Schau-Gradierwerk in Großenlüder seiner Bestimmung übergeben

… oder wie eine „Insel der Geschichte“ sichtbar und erlebbar wurde

Im Sodegarten Großenlüder wurde am gestrigen Sonntag, nach dem einst im Herbst 2017 im Rahmen eines Konzertes an diesem denkwürdigen Ort die Idee dafür entstanden war, im Beisein von Bürgermeister Werner Dietrich und Mandatsträgern der Gemeinde im historischen Naturpark das Schau-Gradierwerk eingeweiht und folglich seiner Bestimmung übergeben. Das Gradierwerk fungiert als gemeinsames Projekt der Bürgerstiftung Großenlüder und der Gemeinde Großenlüder.

Initiator ist Werner Leister vom Vorstand der Bürgerstiftung Großenlüder, dieser gestern die rund 160 Anwesenden – unter ihnen viele Bürgerinnen und Bürger von Großenlüder – im Namen der Bürgerstiftung willkommen hieß. Besondere Begrüßungsworten galten Bürgermeister Werner Dietrich, der auch gleichzeitig Bauherr des Gradierwerkes ist, Jürgen Hübl als Ortsvorsteher der Gemeinde, den beiden Fraktionsvorsitzenden Florian Fritzsch und Marco Herbert, die auch bei der anstehenden Bürgermeisterwahl am 15. November als Kandidaten antreten sowie den anwesenden Mitgliedern der Gemeindevertretung und des Gemeindevorstandes sowie dem Leiter der Bauabteilung, Dieter Derbort. Dr. Frank Verse, der im Planungsteam mitwirkte, wurde gestern durch die Stadt- und Kreisarchäologin Milena Wingenfeld vertreten. Werner Leister ging auf den Werdegang des Gradierwerkes ein. Die Idee, das Gesamtbild des historischen Naturparks mit einem Gradierwerk zu vervollständigen, entstand im Herbst 2017 auf einem Konzert im Sodegarten. Schautafeln geben faszinierende Informationen zur Geologie und den Grabungsergebnissen aus dem Jahr 2013.

Nicht weniger faszinierend sei aber auch die Mitte des 18. Jahrhunderts angewandte Technik der Salzgewinnung oder auch des „weißen Goldes“, wie man oft zu sagen pflegt. „Eine mit Wasserkraft angetriebene Pumpanlage beförderte das Brunnenwasser zu einem Gradierwerk, welches hier in dieser Baumreihe seinen Standort hatte“, gab Leister zu verstehen. „Dort lief das Wasser über mehrere Meter hoch auf geschichtetes Schwarzdornreisig, wodurch sich mittels natürlicher Verdunstung sein Salzgehalt erhöhte.“ Das Projekt wurde von der Bürgerstiftung Großenlüder mit 5.750 Euro Finanzmittel und damit mehr als einem Drittel gefördert. Besondere Dankesworte für die Verrichtung kostenloser Dienstleistungen galten Günther Swoboda und dem gleichnamigen Architekturbüro Swoboda, Stefan Bien vom Ingenieurbüro Statik und Tragwerksplanung Großenlüder sowie Paul und Martin Himmelmann von der Firma Paul Himmelmann Werkzeug und Maschinenbau sowie Maria Erb. Abschließend in seiner Begrüßungsrede ging Werner Leister noch auf die Größenordnung des Schau-Gradierwerkes Großenlüder ein. „Im Vergleich zu den heute in Kurorten betriebenen Gradierwerken mit mehr als 100 Metern Länge und 10 Metern Höhe ist unser Bauwerk mit fünf Metern Länge geradezu als Miniatur-Gradierwerk einzustufen. In der Reisigwand mit einer Fläche von 11 Quadratmeter sind über 17.000 Schwarzdornzweige verbaut. Das Gradierwerk wird nicht permanent in Betrieb sein. Angedacht ist eine temporäre Inbetriebnahme im Rahmen von Führungen und für schulische Zwecke. Hierfür ist eine Anmeldung an der Gemeindeverwaltung erforderlich.

„Ursache und Wirkung – das sind die beiden Begriffe, die ich zu verschiedenen Themen der Gemeinde gewählt habe und ich will diese auch heute im Kontext unserer heutigen Zusammenkunft bezugnehmend unseres Schau-Gradierwerkes aufgreifen“, so Bürgermeister Werner Dietrich (parteilos) am Sonntag anlässlich der Einweihung und Inbetriebnahme des Schau-Gradierwerkes im Naturpark Sodegarten in Großenlüder. „Als mich Prof. Dr. Hermann Gies vor über 10 Jahren im Rathaus besuchte, sprachen wir über die Geschichte von Großenlüder, und ich teilte ihm mit, dass ich den damals für mich wenig ansehnlichen Bereich des Sodegartens gerne an seiner Geschichte und Bedeutung gerecht werdendes An- und Aussehen ermöglichen möchte. Prof. Gies stellte mir damals alle wichtigen Informationen – wissenschaftlich dokumentiert – zur Verfügung. Wir wollten aus dem Sodegarten eine Insel der Geschichte sichtbar und erlebbar machen. Und dies ist uns dann zusammen mit Dr. Verse, vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, dem Einsatz von LEADER-Fördermitteln und der heutigen Stadt- und Kreisarchäologin Frau Milena Wingenfeld und ihrem Team, dem Bauamtsleiter Herrn Derbort und vielen guten Handwerkern und der Landschaftsarchitektin, Frau Heil, gelungen. Damals im Rahmen der Eröffnung des historischen Naturparks Sodegarten war es mein ursprüngliches Ziel, dass wir diesen schönen historischen Platz der Geschichte nach und nach weiterentwickeln, und genau das passiert heute mit der Inbetriebnahme des Schau-Gradierwerkes.“ Ortsvorsteher Jürgen Hübl bekundete in seinem kurzgehaltenen Grußwort seine persönliche Freude über die Bestimmungsübergabe des Schau-Gradierwerkes. „Ein weiteres, historisches Exponat bereichert diesen wunderschönen und sehenswerten Platz. Hier wird gezeigt und dargestellt, wie in früheren Zeiten das Weiße Gold auf dem Land gewonnen wurde. Auch im Hinblick auf die 1200-Jahr-Feier in 2022 bereichert das Gradierwerk den Naturpark Sodegarten und zeigt uns die Historie und Entstehung von dem Ort Großenlüder. Ein rundum gelungenes Werk.“

Die Rektorin der Lüdertalschule Großenlüder, Antje Neiße, informierte in ihrem Grußwort über die geplante Nutzung und Einbindung des Schau-Gradierwerkes in den Schulunterricht, und das, obwohl die gebürtig aus Bad Salzungen (Wartburgkreis) stammende Schulleiterin der technischen Umsetzung anfangs noch etwas skeptisch gegenüberstand. „Ich habe bis zuletzt nicht glauben wollen, dass das tatsächlich möglich ist“, sagte sie. Ihre „höchste Anerkennung“ galt allen, die zur erfolgreichen Abwicklung der Baumaßnahmen beigetragen haben. So kamen ihr gestern schon allerhand Ideen, wie das Schau-Gradierwerk in den Schulunterricht eingebunden werden könne. Über die langjährige, intensive Zusammenarbeit mit der Bürgerstiftung Großenlüder sagte sie: „Die Zusammenarbeit mit der Bürgerstiftung Großenlüder ist seit vielen Jahren ein großer Bestandteil unserer Arbeit. Ein besonderer Dank galt dem Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung Großenlüder, Werner Leister. Seit vielen Jahren ist Werner Leister für die Lüdertalschule ein wichtiger und verlässlicher Ansprechpartner. Hierzu Rektorin Antje Neiße: „Mit Ihrer persönlich – aber auch mit der Unterstützung der Bürgerstiftung – haben wir in der Vergangenheit vielfältige Projekte realisieren können. Angefangen bei der Etablierung der AG Lego Mindstorms über das Einführen einer Theater-AG bis hin zu Lesungen in der Schule. Eine kleine Unterstützung konnten wir der Bürgerstiftung mit einem Sponsoren-Lauf entgegenbringen. Abschließend zitierte die Rektorin Henry Ford: Zusammenkommen ist ein Beginn, Zusammenbleiben ein Fortschritt und Zusammenarbeiten ein Erfolg. „Machen wir dahingehend weiter.“

Abschließend war es an Jürgen Bien, dem Vorstandsvorsitzenden der Bürgerstiftung Großenlüder, an die Festgemeinde Schluss- und Dankesworte zu adressieren. „Als die Bürgerstiftung Großenlüder vor circa zehn Jahren gegründet wurde, stand ein Leitmotiv im Mittelpunkt unseres Tuns und Handelns, das sich bis heute maßgeblich in unsere DNA verfestigt – wenn nicht sogar eingebrannt hat. Mit unserem gesellschaftlichen Engagement möchten wir uns ehrenamtlich und wirkungsvoll für unsere Heimat einsetzen. Unser Motto lautet: Von Bürgern für Bürger. Seit 2010 leistet die Bürgerstiftung hier in der Region Hilfe für Bedürftige, wir fördern die Ideen von Vereinen und Institutionen und initiieren bzw. stoßen selbst nachhaltige Projekte an. Mittlerweile haben wir in den zurückliegenden zehn Jahren mehr als 60.000 Euro an Förderungen und Hilfeleistungen erbracht und damit zu guten Lösungsansätzen zur Gestaltung des Gemeinwesens beigetragen. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir mittlerweile mit über 40 Maßnahmen mit dazu beitragen konnten, dass sich unsere schöne Region Großenlüder noch liebenswerter und lebenswerter weiterentwickelt. So auch mit dem, von uns initiierten Projekt Schau-Gradierwerk im Naturpark Sodegarten, woran für uns etwas ganz Wichtiges, wenn nicht die wichtigste Aufgabe ansetzt: Mit diesem Schau-Gradierwerk ist es möglich, altes Brauchtum und Tradition der fortführenden Generation näherzubringen und diese für die Nachwelt zu erhalten.“

Die kirchliche Segnung übernahm abschließend des offiziellen Veranstaltungsteils Pfarrer Sebastian Latsch von der Katholischen Pfarrgemeinde „St. Georg Großenlüder“ in Vertretung für Pfarrer Joachim Hartel. Pfarrer Latsch überbrachte gestern auch herzliche Grüße von Seiten seines Evangelischen Pfarrkollegen Michael Grimm von der Evangelischen Kirchengemeinde Bad Salzschlirf-Großenlüder, der aktuell mit seiner Ehefrau noch im Urlaub ist und daher der gestrigen Einweihung nicht persönlich beiwohnen konnte. Die Open-Air und deshalb als Corona-konform geltende Veranstaltung wurde musikalisch umrahmt vom Musikverein Großenlüder 1910 e.V. +++ jessica auth