Vorläufiges Endergebnis: Union und SPD stürzen bei Europawahl ab

Ökonomen besorgt über starkes Abschneiden der AfD in Ostdeutschland

Bei der Europawahl in Deutschland haben Union und SPD herbe Stimmenverluste hinnehmen müssen. Laut vorläufigem Endergebnis kommt die CDU nur noch auf 22,6 Prozent und die CSU auf 6,3 Prozent. Die SPD kommt nur noch auf 15,8 Prozent und fällt sogar hinter die Grünen zurück, die 20,5 Prozent erreichen. Die AfD kommt auf 11,0 Prozent, die Linke auf 5,5 Prozent und die FDP auf 5,4 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 61,4 Prozent (2014: 48,1 Prozent).

Von den 96 deutschen Sitzen des Europäischen Parlaments belegt die Union 29, die Grünen stellen 21 Abgeordnete. Dahinter folgen SPD (16 Sitze), AfD (11 Sitze), Linke (5 Sitze) und FDP (5 Sitze). Die Satirepartei „Die Partei“ und die Freuen Wähler besetzen jeweils zwei Sitze, die Tierschutzpartei, ÖDP, Familien-Partei, Volt sowie Piratenpartei kommen jeweils auf ein Mandat im EU-Parlament. Auch dem europaweiten Wahlergebnis zufolge dürfte die Suche nach Mehrheiten im neuen EU-Parlament schwierig werden. Die EVP wird zwar die stärkste Fraktion stellen, verliert aber ebenso wie die Sozialdemokraten. Gemeinsam kommen die beiden größten Fraktionen nicht mehr auf eine Mehrheit, bei einer Zusammenarbeit mit den Liberalen würde es aber zum Beispiel reichen. Europakritiker konnten in einigen Ländern Erfolge erzielen. So wurde in Frankreich der rechte Rassemblement National von Marine Le Pen nach vorläufigen Zahlen stärkste Kraft. Die rechte Lega von Matteo Salvini schaffte dies in Italien. In Großbritannien setzte sich die Brexit-Partei von Nigel Farage klar durch. Dahinter folgen die proeuropäischen Liberaldemokraten. Labour kommt nur auf den dritten Rang, die regierenden Konservativen landeten nur auf Platz fünf.

Ökonomen besorgt über starkes Abschneiden der AfD in Ostdeutschland

Ökonomen haben besorgt auf das starke Abschneiden der AfD in Ostdeutschland bei den Europawahlen reagiert. Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, sprach im „Handelsblatt“ von einem „Armutszeugnis für die etablierte Politik“. Die großen Parteien hätten den Europawahlen zu wenig Bedeutung beigemessen und „konnten letztlich viele Bürgerinnen und Bürger nicht überzeugen“, sagte Fratzscher der Zeitung. Nun sei zu erwarten, dass die Rechtspopulisten auch bei den anstehenden Landtagswahlen „sehr stark“ abschneiden. Mit negativen wirtschaftlichen Effekten rechnet Fratzscher deshalb aber nicht. „Ich bezweifle, dass die AfD in irgendeinem Bundesland Regierungsverantwortung übernehmen könnte“, sagte er. „Trotzdem ist es wichtig, dass die etablierten Parteien endlich überzeugende Konzepte vorlegen, wie auch in Ostdeutschland mehr wirtschaftliche und soziale Chancen entstehen können und der wirtschaftliche Aufholprozess fortgesetzt werden kann.“ Ähnlich äußerte sich der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. Die Ergebnisse für die AfD seien regional gesehen „tatsächlich beängstigend“, sagte Schmieding dem „Handelsblatt“. Wirtschaftlich gesehen seien sie es allerdings nicht. „Die AfD wird auf absehbare Zeit keinerlei Einfluss auf die deutsche Wirtschaftspolitik nehmen können“, ist der Ökonom überzeugt. Bei etwa 11 Prozent, die die AfD bundesweit bei der Europawahl erzielt habe, leide der Ruf des Standorts Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern nicht. „Selbst an ostdeutschen Landesregierungen wird sie vorläufig nicht beteiligt sein.“ Für „politisch bedenklich“ hält Schmieding indes die „starke Diskrepanz“ zwischen alten Bundesländern, in denen vor allem die Grünen auf Kosten der alten Volksparteien zugelegt hätten, und den neuen Ländern, in denen stattdessen die Rechtspopulisten erstarkt seien. „Auf Dauer kann die mangelnde Weltoffenheit den ohnehin schleppenden Aufholprozess der neuen Länder weiter verzögern beziehungsweise innerhalb dieser Länder die Kluft zwischen einigen blühenden Metropolen wie Berlin, Leipzig und Erfurt einerseits sowie den eher abgelegenen Regionen noch weiter vertiefen“, warnte der Ökonom. +++

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