Verbraucherschutzministerium besorgt wegen Daimler-Abgasaffäre

Grünen-Chef wirft Bundesregierung "Kumpanei" mit Autoindustrie vor

Berlin. Die Ermittlungen zu möglichen Abgasmanipulationen beim Stuttgarter Autobauer Daimler sorgen für Alarmstimmung innerhalb der Bundesregierung. „Wenn sich herausstellen sollte, dass ein weiterer deutscher Weltkonzern seine Kunden und Behörden betrogen hat, dann wäre das ein deutlicher Schaden für den gesamten Industriestandort Deutschland“, sagte der Verbraucherschutz-Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Ulrich Kelber (SPD), dem „Handelsblatt“. Es sollte daher „im eigenen Interesse der Branche liegen, ihre Glaubwürdigkeit und damit auch viele Tausend Arbeitsplätze in Deutschland zu bewahren“, fügte Kelber hinzu. „Wenn die Technologien, die verbaut werden, nicht dem Stand der Technik entsprechen und dann die Luftreinhaltung torpediert wird, dann muss der Druck deutlich erhöht werden.“

Kelber kündigte Maßnahmen an, „die auch international Wirkung zeigen“. Neben Sanktionsmöglichkeiten solle es in Zukunft unabhängige Tests geben. „Zusätzlich zu den Typgenehmigungen sollte es eine bessere Marktüberwachung geben“, sagte er. Beim Kraftfahrtbundesamt sollte zudem künftig verstärkt auch der Verbraucherschutz eine Rolle spielen, so Kelber weiter. „Wie bei anderen Institutionen auch, etwa der Bafin, sollte deshalb ein Verbraucherbeirat eingesetzt werden, wo Vertreterinnen und Vertreter der Verbraucherseite in die Aufgaben der Behörde miteingebunden werden.“ Wegen der Daimler-Ermittlungen sieht Kelber nun auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in der Pflicht. Dobrindt habe sich „etwas zu sehr schützend vor die Unternehmen gestellt“, sagte er. „Der Verkehrsminister braucht dringend eine Korrektur seines zurückhaltenden Umgangs mit der Autoindustrie.“

Dobrindt müsse jetzt helfen, „gegen die Betrüger innerhalb der Automobilindustrie vorzugehen, um den Ruf der Branche und des Industriestandorts Deutschland zu retten“, verlangte der SPD-Politiker. Die Unterstützung der Musterfeststellungsklage wäre ein erster Schritt. „Wir brauchen endlich ein Instrument, wo Verbraucherinnen und Verbraucher sich gegen große Konzerne, die massenhaft Schaden verursachen, endlich gemeinsam zur Wehr setzen können, ohne ein großes Kostenrisiko einzugehen und ein großer Experte sein zu müssen.“ Deshalb fordere er: „Keine Blockade mehr der Musterfeststellungsklage durch den Koalitionspartner, sondern mutiges Voranschreiten.“

Grünen-Chef wirft Bundesregierung „Kumpanei“ mit Autoindustrie vor

Grünen-Chef Cem Özdemir hat der Bundesregierung in der Abgas-Affäre „Kumpanei“ mit der deutschen Autoindustrie vorgeworfen. „Diese unsinnige Kumpanei zwischen Regierung und Autoindustrie – die einen tun so, als ob sie Grenzwerte einhalten und die anderen, als ob sie ernsthaft kontrollieren – muss endlich aufhören“, sagte Özdemir der „Rheinischen Post“. „Die deutsche Autoindustrie muss die Nachrüstungskosten bei den betroffenen Diesel-Autos komplett übernehmen“, forderte Özdemir. Zudem müsse die Regierung die steuerliche Begünstigung des Diesel-Kraftstoffs schrittweise abbauen. „Das Dieselprivileg ist nicht mehr begründbar und muss Schritt für Schritt komplett abgeschafft werden“, sagte Özdemir, der Spitzenkandidat seiner Partei für die Bundestagswahl ist. In die Abgas-Affäre war zuletzt auch der Daimler-Konzern geraten. +++

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