Hessischer Finanzminister Boddenberg bei Spatenstich auf antonius Hof

Mehr Platz für inklusive Ausbildung und Teilhabe

Mit einem symbolischen ersten Spatenstich hat am gestrigen Montag der Wiederaufbau der abgebrannten Bergehalle auf dem antonius Hof in Fulda-Haimbach begonnen. Die neue Mehrzweckhalle soll Arbeits- und Ausbildungsplätze für Menschen mit und ohne Behinderung beherbergen. An der Veranstaltung nahmen neben Schülerinnen und Schülern der Grundschule Haimbach sowie Freunden und Partnern von antonius : gemeinsam Mensch auch der hessische Finanzminister Michael Boddenberg (CDU) teil.

Der antonius Hof in Haimbach wächst und gedeiht: Während die Planung für das neue Gewächshaus des Stiftungsprojekts er:wachsen voranschreitet, entsteht auch eine neue Mehrzweckhalle auf dem landwirtschaftlichen Betrieb. Diese ist als Ersatz für die Bergehalle geplant, die im Dezember 2017 einem Brand zum Opfer fiel. Rainer Sippel, Aufsichtsratsvorsitzender der antonius : gemeinsam leben gGmbH und geschäftsführender Vorsitzender der Bürgerstiftung antonius : gemeinsam Mensch, erinnerte in seinen Begrüßungsworten an die ursprüngliche Nutzung der Bergehalle und an den Tag, der für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des antonius Hofes ein Einschnitt markierte. „Der 18. Dezember 2017 war für uns ein sehr dramatischer Tag. Die Bergehalle war abgebrannt, verursacht durch Brandstiftung“, stellte Rainer Sippel in seinen einleitenden Worten zur Begrüßung heraus. Und weiter: „Die Bergehalle diente uns als Lagerhalle für Heu und Stroh, aber auch für Maschinen. Wir haben uns lange überlegt, wie wir diese Halle wieder aufbauen können – mit welcher Nutzung und mit welchen Konzepten.“

Sippel: antonius Hof ist für uns ein wichtiger Baustein.

Immer mehr Jugendliche werden vom antonius Hof in Haimbach erfolgreich in den Arbeitsmarkt integriert. Vor diesem Hintergrund ging es antonius : gemeinsam Mensch auch darum, Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen, insbesondere für die Landtechnik und die Getreidesortierung, für diese es Räumlichkeiten braucht, die bestimmte Vorschriften erfüllen. Sippel weiter: „Diese Vorschriften sind in dieser neuen Baumaßnahme zusammengefasst, für diese wir heute den Spatenstich setzen wollen. Derzeit arbeiten auf dem antonius Hof 120 Menschen mit und ohne Behinderung. Permanent stehen wir vor der Herausforderung, für diese Menschen Arbeitsplätze zu erhalten wie bereitzustellen. Innerhalb unseres Netzwerkes markiert der antonius Hof ein Juwel und wichtiger Baustein. Deshalb freuen wir uns, dass wir diesen, Ihnen, sehr verehrter Herr Staatsminister Boddenberg, heute etwas näherbringen dürfen.“

Auf dem antonius Hof entsteht aktuell auch der Gemeinschaftsgarten als gemeinsames Projekt mit der benachbarten Grundschule. Besonders begrüßt wurden vonseiten des Aufsichtsratsvorsitzenden neben Staatsminister Boddenberg Haimbachs Ortsvorsteher Manfred Belle (CDU), die beiden heimischen CDU-Landtagsabgeordneten Sebastian Müller und Thomas Hering, der Fuldaer Bürgermeister Dag Wehner (CDU), Dr. Hubert Baier (Mitglied im Aufsichtsrat antonius : gemeinsam Mensch), Johannes Hohmann (Beirat des Unternehmernetzwerks Perspektiva GmbH sowie Gesellschafter bei Perspektiva), Fuldas früherer Oberbürgermeister Gerhard Möller als erster Vorsitzender der St. Antonius-Stiftung sowie Lioba Wingenfeld als dessen Stellevertreterin und mit ihnen Beiratsmitglied Marc Dechant, Fuldas früherer Oberbürgermeister und Staatsminister a.D. Dr. Alois Rhiel als Stiftungsratsvorsitzender der Bürgerstiftung antonius : gemeinsam Mensch sowie Professor Dr. theol. habil. Cornelius Roth.

Der hessische Finanzminister Michael Boddenberg zeigte sich über den antonius Hof, der seine Anfänge mit der 1902 gegründeten Bürgerstiftung durch die Fuldaer Bürgerin Maria Rang nahm, „und die bis heute, Jahrzehnte später immer noch anhalten und sich permanent weiterentwickeln“, angetan und begeistert. „Auf der einen Seite das ehrenamtliche Engagement, auf der anderen Seite die Verwobenheit mit der Region und den Unternehmen und Mittelständlern.“ Die Landwirtschaft ist dem Staatsminister nicht fremd: „Ich komme von Seite meiner Großeltern von einem landwirtschaftlichen Unternehmen. Meine Eltern betrieben in Nordrhein-Westfalen einen Schlachthof. Ich setzte einst mein Studium aus, um meinen Vater zu vertreten, und irgendwie bin ich dort hängengeblieben, was ich bis heute nicht bereut habe“, so der hessische Finanzminister. „Ursprünglich habe ich einmal etwas Richtiges, nämlich Fleischermeister, gelernt; die Kälber, die vorhin bei der Besichtigung des Hofes vor mir zurückwichen, hatten wohl so eine Vorahnung“, sagte Staatsminister Boddenberg trocken.

Boddenberg: Jede Branche sollte für sich selbst Verantwortung übernehmen.

Nach dem hessischen Finanzminister bedeute es ein hohes Verantwortungsbewusstsein, Lebensmittel herzustellen, das mit einer hohen Verantwortlichkeit für all jene einhergehe, die bei der Erzeugung involviert sind, dieses wiederum Verantwortung für die Politik bedeute; „nämlich dafür zu sorgen, dass es hohe hygienische und ernährungsphysiologische Standards gibt“. „Wenn ich mir anschaue, was Sie hier machen und mir diese Haltungsform verinnerliche, dann könnte man davon träumen, dass dies immer so sein müsse; doch das ist leider nicht die Realität“, so Finanzminister Boddenberg. Über die Idee der ökologischen Landwirtschaft sei er einst zur Politik gekommen. Boddenberg hatte seinerzeit als Fleischermeister vor über 30 Jahren einen Nachwuchsverband gegründet und hier massiv die Themen Tierwohl und Tierschutz beworben, weil er der Auffassung war, „dass jede Branche für sich selbst Verantwortung übernehmen sollte“. „Wir sollten uns selbst die Frage stellen, worin wir besser werden können.“ Diese Einstellung fand seinerzeit der Präsident des deutschen Tierschutzbundes so gut, dass er schon bald mit ihm in Kontakt trat. Die Art und Weise, wie auf dem antonius Hof heute Landwirtschaft betrieben wird, stand damals in seiner Resolution. „Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht doch nicht ganz illusorisch, vielleicht sollte es auch weiterhin Zielsetzung sein, dass Verbraucher darauf achten, woher ihre Lebensmittel kommen“, so Boddenberg, der sich bei seinem Besuch auf dem antonius Hof für dezentral gelegene Produktionsstätten mit funktionierenden Handwerksbetrieben dahinter aussprach.

Nuhn: Die Nachfrage nach Landtechnik war immer schon groß.

Martha Nuhn, die gemeinsam mit Peter Linz den antonius Hof in Haimbach als Geschäftsführerin verantwortet, erläuterte die sozial-biologische Landwirtschaft und ihre Bedeutung für die Menschen, die auf dem Hof arbeiten. „antonius bewirtschaftet den antonius Hof in Haimbach seit über 30 Jahren. Peter Linz, der heute leider krankheitsbedingt verhindert ist, war von Anfang an Teil des Hofes, er hat ihn praktisch mit aufgebaut und ihn auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt. Peter Linz war immer ein Verfechter der sozialen Landwirtschaft. Er vertrat den Standpunkt, dass gerade im grünen Bereich die Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung sehr gut geeignet sind aufgrund der heilsamen Wirkung. Der Brand war für uns sehr tragisch, weil die Futtergrundlage für die Kühe und Schweine wegbrach. Uns war schnell klar, dass wir neu bauen müssen; nur wollten wir die Mehrzweckhalle nicht 1:1 so wieder aufbauen, sondern wir haben uns dazu entschieden, mehr zu machen: Neue Arbeitsplätze im Bereich der Landtechnik zu schaffen und die Kartoffelsortierung und Getreideabfüllung zu modernisieren, und wir möchten den Bereich der Ausbildung in der Landtechnik stärken. Wir bilden auf dem antonius Hof inklusiv aus und die Nachfrage nach Landtechnik war immer schon groß, allerdings fehlten bisher die Räumlichkeiten und die Ausstattung.“

Wehner: Ziel unser aller Bemühungen muss das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung sein.

„Der heutige Morgen ist natürlich auch für die Stadt Fulda ein Tag der Freude, denn es geht weiter voran“, so Fuldas Bürgermeister Dag Wehner (CDU). Wehner weiter: „Wir befinden uns an einem Ort mit langer Geschichte – vor über 120 Jahren hat die Fuldaer Bürgerin Maria Rang den Grundstein für diese Geschichte gelegt. Mittlerweile kann man feststellen, dass antonius : gemeinsam Mensch in der Stadt, aber auch in der Region – und das gibt mir die Möglichkeit, auch die Grüße des Landkreises zu übermitteln; Landrat Woide und Erster Kreisbeigeordneter Schmitt sind heute Morgen leider verhindert – fest verankert ist. Das zeigt sich an vielen Stellen bei uns in der Stadt, insbesondere beim Thema Schulverpflegung, wo wir sehr eng kooperieren, aber auch an vielen anderen Beispielen lässt sich dies festmachen. Das Thema Inklusion ist ein Thema, das in der Kommunalpolitik die letzten 20 Jahre zugenommen hat, uns aber auch aktuell zunehmend beansprucht und wo wir gerne von der Expertise von antonius Gebrauch machen wollen, uns beraten lassen wollen und auch als Stadt in den letzten Jahren an vielen Stellen deutlich vorangekommen sind gemeinsam mit unserem Beirat der Menschen mit Behinderungen. Ziel unser aller Bemühungen muss das Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderung sein, was in unserer Stadt schon deutlich an Fahrt aufgenommen hat.“

Gute, konstruktive Zusammenarbeit

Für den Ortsbeirat Haimbach adressierte Haimbachs Ortsvorsteher und Kreistagsmitglied Manfred Belle (CDU) ein Grußwort an die Anwesenden. Viele Projekte seien in den vergangenen 15 Jahren seitdem er als Ortsvorsteher fungiere den antonius Hof betreffend umgesetzt worden. Mit Unterstützung der Stadt Fulda konnte durch Grundstückstäusche die Saturnstraße, in dieser der antonius Hof ansässig ist, etwas beruhigt werden. Sorgte die Biogasanlage vor ihrer Installation in der Haimbacher Bürgerschaft noch für Vorurteile und Unmut, sei es auf Bürgerversammlungen im antonius Hof, gemeinsam gelungen, diese auszuräumen. Auch angesichts der Vergrößerungen der Kuh- und Schweineställe war hinsichtlich der Geruchsbelästigung „Einigkeit“ erzielt worden. Ortsvorsteller Belle ging auf den angedachten Gemeinschaftsgarten auf dem Grundstück des antonius Hofes ein. Hier hatte man Kindergarten, Grundschule sowie die Bürger Haimbachs von Anfang an mit in die Planungen einbezogen. Der Kräutergarten, der einst auf dem Grundstück der Grundschule verortet gewesen war, musste neuen Schulgebäuden weichen, umso schöner, dass zukünftig der Kräutergarten von beiden Seiten betrieben werden könne. Ortsvorsteher Manfred Belle lobte den antonius Hof als „schöner Treffpunkt“ für diverse Veranstaltungen, der auch von den Bürgern über die Ortsgrenzen Haimbachs hinaus angesteuert werde. Abschließend hob er die „gute, konstruktive Zusammenarbeit“ zwischen dem Haimbacher Ortsbeirat und dem antonius Hof hervor.

Johannes Hohmann vom Unternehmernetzwerk Perspektiva: „Die Umstrukturierung von antonius in den letzten Jahren hat, wie auch der heutige Spatenstich, einen symbolischen Charakter. antonius : netzwerk Mensch, antonius : gemeinsam wachsen, antonius : gemeinsam lernen, antonius : gemeinsam begegnen – all das sind Symbole, die antonius verkörpern. Das Unternehmernetzwerk Perspektiva besteht seit über 20 Jahren. Mittlerweile sind in ihm über 100 Unternehmen aus der Region vertreten, hauptsächlich aus dem handwerklichen Bereich.“ In enger Zusammenarbeit mit antonius : gemeinsam Mensch sei man bestrebt, benachteiligten Jugendlichen eine Chance zu ermöglichen und sie ins berufliche Arbeitsleben zu integrieren. „Hier sind wir in den vergangenen Jahren eng zusammengewachsen, um gemeinsam Brücken zu bauen“.

Aktuell werden auf dem antonius Hof sechs Auszubildende im Bereich des landwirtschaftlichen Helfers ausgebildet in einer, in der Theorie-reduzierten Ausbildung und in diesem Bereich qualifiziert, um sie fit für ihre spätere Arbeitstätigkeit zu machen, erklärte Hohmann. Die Ausbildungs- und Arbeitsbetriebe gehören teilweise auch dem Unternehmernetzwerk an. Weiter sprachen Staatsminister a.D. Dr. Alois Rhiel (Stiftungsratsvorsitzender der Bürgerstiftung antonius : gemeinsam Mensch) und Oberbürgermeister der Stadt Fulda a.D. Gerhard Möller (Erster Vorsitzender der St. Antonius-Stiftung).

Die Segnung erfolgte durch Pater Thomas, der bei antonius als Seelsorger tätig ist. Die Kinder der Grundschule Haimbach umrahmten den Spatenstich mit gesungenen Liedbeiträgen. +++ jessica auth

Hintergrund

Auf einer Fläche von 770 Quadratmetern entsteht im südwestlichen Bereich neben der Biogasanlage auf dem antonius Hof in Fulda-Haimbach eine Mehrzweckhalle mit Arbeits- und Lageräumen zur Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten (vorrangig Kartoffeln und Getreide). In ihr untergebracht sein werden des Weiteren eine moderne Landmaschinenwerkstatt, die als Ausbildungsstätte fungiert, Schulungsräume und separate Futtersilos. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 2.350.000 Euro brutto inkl. Planungskosten. Der Bau wird mit 435.000 Euro (soziale Förderung) vom Land Hessen (HMSI/LWV) bezuschusst sowie mit 230.000 Euro landwirtschaftliche Förderung. Der Neubau hat einen Finanzbedarf von 1.685.000 Euro. Für die Planung zeigt sich die Hessische Landgesellschaft mbH verantwortlich.

Die Grundidee des antonius Hofes
Als elementarer Bestandteil des antonius Netzwerkes ist der antonius Hof ein beispielhaftes Konzept für soziale Landwirtschaft, denn hier arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung Seite an Seite. Rund 100 Mitarbeitende und zehn Bewohner zählt der Hof. Jeder – so die Kernidee – soll hier eine wertvolle Arbeit finden, die zu ihm passt, von einfachen Aufgaben wie Stallausmisten bis zu komplexen Tätigkeiten wie Traktorfahren oder Tierpflege. Die Arbeit im „grünen Bereich“ an der frischen Luft, in der Natur und mit eigenen Händen wirkt sich positiv und sinnstiftend auf die Menschen aus. Die soziale Landwirtschaft zeigt in Verbindung mit dem Unternehmernetzwerk Perspektiva und der Arbeitsschule Startbahn, wie Inklusion in der Arbeitswelt verwirklicht werden kann und ermutigt die Gesellschaft, Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen teilhaben zu lassen.

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