Grüne wollen „Paradise Papers“ zum Thema in Jamaika-Sondierung machen

Berlin. Die Grünen fordern rasche Konsequenzen aus der Veröffentlichung über massive globale Steuervermeidungen. „Diese Enthüllungen legen in entwaffnender Klarheit dar, was schon lange vermutet wurde: Steuervermeidung und -hinterziehung ist ein lukratives Milliardengeschäft“, sagte der Chef-Unterhändler der Grünen für Finanzen in den Jamaika-Gesprächen, Jürgen Trittin, dem „Handelsblatt“. „Es ist in diesen Dimensionen Diebstahl am Vermögen der Bürgerinnen und Bürger. Damit muss Schluss sein.“

Trittin will die „Paradise Papers“ in den Sondierungsgesprächen auf die Tagesordnung setzen: „Wir werden das Thema Bekämpfung von Steuerhinterziehung auch bei den Sondierungsgesprächen stark machen. Steueroasen müssen auf die Schwarze Liste – und zwar ohne Tricksereien.“ Zudem „brauchen wir ein Gesetz zum Schutz von Whistleblowern“, so Trittin. „Dann müsste das Bundesfinanzministerium nicht wie jetzt um die Daten betteln, die den Medien zugespielt worden sind. Sie könnten tatkräftig zur Strafverfolgung von Millionenbetrügern schreiten.“ Die Grünen-Rechtsexpertin Renate Künast mahnte ein europäisches Vorgehen an. „Wir müssen grundsätzlich Steuerschlupflöcher schließen. Deshalb müssen wir zu einer entsprechenden EU-Vereinbarung kommen“, sagte die Bundestagsabgeordnete dem „Handelsblatt“. Nötig sei eine einheitliche europäische Steuerpolitik mit vergleichbaren Steuersätzen. „Es kann doch nicht sein, dass von Malta bis zu den Kanalinseln Unternehmen mit der Möglichkeit der Steuervermeidung angelockt werden. Durch solche Steuertricks geht der EU insgesamt sehr viel Geld verloren.“ Künast begrüßte zugleich die Veröffentlichung der Daten zu Steuertricks. Damit würden „diejenigen geoutet, die sich offenbar nicht als Teil des Gemeinwesens sehen und sich mit ihrem Geld aus dem Staub machen – selbst, wenn legal ist, was sie machen“.

„Paradise Papers“: Giegold will Konsequenzen für Brexit-Verhandlungen

Nach den Steuer-Enthüllungen um die sogenannten „Paradise Papers“ hat der Grünen-Europaparlamentarier Sven Giegold Konsequenzen für die Brexit-Verhandlungen gefordert. „Die `Paradise Papers` beweisen die zentrale Rolle Großbritanniens für das globale Steuerdumping“, sagte Giegold der „Heilbronner Stimme“. „Die Brexit-Verhandlungen müssen wir jetzt nutzen. Die Londoner City und die angeschlossenen Steueroasen dürfen nur Zugang zum EU-Binnenmarkt bekommen, wenn sie die Steueroasengeschäfte beenden.“ Der Grünen-Finanzexperte und Mitbegründer des Netzwerks für Steuergerechtigkeit kritisierte auch die Große Koalition in Berlin: „Die Bundesregierung blockiert weiter in Brüssel die öffentliche Steuertransparenz für Großunternehmen. Nach den `Paradise Papers` muss Kanzleramtsminister Peter Altmaier den Kurs von Wolfgang Schäuble korrigieren und endlich grünes Licht für die Steuertransparenz von Konzernen geben“, sagte Giegold der Zeitung. Der neue Leak enthülle erstmals auch die Steueroasen-Geschäfte scheinbar feiner Adressen, sagte Giegold und forderte strenge Maßnahmen gegen die Steuertricksereien: „Es darf kein `Weiter so` mehr geben. Ein Sonderrecht für die wirtschaftlich Mächtigen darf der Rechtsstaat nicht länger tolerieren. Dieser Schattenwelt, in der sich Konzerne und Reiche dem Gemeinwohl entziehen, müssen wir ein Ende bereiten“, forderte der Finanzexperte.

Hessens Finanzminister begrüßt Enthüllungen zu Steuertricks

„Was zur Vertreibung von Kriminellen oder Tricksern aus Steuerparadiesen beiträgt, ist mir willkommen, so auch die Enthüllungen der Paradise Papers“, sagte Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer heute in Wiesbaden. „Mit hessischen Initiativen zur Einführung einer Lizenzschranke oder zur Reform der Grunderwerbsteuer tragen wir auch dazu bei, legale Tricksereien, die teils skrupellos und zum Schaden der Gemeinschaft ausgenutzt werden, einzudämmen. Die Paradise Papers können im Kampf für mehr Steuergerechtigkeit wichtige Informationen bieten. Ich biete daher gerne an, dass die Hessische Finanzverwaltung die Daten federführend auswertet, wie wir das bereits zusammen mit dem Bundeskriminalamt mit den Panama Papers machen. Fachliche Expertise, technische Ausrüstung und Sinn für Steuergerechtigkeit gibt es in Hessen in hohem Maß. Ich würde mich daher freuen, wenn die den Medien vorliegenden Paradise Papers uns zur Auswertung übergeben werden könnten.“ +++