Bericht: Betreuungsschlüssel in Jobcentern zu niedrig

Berlin. Die Zahl der Arbeitsvermittler in den Jobcentern ist laut eines Zeitungsberichts deutlich niedriger als gesetzlich vorgeschrieben und bisher offiziell angegeben. Wie aus internen Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) hervorgeht, die der „Rheinischen Post“ vorliegen, kommen auf einen Vermittler bei den unter 25-Jährigen durchschnittlich 145 Erwerbslose, bei den über 25-Jährigen sind es sogar 195 Personen ohne Job.

Den gesetzlichen Vorgaben zufolge sollte sich ein Vermittler aber nur um 75 Arbeitslose unter 25 Jahre und um 150 Personen über 25 Jahre kümmern. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Sabine Zimmermann, hatte die Daten bei der Bundesagentur erfragt. Sie betonte: „Individuelle Betreuung ist das A und O einer guten Arbeitsförderung. Die Jobcenter sind personell unterfinanziert.“ Um auf den offiziell vorgeschriebenen Betreuungsschlüssel zu kommen, würde die Bundesagentur die Daten „schönen“, kritisierte Zimmermann.

Dafür würden in Teilen auch Personal im Empfangsbereich und Teamleiter in die Statistik aufgenommen, die aber gar nicht in der Vermittlung arbeiteten. Auch würden Personen mit „Nichtaktivierungsgrund“ (zum Beispiel Alleinerziehende mit kleinen Kindern) und Aufstocker aus den Zahlen der Erwerbslosen herausgerechnet. „Jobcenter dürfen keine Verwahrstationen sein“, sagte Zimmermann. Sie forderte die Bundesregierung auf, tätig zu werden. +++ fuldainfo


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1 Kommentar

  1. Viele der angesprochenen Kritikpunkte sprechen auch unseren Beschäftigten in Bamberg aus dem Herzen.
    Leider sind die Probleme der Mitarbeiter/-innen zu kurz gekommen, die im
    Leistungsbereich der Jobcenter arbeiten und für die Auszahlung der Sozialleistungen zuständig sind.
    Vor diesem Hintergrund haben wir bereits im Januar gemeinsam mit ca. 60 weiteren Personalräten bayerischer Jobcenter einen Offenen Brief verfasst, der die Missstände innerhalb der „Hartz-IV-Verwaltung“ anprangert, im Einzelnen
    ** die permanente Erhöhung der Arbeitsmenge bei immer weniger Personal,
    ** die ständig komplizierter werdenden Regelungen, v. a. durch einen Wust von
    Gerichtsurteilen, die mehr und mehr zu einer zeitintensiven
    Einzelfallbetrachtung führen, welche mit dem zugestandenen Personal schlicht
    nicht darstellbar ist,
    ** die eklatante Unterfinanzierung des Personalhaushaltes und den damit
    verbundenen immensen Druck zum Personalabbau,
    ** regelmäßige Beleidigungen und Beschimpfungen durch frustrierte Hilfeempfänger.

    Vorgesetzte sind weisungsbedingt zur Linientreue angehalten und haben daher keinen Spielraum, erkannte Fehlentwicklungen abzustellen.

    Das Jobcenter ist eine Sozialbehörde und kein Wirtschaftsunternehmen! Wir arbeiten zuvorderst mit Menschen. Die von uns betreuten Bürger sind auf Sozialleistungen angewiesen! Daher MÜSSEN deren Ansprüche zeitnah und mit der erforderlichen Sorgfalt erfüllt werden.

    Vor diesem Hintergrund kann man die 2014 angeordnete manuelle Datenübertragung jedes einzelnen Leistungsfalles im Zuge der EDV-Umstellung auf das Programm ALLEGRO nur als skandalös bezeichnen – ein Zeitaufwand, der in der freien Wirtschaft undenkbar gewesen wäre, und alles „nebenher“!

    Die Verantwortlichen auf Bundesebene haben es bislang versäumt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die es unseren engagierten Beschäftigten ermöglichen, ihrem sozialen Auftrag gerecht zu werden. Es fehlt bereits an einer klaren Aussage zum politischen Willen und an einer nachhaltigen Strategie zur Sicherung der Leistungsfähigkeit der Behörde.

    Die Jobcenter müssen finanziell neu aufgestellt und mit mehr Personal ausgestattet werden. Es ist schade, dass wir nach über 10 Jahren seit Gründung der „gemeinsamen Einrichtungen“ davon noch immer Lichtjahre entfernt sind.

    Bei einem „Weiter so!“ sind längere Wartezeiten, eine schlechtere Beratungsintensität und verzögerte Auszahlungen zulasten der Hilfeempfänger
    vorprogrammiert.

    Helmut Regus
    ver.di-Vertrauensmann in Bamberg

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