SPD verlangt von VW „faires Angebot“ für geschädigte Diesel-Kunden

Die neue Musterfeststellungsklage wirke

Volkswagen

Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Fechner, hat den Volkswagen-Konzern aufgefordert, in den Diesel-Vergleichsverhandlungen mit dem Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) rasch ein Angebot vorzulegen. „VW sollte jetzt nicht lange taktieren, sondern den betroffenen Verbrauchern schnell ein faires Angebot machen“, sagte Fechner dem „Handelsblatt“. Dass VW jetzt zu „ernsthaften“ Vergleichsgesprächen bereit ist, sei „überfällig“ gewesen und für die betroffenen Verbraucher „ein guter Start ins neue Jahr“.

Die neue Musterfeststellungsklage wirke, „denn ohne den Druck der über 400.000 Musterkläger hätte sich VW nie zu Vergleichsgesprächen bereit erklärt“, so Fechner. Die Grünen reagierten zurückhaltend auf die anstehenden Vergleichsverhandlungen. Der Fall zeige, dass es für sämtliche Beteiligte wenig attraktiv sei, die Musterfeststellungsklage tatsächlich bis zu Ende zu führen. „Das Verfahren ist in seiner konkreten Ausgestaltung mit vielen Unsicherheiten verbunden und kann per se nicht zu einem Leistungsurteil zugunsten der Verbraucher führen“, sagte die rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Katja Keul, der Zeitung. „Dabei wäre es sowohl im öffentlichen Interesse als auch im Interesse der Betroffenen, hier endlich Klarheit durch eine gerichtliche Entscheidung zu bekommen.“ Im Falle eines Vergleiches wäre „diese Chance wahrscheinlich endgültig vertan“. Hintergrund ist, dass sich ein Gerichtsverfahren im Rahmen einer Musterfeststellungsklage lediglich mit den Grundfragen der Haftung beschäftigt und nur darüber Feststellungen treffen kann. Es kommt dabei nicht zu einem für die einzelnen Beteiligten vollstreckbaren Leistungsurteil. Im VW-Fall müssten die Käufer anschließend immer noch ihren individuellen Schaden einklagen, ohne die Unterstützung durch den Verbraucherverband.

CDU-Politiker Hirte sieht möglichen Diesel-Vergleich kritisch

Der Vize-Vorsitzende des Bundestags-Rechtsausschusses, Heribert Hirte (CDU), sieht die Vergleichsverhandlungen der Verbraucherschützer mit Volkswagen im Diesel-Verfahren kritisch. Es sei sicher erst einmal zu begrüßen, wenn es bei diesem komplexen Streit auch für deutsche Kunden eine „einvernehmliche Lösung“ gebe: „Dass dann aber die Hintergründe des Vorgehens der Automobilindustrie möglicherweise nie geklärt werden, ist eine Schattenseite“, sagte Hirte dem „Handelsblatt“. Aus rechtspolitischer Sicht wäre es zudem wünschenswert, „wenn man erst einmal eine gerichtliche Klärung der Frage bekommen würde, ob die geltend gemachten Ansprüche verzinst werden müssen oder ob zu Lasten der Geschädigten eine Nutzungsentschädigung abgezogen werden darf“. Als positiv wertet Hirte indes, dass in einem Vergleich das im Gesetzgebungsverfahren bemängelte Defizit der Musterfeststellungsklage, dass sie keine vollstreckbaren Titel schaffe, regelbar sei  . Womöglich werde aber „eine Diskussion über die Frage wieder aufleben, warum – anders als etwa in den USA – nur die im Klageregister registrierten Geschädigten am Erfolg partizipieren dürfen“. Der CSU-Rechtspolitiker Volker Ullrich wertet die Annäherung im Dieselstreit als einen Erfolg des neuen Verbraucherklage-Instruments. „Die Musterfeststellungsklage wirkt“, sagte Ullrich dem „Handelsblatt“ mit Blick auf die beginnenden Vergleichsverhandlungen zwischen VW und dem klageführenden Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Das mit der Musterfeststellungsklage verbundene Ziel sei gewesen, dass Verbraucher ihre Ansprüche gemeinsam geltend machen und damit auf Augenhöhe mit den beklagten Unternehmen sind. „Im Gesetzgebungsverfahren gingen wir davon aus, dass sich ein hoher Vergleichsdruck ergeben wird, was jetzt offenkundig belegt wird“, so Ullrich. +++