Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Hermann Gröhe (CDU), hat SPD-Chef Lars Klingbeil für dessen Forderung nach einer Mindestlohnerhöhung kritisiert. „Nun tritt ein, wovor die Union stets gewarnt hat: Die SPD betreibt die Politisierung der Lohnfindung und entmachtet damit die Tarifpartner“, sagte der CDU-Politiker dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Eine Erhöhung des Mindestlohns ist Sache von Gewerkschaften und Arbeitgebern im Rahmen der Mindestlohnkommission“, so Gröhe.
Klingbeil hatte der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ gesagt, dass er von der Mindestlohnkommission erwarte, beim nächsten Mal eine deutliche Erhöhung der Lohnuntergrenze vorzuschlagen. Im vergangenen Jahr hatten die Arbeitgebervertreter gemeinsam mit der Vorsitzenden der Kommission erstmals gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter eine Erhöhung des Mindestlohns um 41 Cent empfohlen. Letztere hatten eine Erhöhung auf 14 Euro angestrebt. Streitpunkt in den Verhandlungen war der Umgang mit der vorangegangenen Erhöhung des Mindestlohns durch die Ampelkoalition auf 12 Euro sowie die Inflation, die deutlicher gestiegen war als die Tarifabschlüsse Schritt halten konnten. Bis November muss die Bundesregierung eine EU-Richtlinie zum Mindestlohn umsetzen. Die Mitgliedstaaten sollen demnach Indikatoren und entsprechende Referenzwerte verwenden, um die Angemessenheit des gesetzlichen Mindestlohns zu beurteilen. Die Richtlinie nennt dabei die Möglichkeit, den Bruttomindestlohn auf 60 Prozent des mittleren Bruttolohns festzusetzen.
Berliner Arbeitssenatorin forderte Mindestlohn über 14 Euro
Die Berliner Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) fordert einen Mindestlohn von über 14 Euro. „Die Realität heute hat sich angesichts von Inflation und Preissteigerungen für viele Menschen geändert, und zwar vor allem für diejenigen mit niedrigstem Einkommen“, sagte Kiziltepe, die der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit in der SPD vorsitzt, dem „Spiegel“. „Die Lohnuntergrenze muss sich dieser neuen Realität anpassen und deutlich erhöht werden.“ Wenn man sich an der EU-Mindestlohnrichtlinie orientiere, „bräuchten wir in Deutschland heute einen Mindestlohn von über 14 Euro“, so Kiziltepe. Den Mindestlohn anzupassen, obliegt hierzulande einer Kommission, in der Gewerkschaften und Arbeitgeber vertreten sind. Diese Kommission stand zuletzt in der Kritik, seit sie im vergangenen Jahr trotz stark steigender Preise empfohlen hatte, den Mindestlohn für 2024 um lediglich 41 Cent anzuheben. 2022 hatte die Ampelkoalition den Mindestlohn allerdings bereits auf zwölf Euro erhöht. „Das Verfahren und die Zusammensetzung der Mindestlohnkommission sind dringend reformbedürftig“, sagte Kiziltepe. +++