Fulda. Wir alle kennen die Schlagwörter: „Wir brauchen den Ausbau des Internets“, „Alle sollen Zugang zum Internet haben“, „Wir brauchen schnelles Internet“, „Wir hinken der Digitalisierung hinterher“ und so weiter. Bis hin zu dem selten dämlichen Spruch der FDP im Bundestagswahlkampf: „Digital first – Bedenken second“. Aber ist das eigentlich die Digitalisierung, wenn jede/jeder Zugang zu einem schnellen Internet hat? Oder was bedeutet Digitalisierung denn wirklich? Warten wir nur auf die Digitalisierung oder sind wir schon mitten drin, auch wenn noch nicht alle am Internet angeschlossen sind? Oder haben wir schon den Anschluss verpasst? Fragen, die alle irgendwie nur oberflächlich beantwortet werden.
Also, der Reihe nach. Richtig ist, dass noch lange nicht jeder Haushalt in der Republik vernünftigen Zugang zum World Wide Web hat. Das hat logischerweise Folgen für die Nutzung unabhängig, für was das Internet genutzt werden soll. Die infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen, ist schlicht und ergreifend Aufgabe der Politik. Private bauen nur dort, wo es sich rechnet. Dort, wo es sich nicht rechnet, muss die Politik den entsprechenden Rahmen schaffen. Das wurde in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt. Der Breitbandausbau hinkt den Anforderungen hinterher. Dabei hat die Politik die Aufgabe, für gleiche Lebensverhältnisse überall zu sorgen. Also hat die Politik versagt und muss schnellstens für Abhilfe sorgen. Übrigens: Wäre die damalige Bundespost nicht zerschlagen worden, wären wir wahrscheinlich weiter. Aber das ist reine Hypothese. Oder?
Aber, das ist nur ein Problem, ein logistisches, und deshalb kurz- bis mittelfristig lösbar. Es gibt noch so viele Fragen und Probleme, die das Netz selbst betreffen. Da ist beispielsweise die Frage des Datenschutzes, die der rasanten Entwicklung des Internets hinterherhinkt. Die Netzneutralität, die in Gefahr ist. Oder die Auswirkungen des Internet auf die Arbeitswelt. Auch die sehr wichtige Frage, was darf das Netz eigentlich, Stichworte: Cyber Mobbing oder Hate Speech? Hier herrscht absoluter Nachholbedarf, wenn überhaupt noch Änderungen möglich sind. Aber dazu später. Wir können es uns einfach nicht erlauben, dass wir die logistischen Voraussetzungen für die die Netznutzung verbessern wollen, die adäquaten rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen aber nur mit weniger Energie anpacken. Wollen wir wirklich, dass uns Google, Apple, Facebook, Amazon und Microsoft (GAFAM) weiterhin alles diktieren? Das wäre das Ende der Demokratie.
Das kommerzielle Nutzen der von Netzbenutzern gesammelten Daten (Big Data) muss massiv eingeschränkt werden. Viele geben – bewusst oder unbewusst – ihre Daten vor allem beim Gebrauch ihres Smartphones freiwillig frei. Darf das aber kein Grund sein, den Datenschutz weiterhin zu vernachlässigen. Wollen wir wirklich den absolut gläsernen Menschen? Netzneutralität bezeichnet die Gleichbehandlung von Daten bei der Übertragung im Internet und den diskriminierungsfreien Zugang bei der Nutzung von Datennetzen. Das ist in Deutschland (noch) geltendes Recht, in Amerika wird die Neutralität auf Druck der GAFAM‘s. gerade abgeschafft. Die Gefahr ist auch bei uns vorhanden, dem muss entgegnet werden. Wollen wir wirklich, dass nur der ein schnelles Datennetz mit entsprechenden Datenmengen bekommt, der dazu das nötige Geld hat?
Ganz gravierend wird es, wenn wir das Thema Industrie 4.0 bzw. Arbeit 4.0 beleuchten. Bereits jetzt wird in der Produktion in vielen Bereichen der Mensch durch Roboter ersetzt. Und noch kein Ende absehbar. Dieser Prozess wird sich in den nächsten Jahren noch intensiver und rasanter fortsetzen. Das selbstfahrende Auto, steht vor seinem Einsatz und die Medizin setzt immer mehr auf die Digitalisierung. Wer aber meint, andere Berufe bleiben von einer digitalen Verdrängung des Menschen weitgehend verschont, täuscht sich. Bankangestellte, die durch Auskunftsautomaten ersetzt werden sind bald Realität, genauso wie die Hilfe von Robotern in der Pflege, wenn auch erst in Japan.
Das ist aber nur der Anfang, keiner weiß wirklich, zu was Computer alles fähig sein werden. Die Möglichkeiten scheinen nahezu unbegrenzt. Können Sie den Menschen irgendwann fast komplett ersetzen, Stichwort Künstlich Intelligenz? Zumindest wird in vielen Labors bereits daran gearbeitet. Der Fantasie scheinen keine Grenzen gesetzt. Aber wollen wir wirklich alles, was möglich ist? Wie reagiert die Politik darauf? Schauen wir mal in den Koalitionsvertrag, der ja vielleicht die Bundespolitik der nächsten vier Jahre bestimmt. Man will an die Weltspitze im Bereich der digitalen Infrastruktur. Das stand bereits so ähnlich im Koalitionsvertrag 2013-2017. Es wird also Zeit! Die digitale Infrastruktur hat wahrlich einen enormen Nachholbedarf.
Natürlich soll die digitale Kompetenz der Bürgerinnen und Bürger geschaffen bzw. erweitert werden. Durch eine digitale Bildungsoffensive, die alle Bereiche einschließt. An den Schulen, Hochschulen und in der beruflichen Bildung sollen die digitalen Voraussetzungen geschaffen werden. Der E-Sport soll gefördert werden und die Computerspiele-Industrie soll gestärkt werden. Bestimmt vordringlich, weil enorm wichtig!?
Wer aber konkrete Lösungsansätze für die genannten Probleme sucht, wird kaum fündig. Gut, die Datensicherheit wird erwähnt. Aber so gut wie gar nichts über eine entscheidende Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Oder Antworten auf die Folgen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt. Außer dass man den Betroffenen Weiterbildungsangebote unterbreiten muss – nichts! Einfach nur schade! Die Zukunft wird ausgeblendet! +++ dieter
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