Vom Landkreis Fulda nach Southampton über Kassel und wieder zurück

Verena Tobert aus Gersfeld/Rhön und Jessamine Kohlmann aus Fulda

Fulda. Für zwei junge Frauen aus dem Landkreis Fulda heißt es in den nächsten Tagen „Koffer packen“: Denn ab nächster Woche beginnen Verena und Jessamine ein Medizinstudium in der südenglischen Hafenstadt Southampton. Unterstützung bekommen sie vom Landkreis Fulda, der zwei Stipendien für den deutsch-englischen Medizinstudiengang der Kassel School of Medicine vergeben hat.

Warum habt ihr euch für ein Medizinstudium entschieden?

Jessamine: Die Entscheidung für das Medizinstudium ergab sich für mich bereits nach ersten Praktika im Klinikum beziehungsweise im Herz-Jesu Krankenhaus Fulda. Ich finde es faszinierend, als Arzt physischer und psychischer Krankheiten entgegenzuwirken.

Verena: Eine Motivation für mich ist es auch, das Medizinerdeutsch für den Patienten verständlicher zu machen. Denn meines Erachtens könnte eine Vielzahl von Krankheiten vermieden werden, wenn die Betroffenen Ursache und Behandlung verstehen würden. Ich möchte mich für mehr Klarheit und Verständnis gegenüber der Schulmedizin einsetzen.

In den nächsten Tagen beginnt in Southampton für euch ein neuer Lebensabschnitt. Was werdet ihr fühlen, wenn ihr in das Flugzeug steigt?

Verena: Eine kleine Anspannung, große Vorfreude und ein Hauch Melancholie. Aber verstärkt blicke ich gerade in Richtung Studium. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass wir eine Menge netter Leute kennenlernen werden.

Jessamine: In einem fremden Land mit einer anderen Kultur zu leben, verlangt ziemlich viel Offenheit für möglicherweise unerwartete Herausforderungen. Andererseits überwiegt doch eher die Vorfreude, wenn man bedenkt, was für eine tolle Chance es ist, im Ausland studieren zu dürfen. Der Unterricht findet in Kleingruppen statt. Die Sprache ist Englisch. Kriterien, die sicherlich für den ein oder anderen ein Bewerbungshindernis waren. Für euch aber scheinbar nicht.

Verena: Das ist doch genau der Reiz. Heute ist Englisch als eine Art Weltsprache aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ich habe durch Schüleraustausch und Urlaub mit anderen Kulturen wirklich gute Erfahrungen gemacht und sehe Englisch als eine Chance, internationale Beziehungen weiter zu stärken.

Jessamine: Durch die große Bandbreite an Medien, die sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch angeboten werden, ist es meiner Meinung nach eine Frage der Motivation, die über die Qualität der englischen Sprachfähigkeit entscheidet. Für mich war speziell der bilinguale Unterricht in der Schule eine wesentliche Hilfe. Zusätzlich haben mir auch mehrere Aufhalte in England sowie der Kontakt mit Muttersprachlern den Umgang mit der englischen Sprache erleichtert.

Fünf anspruchsvolle Studienjahre stehen vor euch. Da bleibt wenig Zeit für Freizeit. Gibt es Hobbys, die euch zwischendurch ein wichtiger Ausgleich sind?

Verena: In erster Linie Sport. Laufen und Radfahren möchte ich auch weiterhin aktiv betreiben.

Jessamine: Tägliche Bewegung an der frischen Luft ist auch für mich unverzichtbar. Meine Begeisterung zum Klavier- und Gitarrenspiel wird sich durch den Umzug wahrscheinlich et-was schwieriger verwirklichen lassen.

Nach dem Studium an einer renommierten Klinik in Hamburg oder Berlin arbeiten zu können, ist für viele junge Ärzte verlockend. Durch das Stipendium habt ihr euch jedoch für einen Arbeitsplatz im Landkreis Fulda entschieden. Was reizt euch daran, in die Heimat zurückzukehren?

Jessamine: (lacht) Hamburg oder Berlin, das klingt sehr verlockend. Aber viel schöner ist es doch, ausgestattet mit den neu erworbenen Erfahrungen in der vertrauten Umgebung beruflich tätig werden zu können, wo man seine Wurzeln hat. Außerdem habe ich bisher noch keine Großstadt kennengelernt, deren Flair mit der Naturnähe, die es bei uns gibt, mithalten konnte.

Verena: Mir war lange Zeit egal, wo ich wohne, bis ich öfter vor die Tür gegangen bin. Mittlerweile habe ich die einsamen Waldwege oder die Trampelpfade in luftiger Höhe zu schätzen gelernt. Ich bin glücklich, wenn ich durch die ‚Hohe Hölle‘ jogge, schlotternd aus dem Guckaisee steige oder ab und zu die traditionellen Feste in der Umgebung besuche. Dass genau diese tolle Region Ärzte braucht, kommt mir deshalb wie gerufen.

Das Stipendium für ein fünfjähriges Studium der Human-Medizin richtet sich an junge Menschen aus der Region. Pro Jahr und Student fallen Studiengebühren von 12.000 Euro an, die der Landkreis in Form eines zinslosen Darlehens übernimmt. Die Rückzahlung des Darlehens entfällt, wenn die jungen Mediziner nach Vollapprobation im Landkreis Fulda tätig werden. +++ fuldainfo | lk – Bild: Jessamine Kohlmann und Verena Tobert (v.li.)