Patientenschützer: Bund-Länder-Beschluss bei Pflege ungenügend

Die Betroffenen würden nur wieder vertröstet

Der Vorsitzende der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hat Bund und Ländern vorgeworfen, bei der Corona-Bekämpfung die Pflege- und Seniorenheime zu vernachlässigen. Der jüngste Beschluss von Ministerpräsidenten und Kanzleramt sei geradezu absurd, sagte Brysch dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Die Größe der zu öffnenden Läden wird deutschlandweit quadratmetergenau festgelegt. Jedoch werden bundesweit keine verbindlichen Kriterien aufgestellt, um pflegebedürftige Heimbewohner zu schützen“, so Brysch. Obwohl hier die größte Risikogruppe lebe, sollten die Heime ihre Probleme selbst lösen.

Der Patientenschützer beklagte, es würden zwar 750 Milliarden Euro für Hilfspakete ausgegeben, auch bei den Beatmungsplätzen in Krankenhäusern hätten sich Bund und Länder konkrete Ziele gesetzt, „sber sie schaffen es nicht, sich zu verpflichten, für einen Grundschutz in den 12.000 Pflegeeinrichtungen in Deutschland zu sorgen“. Das hieße, in den Einrichtungen einen Vorrat an Schutzausrüstung für mindestens 14 Tage vorzuhalten. „In der Politik setzt sich niemand das Ziel, dort für Lösungen zu sorgen, wo die Krise am stärksten wirkt“, sagte Brysch. Die Betroffenen würden nur wieder vertröstet. „Das ist ein Skandal – und kurzsichtig ist es obendrein.“ Im Beschluss von Bund und Ländern vom Mittwoch heißt es zum Thema Pflege-, Senioren- und Behindertenheime, dort sollten Infektionen, aber auch soziale Isolation verhindert werden. Zudem wird Einrichtungen empfohlen, mit Experten Hygienekonzepte zu entwickeln. „Für das, was fehlt, müssen wir nicht auf neue Konzepte und Spezialisten warten.“ Das sei seit Monaten bekannt.

„Im Krisen-Modus brauchen wir jetzt keine Power-Point-Präsentation, sondern eine dauerhafte Grundversorgung und ausreichend Personal. Das schönste, neueste Konzept hilft nicht weiter, wenn die Voraussetzungen fehlen.“ Der Patientenschützer forderte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) auf, rasch eine gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, dass Krankenhauspersonal auch in Pflegeheimen aushelfen könne. „Niemand kann verstehen, warum medizinisch-pflegerisches Personal nicht dort hingehen kann, wo jetzt dringend Hilfe benötigt wird“, sagte Brysch. Dies könne schon deshalb nicht klappen, weil Pflege- und Krankenversicherung rechtlich und organisatorisch getrennt seien. „Wenn der Gesundheitsminister mutig wäre, könnte er da sofort ein Gesetz vorlegen und damit sicherstellen, dass zumindest in Notlagen der Einsatz und die Finanzierung von Gesundheitspersonal aus anderen Bereichen gesichert wird.“ Spätestens in dieser Krise zeige sich auch, dass die Pflegeversicherung dringend zu einer Vollversicherung umgebaut werden müsse. +++

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