SPD will Autokonzerne zu Hardware-Nachrüstungen zwingen

Grüne zweifeln an Frist für Abgas-Software

Andrea Nahles (SPD)
Andrea Nahles (SPD)

Berlin. Die SPD hat zur Abwendung von Fahrverboten Hardware-Nachrüstungen von Dieselfahrzeugen auf Kosten der Hersteller gefordert. „Software-Nachrüstungen der Dieselfahrzeuge reichen nicht aus. Wir brauchen auch Hardware-Nachrüstungen von Euro-5- und Euro-6-Fahrzeugen“, sagte SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles der „Passauer Neuen Presse“. „Die SPD-Bundestagsfraktion wird Druck machen. Bundesumweltministerin Svenja Schulze macht ebenfalls Tempo. Ziel sind technische Nachrüstungen auf Kosten der Hersteller“, so die Parteivorsitzende. Ansonsten werde das Vertrauen der Verbraucher in den Diesel weiter schwinden.

Es brauche jetzt „politischen Druck, um die Dieselfahrer nicht im Regen stehen zu lassen und Fahrverbote zu verhindern“. Die am Mittwoch von Hamburg angekündigten Fahrverbote hätten klargemacht, dass Städte und Kommunen nicht alleine für die Einhaltung der Stickoxid-Grenzwerte sorgen könnten. „Wir müssen an die Quelle ran“, machte Nahles deutlich. Bislang hatte die SPD in der Frage der Hardware-Nachrüstungen mit Blick auf die Kosten und die technischen Hürden eine Festlegung vermieden, die Union und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sind weiter dagegen. Zur Begründung des SPD-Kurswechsels sagte Nahles: „Neue Erkenntnisse aus dem Bundesverkehrsministerium widerlegen die Behauptung, Hardware-Nachrüstungen seien technisch nur sehr eingeschränkt machbar und wirtschaftlich nicht sinnvoll.“ Hinzu käme „der Eindruck, die Hersteller haben insgesamt den Schuss immer noch nicht gehört, wie die jüngsten Meldungen zu Audi und Daimler zeigen“, sagte die Parteivorsitzende weiter. „Es kann nicht sein, dass es immer noch illegale Abschaltvorrichtungen an der Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen gibt. Millionen Verbraucher sind hier die Geschädigten.“ Um den betroffenen Autohaltern zu helfen, will die SPD die Einführung der Musterfeststellungsklage bis zum November sicherstellen, kündigte Nahles an. Ende des Jahres verjähren die Schadensersatzansprüche gegen die Hersteller.

Der Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) ist bereits vom Kabinett gebilligt worden. In der Unionsfraktion gibt es nach Nahles` Angaben allerdings noch erheblichen Widerstand. Die SPD werde dafür sorgen, „dass es zu keiner weiteren Verzögerung kommen wird“, sagte die SPD-Chefin. „In der nächsten Sitzungswoche werden wir das im Bundestag weiter auf den Weg bringen, damit es bis November im Gesetzblatt steht.“ Die Musterfeststellungsklage sei ein wichtiges Instrument, um den Kunden bei Manipulationen mehr Rechte zu geben. „Mit dieser `Eine-für-Alle-Klage` werden wir auch in Deutschland die Möglichkeit schaffen, dass nicht jeder Betroffene einzeln gegen die Konzerne mit ihren Top-Anwälten klagen muss, sondern bei Manipulationen Unterstützung erhält“, so Nahles.

Grüne zweifeln an Frist für Abgas-Software

Der Grünen-Verkehrspolitiker Stephan Kühn bezweifelt, dass die Autobauer die von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gesetzte Frist zum Umrüsten älterer Diesel mit besserer Abgas-Software einhalten werden. „Verkehrsminister Scheuer gibt sich durchsetzungsstark, indem er den Autoherstellern Fristen für die Software-Updates setzt“, sagte Kühn dem „Handelsblatt“. „Doch Scheuer steht mit leeren Händen da, denn weder kann er bestehende Rechtsgrundlagen oder Sanktionsmöglichkeiten benennen, noch hat er welche geschaffen.“ Scheuer hatte zuvor in einem Interview erklärt, die Autobauer müssten „bis 1. September die Software-Entwicklung für die Updates abgeschlossen haben“. Danach könne das Kraftfahrt-Bundesamt alle Updates prüfen und freigeben. Nur so sei die Zusage zu erreichen, bis Jahresende 5,3 Millionen Autos umgerüstet zu haben. Ein Druckmittel gegen die Autobauer hat das Ministerium jedoch nicht in der Hand, wie es in einer Antwort auf eine entsprechende Frage Kühns einräumte. Die Antwort liegt dem „Handelsblatt“ nach eigenen Angaben vor. Kühn warnte vor diesem Hintergrund: Da bisher „nur eine Handvoll Autos“ ein freiwilliges Software-Update bekommen hätten, werde Scheuer wohl sein Ziel verfehlen, alle Umrüstungen bis Jahresende abzuschließen. „Statt sich weiter mit Software-Updates zu befassen, die kaum etwas bringen, sollte sich Verkehrsminister Scheuer stattdessen zu wirksamen Hardware-Nachrüstungen bekennen“, forderte der Grünen-Politiker. „Nur so können wir die Luftqualität in den Städten spürbar verbessern.“ +++