IHK lud zu ihrem alljährlichen Neujahrsempfang

Und wie geht es in Deutschland weiter?

Fulda. Gestern Abend war es wieder soweit, die IHK Fulda lud zu ihrem alljährlichen Neujahrsempfang und Netzwerkertreffen der Unternehmen ein. Gekommen waren über 700 Gäste aus Fulda und unmittelbaren Umgebung. Unternehmer, Geschäftsführer, Manager und zahlreiche Vertreter der Politik. Voran mit Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld, Landrat Bernd Woide, dem Europaabgeordneten Thomas Mann, dem Wahlkreisabgeordneten im Bundestag, Michael Brand, die Landtagsabgeordneten Dr. Arnold, Jürgen Lenders und Markus Meysner, Staatssekretär Dr. Wolfgang Dippel und der Regierungspräsident des Regierungsbezirks Nord- und Osthessen Dr. Walter Lübcke. IHK Präsident Bernhard Juchheim begrüßte die anwesenden Gäste und begann seine Rede mit einer Schlagzeile aus der FAZ zum Jahr 2017 – „ein Jahr der Angstmacher und Angsthaber“.

Vor was wir alles Angst hatten, vor Islamismus und Terroranschlägen, vor Trump, der das Weiße Haus vermeintlich über Twitter regiert, vor Putin, dem die internationalen Spielregeln egal sind, vor innertürkischen Auseinandersetzungen auf deutschem Boden, vor dem Einzug der AFD in den Bundestag, vor den unsicheren Folgen des Brexits, vor einer Eskalation auf der koreanischen Halbinsel und letztlich auch zum Jahresende vor einem Wiederaufflammen des Nah-Ost-Konflikts. Und natürlich weiterhin vor der digitalen Transformation, die angeblich jeden zweiten Arbeitsplatz bedroht oder vor einer kriselnden Automobilwirtschaft, die nach Dieselgate und Kartellaffäre den Rückwärtsgang einlegen könnte. Jedem von Ihnen fallen sicherlich noch unzählige weitere Stichworte ein, die Angst machen können. Fast möchte man sagen: Hurra wir leben noch. So die Worte von Bernhard Juchheim und gleich die Frage – haben die Angstmacher im vergangenen Jahr recht gehabt?

Mit 594.000 Fahrzeugen verzeichnete Volkswagen im November den stärksten Auslieferungsmonat seit Bestehen der Marke. Die seit neun Jahre bestehende Chart-Rallye bei DAX und Dow Jones hat sich 2017 ungebremst fortgesetzt. Die Beschäftigungsquote in Deutschland befindet sich auf einem Rekordhoch, die Arbeitslosenquote auf dem niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung. Trump sitzt immer noch im Weißen Haus und hat die Steuern für die Wirtschaft drastisch gesenkt, die amerikanische Notenbank hat nur leicht an der Zinsschraube gedreht. Die Mehrheit der Briten bedauert mittlerweile den Brexit. Europa wird auch diese Herausforderung überstehen. Was wird 2018 bringen? Schauen wir auf die Börsen. Solange Herr Draghi seine Geldpolitik nicht ändert, werden die Börsen weiterhin im Gleichschritt nach oben marschieren. Analysten prophezeien für dieses Jahr einen weiteren Anstieg der Kurse um etwa 10 Prozent. Die Aktionäre haben keine Angst vor einem Crash. Denn der Volatilitätsindex – auch als Angstbarometer bezeichnet – ist weiterhin extrem niedrig. Die Anleger fühlen sich sicher. Laut Internationalem Währungsfonds wird die Weltwirtschaft nach 3,6 Prozent im Jahr 2017 in diesem Jahr um 3,7 Prozent wachsen.

Auch die deutsche Wirtschaft boomt weiter, die Wirtschaftsweisen rechnen nach einem Wachstum im Jahr 2017 von 2,0 Prozent für dieses Jahr mit 2,2 Prozent. Alle führenden Wirtschaftsforschungs-institute sehen eine 2 vor dem Komma. Aber, es gibt auch mahnende Worte. Die beiden größten Volkswirtschaften der Welt, die USA und China, sind maßlos überschuldet. Schon jetzt sehen Experten die USA auf dem gleichen Kurs wie 2007/2008, als das Platzen der Schuldenblasen zu einer weltweiten Wirtschaftskrise führte. Nicht nur die Amerikaner, sondern auch die Chinesen haben ihre Gelddruckpressen angeworfen und finanzieren ihr Wachstum mit Krediten. Und parallel zur Schuldenblase entsteht im Reich der Mitte eine immer größer werdende Immobilienblase. Denkbar ungünstige Voraussetzungen für ein Land, dass 2015 in seinem Fünfjahresplan festgelegt hat, seine Währung ab 2020 frei handeln zu lassen.

Und wie geht es in Deutschland weiter?

Nun, in erster Linie muss die Politik jetzt liefern. Wir sind gespannt, was der neue Koalitionsvertrag – so es denn einen geben wird – für die Wirtschaft bereithält. Und nach der Wahl ist ja wieder vor der Wahl. Es stehen Landtagswahlen in Bayern und Hessen an. Die Wirtschaft will verlässliche politische Strukturen und natürlich auch wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen: Stichworte sind hier: Steuererleichterungen! Geringere Lohnnebenkosten! Bürokratieabbau! Man darf gespannt sein, was daraus wird.

87 Prozent der Bürger halten nach einer Umfrage des Instituts für Demoskopie in Allensbach zum Jahresende Deutschland für einen guten Standort für Unternehmen. Die Mehrheit der Bürger blickt 2018 optimistisch entgegen und geht davon aus, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gut bleiben oder sich weiter verbessern. Nur 14 Prozent haben ausgesprochene Befürchtungen – und hier geht es nicht um die wirtschaftliche Entwicklung, sondern um Fragen der inneren Sicherheit und der gesellschaftlichen Entwicklung.

Blicken wir in die Region Fulda. Eines fällt beim Betrachten der Wirtschaftsnachrichten auf: Die Region Fulda ist nicht länger nur ein Hort der Glückseligen. Die Schließung des Coty-Standortes in Hünfeld hat einen Prozess deutlich gemacht, der sich seit der Jahrtausendwende quasi schleichend vollzieht. Die Zahl der inhabergeführten Familienunternehmen nimmt ab. Unternehmerischen Entscheidungen werden nicht mehr oder nicht ausschließlich in der Region Fulda getroffen. Von entscheidender Bedeutung für die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Region Fulda wird es sein, ob es unseren Unternehmen gelingt, ihren Fachkräftebedarf auch in Zukunft zu befriedigen.

Laut dem aktuellen IHK-Fachkräftemonitor werden bis 2030 in der Region Fulda 6.000 Fachkräfte fehlen. Und ich rede hier im Wesentlichen nicht von Akademikern, sondern von Absolventen des dualen Ausbildungssystems. Schon jetzt beklagen in einer aktuellen Konjunkturumfrage 64 Prozent der Unternehmen einen Fachkräftemangel. Noch düsterer sieht es auf dem Markt der Auszubildenden aus. Hier nimmt die Region Fulda landesweit mit einem Verhältnis von 1,6 gemeldeten offenen Ausbildungsstellen pro Bewerber eine Spitzenstellung ein.

Erlauben Sie mir bei dieser Gelegenheit auch einige Anmerkungen zu den Chancen, die Flüchtlinge und Migration für unsere Wirtschaft bieten. Wir haben ernüchtert feststellen müssen, dass eine Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt schwieriger als ursprünglich gedacht ist und insbesondere wesentlich länger dauert. Und ich warne vor Versuchen, die Anforderungen in unserem dualen Ausbildungssystem aufzuweichen. Damit tuen wir uns alle keinen Gefallen. Notwendig ist mehr Klarheit und Transparenz bei den ausländerrechtlichen Fragen. So die Ausführungen von IHK Präsident Bernhard Juchheim und dem Wunsch für 2018, dass die Unternehmer sich wieder auf die klassischen Kaufmannstugenden der Buddenbrooks besinnen und verlorenes Terrain zurück gewinnen.

Als ein Mann der Zahlen war Professor Manfed Güllner Gastredner am gestrigen Abend. Er ist Geschäftsführer der Forsa Gesellschaft für Sozialforschung und statistische Analysen mbH aus Berlin und Mann der klaren Worte. „Wie tickt Deutschland und wie ist die Stimmung im Land?“ war der Leitsatz des Vortrages von Professor Güllner über die alljährlich zum Jahresende veröffentlichte Forsastudie zum so genannten Vertrauensranking. Und in diesem von RTL und NTV in Auftrag gegebenen Trendbarometer schneiden Unternehmer und Arbeitgeber eher schlecht ab. Sie haben den stärksten Rückgang aller untersuchten Gruppen und Institutionen zu verzeichnen und zwar um 18 Prozentpunkte auf nur noch 27 Prozent. Ähnlich schlecht abgeschnitten haben nur der Zentralrat der Muslime mit minus 15 und der Islam mit minus 16 Prozentpunkten. Gewinner ist die Polizei, die mit einem Plus von 6 Prozentpunkten und insgesamt 83 Prozent an der Spitze steht.

Derzeit am meisten beschäftigt die deutsche Bevölkerung, dass wir keine Regierung haben“, so der Meinungsexperte. Obwohl er selbst bekennender Sozialdemokrat ist, nahm er kein Blatt vor den Mund, wenn es darum ging, die Fehler der SPD mit den Ergebnissen seines Instituts zu belegen. „In den letzten 20 Jahren ist die Sozialdemokratie von 20 Millionen auf unter 10 Millionen Wähler eingebrochen. Das lag an mangelnder politischer Kompetenz, falschen Themen, handwerklichen Fehlern und mit Martin Schulz an dem falschen Kandidaten“, ist er sich sicher. Doch auch Fehler der anderen Parteien und die in seinen Augen falsche Stimmungsmache der Leitmedien wie ARD, ZDF, Spiegel etc. waren Thema in seinem kurzweiligen und mit einer gesunden Portion Humor gespickten Vortrag. So ist die Bundeskanzlerin in den eigenen Reihen wesentlich beliebter als wie das die Meinungsbildung der Medien verkaufen möchte. Gäbe es jetzt Neuwahlen, würden CDU und Grüne profitieren. SPD und FDP würden mit Verlusten aus dem Rennen gehen. Die AfD und Linke würde ihre Stimmen halten können.

Die Lacher auf seiner Seite hatte Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingelfeld indem er auf die Interpretation der Fuldaer Wahlergebnisse imVortrag von Prof. Güllner zur Bürgermeisterwahl einging. „Herr Güllner, bitte bleiben Sie der Marktforschung treu.“ Damit spielte Wingenfeld auf zwei Festredner der letzten Jahre an – Ex-Außenminister Karl-Theodor zu Guttenberg und Ex-Bahnchef Rüdiger Grube. Beide traten kurz nach ihrem Fulda-Besuch zurück. „Aber das kann doch nicht an unserem schönen Schlosstheater liegen…?!“ Die Entwicklung der Wirtschaft sowie die Ausbildungsplätze und der Mangel an Auszubildenden lagen Dr. Wingenfeld ebenfalls am Herzen.

Bevor es zum gemütlichen Teil der Veranstaltung ging bedankte sich IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schunk bei den Vorrednern sowie den ehrenamtlichen Unterstützern der Veranstaltung. Weiterhin wies Herr Schunk auf die Wirtschaftsjunioren hin. Diese wollen im Frühjahr des kommenden Jahres wieder eine Landeskonferenz hier in Fulda durchführen und haben bereits mit den Vorbereitungen begonnen. Diese Landeskonferenz ist eine schöne Möglichkeit, unsere Region als modern, aufgeschlossen und innovativ zu präsentieren – und das gegenüber vielen jungen Unternehmerinnen und Unternehmern, jungen Führungskräften aus ganz Hessen, die sich bei den Wirtschaftsjunioren engagieren. Danach war der offizielle beendet und das „Netzwerken“ konnte beginnen. +++ apr

Eine kleine Impression

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