Scholz will Abhöraktion „intensiv und sehr zügig“ aufklären

Kiesewetter warnt vor weiteren Abhöraktionen Russlands

Bundeskanzler Olaf Scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will den Skandal um einen von Russland veröffentlichten Audio-Mitschnitt eines Gesprächs deutscher Offiziere schnell aufklären. „Das, was dort berichtet wird, ist eine sehr ernste Angelegenheit, und deshalb wird das jetzt sehr sorgfältig, sehr intensiv und sehr zügig aufgeklärt, das ist auch notwendig“, sagte Scholz am Samstag am Rande seines Besuchs im Vatikan. Russische Medien hatten zuvor eine Aufzeichnung einer internen Besprechung von Luftwaffenoffizieren veröffentlicht.

In dem knapp 40-minütigen Gespräch, das am 19. Februar stattgefunden haben soll, wurde die theoretische Möglichkeit eines Taurus-Einsatzes durch die Ukraine diskutiert und die Frage erörtert, wie die Luftwaffe einen solchen Einsatz unterstützen könnte. Der Mitschnitt hat eine vergleichsweise gute Tonqualität, zwischendurch sagt ein Teilnehmer: „Stell dir mal vor, das kommt an die Presse“. Die Bundesregierung war bislang streng darauf bedacht, den Eindruck zu vermeiden, Deutschland könne Kriegspartei im Kampf zwischen Russland und der Ukraine werden.

Kiesewetter warnt vor weiteren Abhöraktionen Russlands

Der Vize-Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestages, Roderich Kiesewetter (CDU), hält die Berichte, wonach Kommunikation der Luftwaffe durch Russland abgehört worden sein soll, für authentisch. „Russland zeigt damit natürlich, wie stark es mit Mitteln von Spionage und Sabotage im Rahmen des hybriden Krieges umgeht, es ist zu erwarten, dass noch viel mehr abgehört wurde und geleakt wird, um Entscheidungen zu beeinflussen, Personen zu diskreditieren und zu manipulieren“, sagte Kiesewetter dem „Handelsblatt“. Das Gespräch der Bundeswehr-Offiziere scheine „gezielt geleakt“ worden zu sein, da Kanzler Olaf Scholz (SPD) öffentlich immer mehr unter Druck gerate, Taurus-Raketen an die Ukraine zu liefern. „Vermutlich soll der Bundeskanzler abgeschreckt werden, indem Russland zeigt, wie gut es über die Pläne technischer Unterstützung informiert ist.“ Sicherheitspolitisch müsse nun daher nochmals klar werden, „dass Russland uns längst als Kriegsgegner sieht“, sagte Kiesewetter weiter. „Wir sollten ein starker Gegner und kein schwacher sein.“ Umso wichtiger sei es jetzt, dass Deutschland ein Zeichen der Stärke sende und sich nicht einschüchtern lasse. Kiesewetter riet, endlich „all-in“ bei der Unterstützung für die Ukraine zu gehen, der Kanzler solle endlich die Taurus-Lieferung freigeben.

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), warnt unterdessen vor Naivität. „Spionage gehört zum Instrumentenkasten Russlands hybrider Kriegsführung“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Es ist weder überraschend noch verwunderlich, dass Gespräche abgehört werden. Es war nur eine Frage der Zeit, wann es öffentlich wird.“ Der Grund dafür, dass es gerade jetzt geschehe, liege auf der Hand. „Nachdem der Kanzler in der letzten Woche die Lieferung ausgeschlossen hat, die Gründe für seine Ablehnung aber binnen 24 Stunden von Fachleuten widerlegt worden sind, möchte man ihn offensichtlich davon abschrecken, doch noch grünes Licht zu geben“, so Strack-Zimmermann. Die FDP-Politikerin fordert: „Es muss endlich Schluss sein mit unserer Naivität. Cyberangriffe, Spionage und Desinformation sind bereits heute massiv angestiegen. Wir müssen dringend unsere Sicherheit und Spionageabwehr erhöhen, denn wir sind auf diesem Gebiet offensichtlich vulnerabel.“

Ministerium bestätigt Echtheit von Luftwaffen-Mitschnitt

Der in russischen Medien veröffentlichte Mitschnitt eines internen Gesprächs der Luftwaffe ist offenbar authentisch. Laut einem Bericht des ARD-Hauptstadtstudios bestätigte das Verteidigungsministerium die Echtheit des Materials. Am Freitag war im russischen Staatssender RT ein Audiomitschnitt eines knapp 40-minütigen Gesprächs veröffentlicht worden. Darin diskutieren mutmaßlich Offiziere der Luftwaffe über einen möglichen Einsatz deutscher Taurus-Marschflugkörper in der Ukraine.

FDP diskutiert über Bundeswehr-Abhöraffäre

Der FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber wertet den in russischen Internet-Kanälen kursierenden Audiomitschnitt eines abgehörten Gesprächs von Bundeswehroffizieren über den Marschflugkörper Taurus als Versuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin, in Deutschland Einfluss zu nehmen. „Putin versucht mit allen Mitteln Unruhe zu stiften“, sagte Faber der „Welt am Sonntag“. „Die Abhörung und Veröffentlichung dieses Gesprächsmitschnitts ist der neue Stil der Diktatur im Kreml.“ Für Fachleute ergäben sich aus dem Gesprächsmitschnitt „keine neuen oder geheimen Erkenntnisse“. Dennoch sei die Spionage „ärgerlich“, so Faber. Parteikollegin Marie-Agnes Strack-Zimmermann fordert Konsequenzen aus dem Vorfall. „Es muss endlich Schluss sein mit unserer Naivität. Cyberangriffe, Spionage und Desinformation sind bereits heute massiv angestiegen“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Wir müssen dringend unsere Sicherheit und Spionageabwehr erhöhen, denn wir sind auf diesem Gebiet offensichtlich vulnerabel.“ Spionage gehöre zum Instrumentenkasten von Russlands hybrider Kriegsführung, so Strack-Zimmermann. „Es ist weder überraschend noch verwunderlich, dass Gespräche abgehört werden. Es war nur eine Frage der Zeit, wann es öffentlich wird.“ Ziel der Veröffentlichung zum jetzigen Zeitpunkt sei, Kanzler Olaf Scholz (SPD) davon abzuschrecken, doch noch Taurus-Marschflugkörper in die Ukraine zu liefern, so Strack-Zimmermann. Fraktionsvize Konstantin Kuhle sagte dem „Handelsblatt“: „Sollte sich bewahrheiten, dass die interne Kommunikation der Bundeswehr kompromittiert wurde, bedarf es einer Generalrevision der gesamten internen Infrastruktur zur internen Kommunikation sicherheitsrelevanter Stellen in Deutschland.“ Der Vorfall müsse nun „gründlich untersucht“ werden. „Auch zwei Jahre nach der Eskalation des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine scheinen bestimmte staatliche Strukturen in Deutschland nicht hinreichend auf die Sicherheitslage eingestellt zu sein.“

Hofreiter: Kreml will mit Abhöraktion Taurus-Lieferung verhindern

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter wertet die Abhöraktion Russlands gegen Offiziere der Luftwaffe derweil als gegen die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gerichtet. Dem „Tagesspiegel“ sagte der Vorsitzende des Europa-Ausschusses: „Das Ziel Russlands mit dieser Abhöraktion ist, die Lieferung von Taurus zu verhindern.“ „Dass Russland dafür erstmals Geheimdienstinformationen offenlegt, zeigt, dass Taurus eine wirksame Unterstützung der Ukraine wäre.“ Das russische Vorgehen mache deutlich, dass Deutschland als ökonomisch stärkstes Land Europas und wichtiger Unterstützer der Ukraine ein Hauptziel russischer Propaganda und Desinformation sei. Inhaltlich ergebe sich aus den Gesprächsprotokollen mit Blick auf die bisherige Weigerung der Bundesregierung, Taurus-Marschflugkörper zu verhindern, wenig Neues. „Dass der Kanzler persönlich die Lieferung von Taurus blockiert, wissen wir seit Langem“, sagte Hofreiter. In dem abgehörten Gesprächsmitschnitt ging es unter anderem um die Frage, ob Taurus-Raketen von der Ukraine ohne Bundeswehrbeteiligung genutzt werden können. +++