Disruption und Innovation: die Motoren der Wirtschaft?

Disruptive Technik muss nicht automatisch nur Nachteile haben

Das Elektroauto und der Wasserstoffantrieb haben das Zeug dazu, den Verbrennungsmotor zu verdrängen. Autohersteller haben diesen Trend lange nicht wahrgenommen – und müssen sich inzwischen strecken, um den Anschluss nicht zu verlieren. Ein Beispiel, an welchem die Wirkung von Disruption und Innovation deutlich wird. E-Cars setzen auf weniger komplexe Motoren – und brauchen weniger Arbeitskraft. Gleichzeitig entstehen neue Jobs rund um die Batterie-Produktion oder Entwicklung. Disruptive Technik muss nicht automatisch nur Nachteile haben. Es offenbart sich immer wieder, dass jede Medaille zwei Seiten hat. 

Was ist Disruption?

Disruption ist ein Begriff aus den Wirtschaftswissenschaften. Dessen Ursprung liegt an der Harvard Business School. Geprägt von Clayton M. Christensen, bezeichnete dieser mit disruptiver Technologie Entwicklungen und Produkte, welche erfolgreich etablierte Produkte ersetzen. Dieser Verdrängungsprozess beginnt zuerst eher schleichend. Ein wesentliches Charakteristikum disruptiver Technologie besteht darin, dass sie anfangs erst als Nische existiert. Entwickelt in einem tendenziell eher ressourcenarmen Umfeld, sind Disruption vom Volumen her zu gering oder haben eine zu kleine Zielgruppe, als dass sie von etablierten Marktführern wahrgenommen werden. Ein perfektes Beispiel dafür, auf das wir noch näher eingehen werden, ist das E-Auto – große Autohersteller wie Mercedes nahmen das Thema lange nicht ernst, aber Tesla konnte in der Nische schnell dominieren und so disruptiv auf etablierte Strukturen wirken. Die Zahlen sprechen für sich: Binnen zwei Jahren konnte die Tesla-Aktie ihren Kurs fast verachtfachen. Das hat den KFZ-Markt ordentlich wachgerüttelt. Über die Zeitachse wächst deren Überlegenheit gegenüber etablierten Produkten und Dienstleistungen. Insofern erreicht disruptive Technologie irgendwann einen Punkt, mit dessen Erreichen die Bedeutung so stark zunimmt, dass erfolgreiche Vorgängertechnologie verdrängt wird. In der IT gibt es hierfür zwei Beispiele: Einmal die SSD und auf der anderen Seite den Flash-Speicher.

  • SSD: Gegenüber den klassischen Festplatten sind Solid State Disk so aufgebaut, dass sie bei kleinerem Platzbedarf im Rechner eine ähnlich hohe Kapazität erreichen – bei deutlich kürzerer Zugriffszeit. Anfangs waren SSD-Festplatten so teuer, dass wenige Nutzer auf den Festplattenspeicher setzten. Inzwischen sind selbst SSD mit 1 TB Kapazität erschwinglich – und verdrängen die herkömmliche HDD zunehmend.
  • Flash-Speicher: MP3 Player und USB Sticks wären ohne Flash-Speicher nicht denkbar gewesen. Trotzdem blieb der Speicher über Jahre ein Nischenprodukt. Besonders in Laptops und PCs waren kaum entsprechende Module verbaut. Im Lauf der Jahre ist Flash-Speicher zunehmend potenter geworden. Mittlerweile sind Module mit 1 TB Speicherplatz in vielen PCs – auch aufgrund schneller Zugriffszeiten – zu finden.

Disruptive Technologie sorgt oft dafür, dass etablierte Produkte (und die Investitionen der Unternehmen) verschwinden. Auf den ersten Blick ein negativer Effekt, kann diese Disruption ein Innovationstreiber sein. Im Lauf der Zeit entstehen neue Arbeitsplätze, die Branche wächst zunehmend. 

  1. Das Auto

Eine besondere Erfolgsgeschichte ist das Auto. Heute kann sich kaum noch jemand vorstellen, wie groß die Entfernungen noch vor 150 Jahren. Reisen quer durch Deutschland dauerten mit der Pferdekutsche Wochen. Selbst die Erfindung der dampfgetriebenen Eisenbahn brachte die Menschen nur bedingt näher zusammen.

Durch das Auto wurden viele Reisen plötzlich deutlich kürzer. Aber: Autos fuhren nicht über Nacht durch Deutschland. Findige Köpfe wie Benz, Daimler und Diesel legten den technischen Grundstein für die heutige Autokultur. Damit obsolet wurden viele Branchen und Berufszweige. Mitte des 20. Jahrhunderts waren Pferdekutschen bereits deutlich seltener als zu Beginn des Jahrhunderts.

Stellmacher wurden immer weniger gebraucht. Auf der anderen Seite wurden viele neue Berufszweige geboren. Kfz-Mechaniker hatte es Mitte des 19. Jahrhunderts noch nicht gegeben. Und auch Autolackierer war ein bis dahin unbekannter Beruf.

Im 21. Jahrhundert ist es das Auto, welches sich tiefgreifenden Veränderungen gegenübersieht. Laut Kraftfahrt-Bundesamt stieg der Anteil von Elektrofahrzeugen bei den Neuzulassungen um 75 Prozent. Welche Folgen hat dieser Trend?

  • Kraftstoffverbrauch sinkt
  • Antriebsmaschinen weniger komplex
  • Innovationen in Akku-Technologie

Sinkende Verbrauchszahlen setzen den Erdöl-Förderländern zu. Mineralölkonzerne bekommen die höheren Absatzzahlen bei Elektroautos inzwischen zu spüren. Da ein Elektroantrieb deutlich einfacher zu realisieren ist, braucht es weniger Bauteile – was die nötige Arbeitskraft reduziert. Unterm Strich kann das E-Car zur gleichen disruptiven Technologie werden wie das Auto für die Kutsche.

  1. Smartphones

In den 1990er Jahren und der ersten Hälfte der 2000er Jahren waren Handys absolute Trendsetter. Unterwegs telefonieren und SMS versenden – was damals als top aktuell galt, scheint heute nur noch eine Randnotiz zu sein. 2007 entwickelte Apple mit dem iPhone das erste massentaugliche Gerät einer neuen Klasse – Smartphones.

Mobilfunkgeräte, mit denen Nutzer nicht nur telefonieren konnten. Dank mobilem Internet lässt sich:

  • im Internet surfen
  • Musik streamen
  • Videos anschauen
  • unterwegs spielen.

Durch integriertes GPS und die Möglichkeit, Apps zu installieren, werden die Geräte noch vielseitiger. Smartphones sind inzwischen Businesskalender, Ernährungstagebuch oder Navigationsgerät.

Insofern hat das Smartphone nicht nur Handys verdrängt. Zunehmend drängen die Geräte in andere Bereiche – wie den Markt für Navigationsgeräte – vor.

 KI

KI (steht für Künstliche Intelligenz) kann den Alltag von Grund auf verändern. In vielen Bereichen – wie bei den Robo-Advisor-Systemen oder dem Transportsektor – kommt KI bereits zum Einsatz. Maschinen lernen und treffen selbstständig Entscheidungen. Bisher ist es Zukunftsmusik, dass KI irgendwann viele Alltagsbereiche kontrollieren wird. Gerade hinsichtlich der Arbeit wird dann ein Umdenken nötig sein. In der Industrie laufen bereits viele Prozesse maschinell gesteuert ab. Sobald KI weiter vordringt, wird der Dienstleistungssektor wahrscheinlich deutlich aufgewertet. Dort, wo Künstliche Intelligenz ihre Stärken nicht ausspielen kann, entstehen wahrscheinlich neue Jobs – etwa in der Entwicklung neuer IT-Konzepte.

Fazit: Jeder Anfang ist das Ende von etwas Altem

Innovationen haben Hochkonjunktur. So stark wie in den letzten Jahren hat sich die Gesellschaft wahrscheinlich noch nie mit grundlegenden Veränderungen auseinandersetzen müssen. Digitalisierung geht Hand in Hand mit neuen Antriebs- und Mobilitätskonzepten. Viele Menschen sehen diese Entwicklung kritisch. Hinterfragt wird, ob disruptive Technologie nicht mehr kostet, als sie Vorteile bringt. Rückblickend zeigt die Erfahrung, dass neue Technologien ungeahntes Potenzial haben können. +++ nh/pm