Thüringens Ministerpräsident will neue Nationalhymne

Bisher hat dieser Wunsch leider immer nur für empörte Aufregung gesorgt

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke)

30 Jahre nach dem Mauerfall sollte sich Deutschland nach Ansicht des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) für eine neue Nationalhymne entscheiden. „Ich singe die dritte Strophe unserer Nationalhymne mit, aber ich kann das Bild der Naziaufmärsche von 1933 bis 1945 nicht ausblenden“, sagte Ramelow der „Rheinischen Post“. Nach dem Mauerfall sei der Vorschlag des verfassungsgebenden Runden Tisches der DDR abgelehnt worden, zugunsten von Bertolt Brechts „Kinderhymne“ auf beide deutschen Hymnen zu verzichten.

Heute werde darüber diskutiert, ob der AfD-Politiker Björn Höcke die erste – von den Nazis missbrauchte – Strophe der Hymne mitsinge oder nicht. Ramelow sagte: „Viele Ostdeutsche singen die Hymne nicht mit, und ich würde mir wünschen, dass wir eine wirklich gemeinsame Nationalhymne hätten. Bisher hat dieser Wunsch leider immer nur für empörte Aufregung gesorgt.“ Vielleicht gebe es aber etwas ganz Neues: „Einen neuen Text, der so eingängig ist, dass sich alle damit identifizieren können und sagen: Das ist meins.“

Ramelow bedauerte ferner, dass der Westen nicht die Errungenschaft der DDR des längeren gemeinsamen Lernens in der Schule übernommen habe, welche soziales Verhalten fördere. „Wenn wir in der digitalisierten und beschleunigten Welt die soziale Kompetenz nicht stärken, werden wir uns noch schwer wundern. Wir schaffen dann auf den Einsatz von Ellenbogen trainierte Leute, die als Vorgesetzte in den Firmen zum Problem werden, weil sie so etwas wie Rücksicht und Einfühlungsvermögen nie gelernt haben. Wenn wir demgegenüber eine andere, sozialere Entwicklung unserer Schüler wünschen – das Schulsystem in der DDR minus Margot Honecker und dem ganzen ideologischen Brimborium böte dafür durchaus einiges an Potenzial.“ +++