Osten. „Ein offener Krieg zwischen Iran und Israel würde die gesamte Region zusätzlich destabilisieren“, sagte Djir-Sarai am Sonntag dem Nachrichtenmagazin. „Das Regime in Teheran finanziert und unterstützt Terrororganisationen.“ Die Islamische Republik hat viele Konflikte im Nahen Osten verursacht: „Die EU braucht dringend eine andere Iran-Politik.“

CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen fordert ebenfalls Konsequenzen. Die Bundesregierung müsse auf „eine Korrektur der desaströsen Iran-Politik der EU und des Außenbeauftragten Borrell“ drängen, sagte Röttgen dem „Spiegel“. Die iranischen Revolutionswächter müssten auf die Terrorliste der EU. Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger verlangt eine rasche Reaktion der Uno und setzt auf Diplomatie: „Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wird und muss sich umgehend mit dieser Nacht und ihren Folgen befassen und sollte sich zu einer harten, klaren Verurteilung entscheiden.“ CDU-Sicherheitsexperte Roderich Kiesewetter sagte, die Art und Weise des iranischen Angriffs auf Israel ähnele „Angriffen, die Russland gegen die Ukraine durchführt, um optimale Kombinationen an Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen zu finden, die gegnerische, hier israelische Luft- und Raketenabwehr zu überwinden und die Bevölkerung zu terrorisieren“.

Nach israelischen Angaben hatte der Iran am Samstag rund 170 Drohnen, mehr als 30 Marschflugkörper und über 120 ballistische Raketen in Richtung Israel abgefeuert. Es habe dabei eine „kleine Anzahl“ an Einschlägen gegeben, darunter auch auf eine Basis der israelischen Armee im Süden des Landes, so ein Armeesprecher. Dabei habe es kleinere Schäden an der Infrastruktur gegeben. Der größte Anteil der Geschosse sei jedoch abgefangen worden, auch unter Einsatz des „Arrow“-Abwehrsystems. Die Reaktion Israels auf die Angriffe war zunächst unklar. Das Kriegskabinett will am Sonntagnachmittag darüber beraten. Irans Militärführung wertete den Angriff unterdessen als „Erfolg“. Israel gab wiederum an, 99 Prozent der Geschosse abgefangen zu haben. Auch die USA und Jordanien hatten nach eigenen Angaben in der Nacht Dutzende Fluggeschosse aus dem Iran abgeschossen. Zudem soll Frankreich Israel bei der Abwehr unterstützt haben.

Bericht: Israelischer Vergeltungsschlag vom Tisch

Nach dem iranischen Angriff auf Israel ist ein israelischer Vergeltungsschlag offenbar vorerst vom Tisch. Eine entsprechende Maßnahme, die einige Mitglieder des Kabinetts vorgeschlagen hatten, sei abgeblasen worden, berichtet die „New York Times“ unter Berufung auf israelische Regierungsquellen. Hintergrund soll demnach unter anderem ein Telefon von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu mit US-Präsident Joe Biden sein. Zudem hätten die Angriffe relativ geringe Schäden verursacht, hieß es zur Begründung weiter. Nach Angaben aus Washington soll Biden Netanjahu von einem Vergeltungsschlag abgeraten haben. Demnach stelle die erfolgreiche Verteidigung gegen iranische Luftangriffe einen wichtigen strategischen Sieg Israels dar. Der iranische Außenminister Hossein Amir-Abdollahian hatte zuvor erklärt, dass der Iran derzeit nicht beabsichtige, seine „defensiven Operationen“ fortzusetzen. Man werde sich aber gegen „jede neue Aggression“ schützen.

Grüne fordern nach Irans Angriff auf Israel Konsequenzen

Grünen-Chef Omid Nouripour fordert nach dem Angriff des Iran auf Israel Konsequenzen. „Es ist wichtig, dass heute auf G7-Ebene über eine gemeinsame diplomatische Antwort beraten wird und dem iranischen Regime deutlich gemacht wird, dass dieser mit nichts zu rechtfertigende Angriff nicht folgenlos bleiben kann“, sagte Nouripour dem Nachrichtenportal T-Online. „Der Iran muss seine permanente Bedrohung Israels und Destabilisierung der Region einstellen.“ Eine weitere Eskalation der Gewalt in der Region müsse verhindert werden. „Wir verurteilen den massiven Luftangriff des iranischen Regimes aufs Allerschärfste und stehen fest und solidarisch an der Seite der Menschen in Israel.“

Keine Lufthansa-Flüge nach Tel Aviv bis Montag

Nach dem iranischen Angriff auf Israel hat die Lufthansa ihre regulären Flüge von und nach Tel Aviv vorübergehend eingestellt. Auch das irakische Erbil und Jordaniens Hauptstadt Amman würden bis einschließlich Montag nicht bedient, teilte das Unternehmen am Sonntag mit. Ab Dienstag plant die Lufthansa zum jetzigen Zeitpunkt mit einer Wiederaufnahme des regulären Flugverkehrs zu den drei Destinationen. Die Flüge nach Beirut und Teheran sollen bis mindestens Donnerstag ausgesetzt bleiben. Bereits am Freitag hatte die Lufthansa entschieden, den iranischen Luftraum zu umfliegen und damit die Flugverbindungen nach Teheran temporär einzustellen. Man werde die Sicherheitslage im Nahen Osten kontinuierlich beobachten und bewerten und stehe dazu in engem Kontakt mit den Behörden, so das Unternehmen weiter. +++