Bericht: Krahs Büro rief EU-Geheimdokumente ab

Demoskop hält AfD-Wähler für immun gegen negative Informationen

Das Büro des AfD-Politikers Maximilian Krah soll im Handelsausschuss des EU-Parlaments in den vergangenen Jahren mehrfach geheime Dokumente über die Außenwirtschaft des Staatenbundes abgerufen haben. Das berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf eine interne Untersuchung der Ausschuss-Verwaltung über die Nutzung des sogenannten „Sharepoints“ des Gremiums. Darüber haben die Abgeordneten Zugang zu Dokumenten des Staatenbundes.

In EU-Parlamentsausschüssen sind die Dokumente in drei Vertraulichkeitsstufen eingeordnet. Der Auswertung der Ausschuss-Verwaltung nach soll das Büro Krahs mehrfach Dokumente angefordert haben, die als „sensibel“ oder „gesperrt“ eingestuft gewesen seien. Dazu zählten etwa Analysen der Außenhandels-Strategien von Partnerstaaten oder Dokumente über den Verlauf von Handelsgesprächen, hieß es. Papiere, die als „vertraulich“ gestempelt waren, soll Krahs Büro der Untersuchung zufolge nicht angefordert haben. Ob der AfD-Politiker persönlich oder seine Assistenten die Dokumente abgerufen haben, gehe aus der Analyse nicht hervor, hieß es weiter. Krah antwortete nicht auf eine Nachfrage des „Spiegel“, ob der Mitarbeiter, der im Mittelpunkt der Spionagevorwürfe steht, Zugang zum Sharepoint hatte. Wie mehrere Abgeordnete dem Nachrichtenmagazin berichten, sei der Zugang für die Mitarbeiter übliche Praxis im Parlament. Der „Süddeutschen Zeitung“ sagte Krah, er habe prüfen lassen, ob der Mitarbeiter Zugang zu als geheim eingestuften Dokumenten gehabt habe. Ergebnis: negativ.

Das EU-Parlament versucht dem Vernehmen nach intern aufzuklären, da es nur spärlich von den Geheimdiensten der Nationalstaaten informiert wird. Hintergrund sind nicht nur ein mutmaßlicher chinesische Spion bei der AfD, sondern auch mögliche Zahlungen aus Russland an mehrere EU-Abgeordnete im Zusammenhang mit dem Portal „Voice of Europe“. Am vorvergangenen Donnerstag informierte Parlamentspräsidentin Roberta Metsola die Fraktionsvorsitzenden über Gespräche mit Vertretern der tschechischen, polnischen und belgischen Behörden zu deren Geheimdienstinformationen. Der „Spiegel“ berichtet über ein entsprechendes internes Briefingdokument zu der Sitzung. Die belgischen Sicherheitsbehörden sind demnach überzeugt, ausreichende Beweise dafür zu haben, dass ausländische Regierungen Geld an EU-Parlamentarier gezahlt haben. Es gebe jedoch nicht Untersuchungen zu allen EU-Abgeordneten, die in der Presse genannt werden. Darüber hinaus gebe es aber Untersuchung zu anderen Abgeordneten, die bisher noch nicht in der Presse genannt wurden. Namen wollten die Sicherheitsbehörden dem EU-Parlament bisher nicht liefern.

Demoskop hält AfD-Wähler für immun gegen negative Informationen

Matthias Jung, Vorstandsmitglied des Meinungsforschungsinstituts Forschungsgruppe Wahlen, hält es nicht für realistisch, dass die Spionage- und Korruptionsvorwürfe die Wahlchancen der AfD schmälern. „Man muss sich davor hüten zu glauben, da gibt es Negativschlagzeilen und jetzt bricht die Zustimmung für die AfD ein – das ist illusionär“, sagte er der „Rheinischen Post“ am Freitag. „Bei so stark populistisch-ideologisch geprägten und auch rechtsextremen Parteien ist das so eine Sache mit Skandalen. Ihre Wählerschaft ist sehr heterogen, aber man kann sagen, dass es einen Teil gibt, der immun ist gegen negative Informationen – selbst wenn es um Bestechung oder Spionage wie jetzt bei der AfD geht“, so Jung weiter. Diese Immunität erklärt der Demoskop mit dem Phänomen der kognitiven Dissonanz aus der Psychologie. „Menschen ändern ihre Einstellungen und Erinnerungen so ab, dass sie keine Widersprüche mehr aushalten müssen“, erklärte Jung. „Es gibt die, die tatsächlich glauben, dass es eine von den etablierten Parteien befeuerte Kampagne ist, die jetzt gezielt vor der Europawahl inszeniert wird. Dann gibt es die, die die AfD so oder so aus purem Trotz wählen. Und dann gibt es die Wähler mit einem geschlossen rechtsextremen Weltbild, die das alles gar nicht stört, die die Nähe zu autoritären Systemen völlig unproblematisch finden.“ Wäre am nächsten Sonntag Bundestagswahl, käme die AfD aktuell auf 17 Prozent, wie geht aus dem am Freitag veröffentlichten neuen „Politbarometer“ im Auftrag des ZDF hervorgeht. Bei der Europawahl käme die AfD demnach aktuell auf 15 Prozent. +++

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