Waschbären und Kormorane – Keine Jagdfreigabe

Waschbären sind invasive Arten

Waschbär

Wiesbaden. Im hessischen Landtag haben Opposition und Landesregierung am Donnerstag über die Jagd von Waschbären und Kormoranen gestritten. SPD und FDP sprachen sich dafür aus, die Tierbestände zu reduzieren.

„Waschbären sind invasive Arten und haben in Deutschland keine natürlichen Feinde. Deshalb können sie sich sprunghaft vermehren und richten gerade beim sogenannten Niederwild, zu dem Rebhühner oder Feldhamster gehören, erhebliche Schäden an. Deshalb hat die EU die Waschbären unter die invasiven Arten eingeordnet und verlangt deren konsequente Bejagung. Unter Wahrung des Elternschutzes wollen wir eine Regelung, wie in derzeit elf weiteren Bundesländern üblich, die es erlaubt Waschbären mit Ausnahme von Muttertieren ganzjährig zu jagen“, erklärte der jagdpolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Jürgen Lenders. „Ministerpräsident Bouffier hat am Landesjägertag erklärt, dass er die Auffassung der Jäger teile, dass Waschbären gejagt werden sollten, wenn sie zur Bedrohung anderer Tierarten werden. Leider hat sich die CDU nun dem Druck der Grünen gebeugt und der Ministerpräsident sein Wort gebrochen, da die Koalition einen Antrag vorgelegt hat, der an den unsinnigen Regelungen der Jagdverordnung festhält. Bei den Kormoranen ist der Fall ähnlich gelagert. Außer dem Saarland haben alle Flächenländer eine Kormoranverordnung, die die Verjagung und im Zweifel auch den Abschuss von Kormoranen rund um sensible Gewässer oder Fischereibetriebe erlaubt. Die Kormorane haben sich in Hessen in den letzten Jahren stark vermehrt und sind als Fischfresser inzwischen zu einer Gefahr für bestimmte Fischarten geworden. In Hessen ist aber eine Vergrämung der Vögel nur durch ein hochbürokratisches Verfahren überhaupt erlaubt, während andere Bundesländer klare Regeln für eine Bejagung des Kormorans erlassen haben. Auch die grün regierten Länder Niedersachsen und Baden Württemberg sollten wir uns hier als mögliche Vorbilder nehmen, um die Situation der Fische und der Fischer, die unter den Fraßschäden des Kormorans leiden, endlich zu verbessern“, so Lenders weiter.

Der Sprecher der CDU-Fraktion im Hessischen Landtag, Dirk Landau erklärte: „Jagd und Fischerei sind in Hessen wichtige Kulturgüter. Die Jäger und Fischer leisten eine wichtige Arbeit für unsere Umwelt und die ganze Gesellschaft. Deshalb ist uns an guten und praxistauglichen Rahmenbedingungen für Jagd und Fischerei gelegen. Gerade über die Jagd- und Schonzeiten des Waschbären gibt es seit Verabschiedung der neuen Jagdverordnung Diskussionen und auch eine Unzufriedenheit in der Jägerschaft, die wir nachvollziehen können. Wir haben uns in der Jagdverordnung im Zuge eines Gesamtkompromisses und unter Abwägung verschiedener Interessen und wildbiologischer Erkenntnisse dazu entschieden, den bundesgesetzlich geregelten Elterntierschutz zu konkretisieren und eine Schonzeit für den Waschbär einzuführen. Um diese Regelung handhabbar zu machen, wurden Regeln für den Umgang in befriedeten Bezirken und in naturschutzfachlich besonders sensiblen Bereichen getroffen, so dass Schäden durch den Waschbär eingedämmt werden. Zudem wird an einer umfassenden Strategie zum Umgang mit allen invasiven Arten in Hessen gearbeitet. Bei der Bekämpfung des Kormorans gibt es keine neue Sachlage. Wir haben einen Mechanismus, den Kormoran an Schwerpunkten und zur Vermeidung wirtschaftlicher Schäden – zum Beispiel für die Fischerei – auch zu bejagen und abzuschießen. Aus Gründen des Artenschutzes wird es aber zunächst keine generelle Jagdfreigabe geben können. Wenn man, wie bei der Jagd und der Fischerei, verschiedene Interessen zusammenbringen muss, sind immer auch Kompromisse nötig, die nicht alle Interessengruppen vollständig zufriedenstellen. Als Union werden wir uns aber auch in Zukunft dafür einsetzen, dass die gute Ausbildung und die vielfältigen Leistungen von Jägern und Fischern bei der Abwägung von Interessen besondere Berücksichtigung finden.“

Die Grünen betonen, dass mit den Herausforderungen, die Kormoran- und Waschbärbestände in Hessen verursachen, sachgerecht umgegangen werden muss. „Es gibt in Hessen für den Waschbären keine Einschränkung in der Jagdzeit. Lediglich in der Zeit, in der Eltern ihre Jungtiere aufziehen, hat die Hessische Landesregierung eine Schonzeit vom ersten März bis 31. Juli erlassen. Dies war nötig, um Rechtssicherheit nach dem Bundesjagdgesetz zu schaffen“, erklärt Ursula Hammann, Sprecherin für Natur- und Tierschutz der Grünen. „Unabhängig von der Schonzeit können Waschbären in urbanen Räumen und besonders im Wohnbereich schon lange bekämpft werden. Wenn das biologische Gleichgewicht gestört ist, können Waschbären über die jagdrechtlichen Regelungen hinaus in einem fest definierten Zeitraum und unter wissenschaftlicher Begleitung in einem bestimmten Gebiet bejagt werden. Ein umfangreiches Konzept mit verschiedenen Handlungsmöglichkeiten soll in der Zukunft den Umgang mit Waschbären bundeseinheitlich regeln. Durch gute Information der Bevölkerung ist es uns in Hessen bereits gelungen, Schäden zu vermeiden. Und so sind beispielsweise in Kassel die Schadensmeldungen zuletzt deutlich zurückgegangen.“

Beim Kormoran sei die Sachlage eine andere, betont Hammann: „Hier gibt es – anders als die Opposition behauptet – seit Jahren weitgehend konstante Bestände, die laut Expertinnen und Experten nicht übermäßig groß sind. Und auch die vorhandenen Tiere verursachen keineswegs überall Probleme. Es gibt lediglich einige wenige ,Problemgewässer‘, für die jeweils angepasste Lösungen gefunden werden müssen. Daran arbeitet die Staatliche Vogelschutzwarte gemeinsam mit den von Schäden Betroffenen. Dieser flexible Umgang mit der jeweils konkreten Situation ist viel sinnvoller als eine starre Kormoranverordnung, die negative Folgen für die Tiere, die Gewässer und den Menschen haben könnte.“ Es lägen bisher keine Erkenntnisse über belegte ökologische Schäden durch Kormorane vor und es seien auch nur wenige Beschwerden über negative wirtschaftliche Folgen, die beispielsweise Fischzüchter erlitten haben könnten. „Eine flächendeckende Jagd auf Kormorane ist nach den Zahlen der Vogelschutzwarte nicht nötig. Wo an einzelnen Orten Maßnahmen ergriffen werden müssen, tut die Landesregierung dies bereits“, fasst Hammann zusammen.