Schulz kritisiert Nahles-Vorstoß zur Wiederwahl

Weil verärgert über neue SPD-Führungsdebatte

Martin Schulz (SPD)
Martin Schulz (SPD)

Der ehemalige SPD-Vorsitzende Martin Schulz hat das Vorhaben von Andrea Nahles kritisiert, sich in der kommenden Woche vorzeitig einer Wiederwahl zur SPD-Fraktionsvorsitzenden zu stellen. „Diese Wahl ist für September angesetzt“, sagte Schulz der Wochenzeitung „Die Zeit“. Der Fraktion sollte die Zeit gegeben werden, die letzten Entwicklungen zu analysieren. „Wir sollten Ruhe bewahren und die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit treffen“, so Schulz weiter.

Auf die Frage, ob er selbst gegen Nahles antreten werde, sagte er: „Diese Frage stellt sich zurzeit nicht.“ Schulz bezeichnete das aktuelle Erscheinungsbild seiner Partei als mutlos. „Uns fehlt die Bereitschaft, uns die Kapitalisten einmal richtig vorzuknöpfen meinetwegen auch mal populistisch zu sein“, sagte der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat. Gerechtigkeit werde nur möglich sein, wenn „die ausufernde Marktmacht von Giganten wie Google, Amazon oder Facebook“ beherzt bekämpft werde. „Die Sozialdemokratie wird an dem Tag wiedergeboren, an dem sie den Mut besitzt zu sagen: Der Klassenkampf, der Kampf um Gerechtigkeit, ist immer noch da, aber er wird nicht mehr national, er muss jetzt international geführt werden“, sagte Schulz weiter. Gleichzeitig räumte er eigene Fehler ein. Er selbst habe zwar im Herbst 2017 schon gesagt, dass die SPD die Systemfrage wieder stellen müsse. Er habe es damals aber versäumt, „diese Frage nachhaltig und laut genug fortzuführen“. Und weiter: „Wir brauchen aber diese Debatte: energischer, selbstbewusster und vor allem europäisch“, so Schulz.

Weil verärgert über neue SPD-Führungsdebatte

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist auf Distanz zu der Entscheidung von Parteichefin Andrea Nahles gegangen, vorzeitig über ihren Posten an der Spitze der SPD-Fraktion abstimmen zu lassen. „Das ist eine persönliche Entscheidung, die ich nicht kommentieren muss“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die SPD befindet sich in ausgesprochen schwierigen Zeiten. Meine Haltung ist immer gewesen, dass Führung gerade dann Unterstützung braucht.“ Aber jetzt werde es in der Bundestagsfraktion eine Entscheidung geben. Zu Spekulationen, der gescheiterte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz könnte gegen Nahles antreten, sagte Weil: „Es werden derzeit viele Namen genannt. Der SPD nutzt das alles nicht.“ Der Ministerpräsident wandte sich gegen Forderungen aus seiner Partei, die geplante Halbzeitbilanz der Großen Koalition vorzuziehen. „Dieser Auffassung bin ich ausdrücklich nicht“, sagte Weil. „Debatten über die Große Koalition lenken ebenso wie Personaldebatten von unserer Schlüsselfrage ab: Wie muss sich die SPD aufstellen, damit sich ein Wahlabend wie am Sonntag nicht wiederholt?“ Dafür müssten die Sozialdemokraten „sehr hart und sehr schnell arbeiten“. Eine zweite Halbzeit der Großen Koalition müsse erfolgreicher sein als die erste, forderte Weil. Als Voraussetzung für eine Fortführung von Schwarz-Rot nannte er „vor allem klare Entscheidungen, zum Beispiel zum Klimaschutz“, und ein „deutlich besseres Erscheinungsbild“. Die Koalition solle „weniger in der Öffentlichkeit streiten“. Er könne verstehen, dass viele Bürger davon genervt seien. +++

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