Sammet: Lauterbach hat viel Vertrauen verspielt

Krankenhausgesellschaft mahnt zur Eile bei Klinikreform

Michael Sammet, Geschäftsführer des Herz-Jesu-Krankenhauses

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will im Rahmen der geplanten Krankenhausreform rund 40 Prozent der Kliniken herabstufen. In Hessen würden von derzeit 132 Kliniken fast die Hälfte (64) zu „Level-1i-Krankenhäusern“ werden. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, kritisierte Lauterbachs Pläne. „Wir müssen die klassische Notfallversorgung wohnortnah sicherstellen“, sagte er der „Bild“. „Es darf nicht so weit kommen, dass der Rettungswagen an den Kliniken vorbeifährt, nur weil sie heruntergestuft wurden.“ Die klassische Versorgung müsse weiter garantiert bleiben, sagte Landsberg dem Blatt. Die Probleme müssten gerade in den Kommunen transparent angesprochen werden. Da helfe es allerdings wenig, Kliniken weiterhin „Kliniken“ zu nennen, die keine mehr sind, sagte Landsberg. „Das wären dann eher medizinische Versorgungszentren.“ Wir haben beim Geschäftsführer des Herz-Jesu-Krankenhauses Fulda, Michael Sammet, nachgefragt, was er von der Reform hält.

Sammet: Eine gute Krankenhausreform muss immer die medizinische Versorgung vor Ort im Blick haben

Michael Sammet erläuterte hierzu: „Zunächst einmal hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach mit seiner Vorgehensweise, einen Reformentwurf im Dezember zu präsentieren, ohne die Konsequenzen zu analysieren, viel Vertrauen zerschlagen. Sollte seine Reform tatsächlich dazu führen, dass ein erheblicher Teil der Krankenhäuser geschlossen würde, wäre dies für die Bevölkerung und letztlich für die Patienten eine Katastrophe. Zwar scheint es so, dass Herr Lauterbach mit kleinen Schritten auf die Länder zugeht, letztendlich bleibt jedoch abzuwarten, wie das endgültige konzertierte Ergebnis zwischen Bund und Ländern aussieht. Eine gute Krankenhausreform muss immer die Versorgung vor Ort im Blick haben und darf nicht von starren Vorgaben vom Bund abhängig sein. So muss Krankenhausplanung auch weiterhin Ländersache sein. Die bis jetzt vorliegenden Überlegungen für eine Reform würden in erheblichem Maße auch sehr gute sowie bewährte Strukturen vor Ort zerschlagen und für die Bürger eine nachhaltige Verschlechterung der Gesundheitsversorgung bedeuten. Darüber hinaus gibt es bisher keinerlei Überlegungen im Zuge der Reform, wie die desolate Finanzierung der laufenden Kosten vieler Krankenhäuser verbessert werden kann. Wenn es hier in absehbarer Zeit keine Änderung der Finanzierungssystematik dahingehend gibt, dass die laufenden Kostensteigerungen wie beispielsweise die Tarifsteigerungen ausgeglichen werden, werden wir bundesweit eine Pleitewelle im Krankenhauswesen erleben“, so Sammet.

Krankenhausgesellschaft mahnt zur Eile bei Klinikreform

Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, mahnt zur Eile bei der Klinikreform. „Ob es eine Einigung bis Sommer gibt, bezweifele ich, derzeit findet ein politischer Poker zwischen Bund und Ländern statt“, sagte er der „Rheinischen Post“. „Dabei drängt die Zeit, den Kliniken fehlen bis Ende dieses Jahres zehn Milliarden Euro.“ Gaß verwies auf neue Prognosen: „Wir gehen davon aus, dass sich aktuell 20 bis 30 Prozent der Kliniken mit der Frage der Insolvenz befassen, weil sie keine klare Fortführungsprognose haben oder nicht mehr kreditwürdig sind.“ Er bekräftigte seine Kritik an den Plänen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD): „Die geplante Reform ist nicht geeignet, das ungeordnete Kliniksterben zu verhindern.“ Der Minister wolle das Geld „nur umverteilen“, aber dem Krankenhaussystem „über Jahre kein zusätzliches Geld zur Verfügung stellen“. Das sei verfassungswidrig: „Trotz Inflation und steigender Personalkosten dürfen die Kliniken ihre Preise nicht erhöhen.“ Das sei ein Verstoß gegen die unternehmerische Freiheit, die das Grundgesetz garantiere, so Gaß weiter. Zugleich sei noch immer unklar, wie die geplanten Vorhaltepauschalen funktionieren sollten. Der DKG-Chef kritisierte Lauterbach auch persönlich: „Es macht mich ratlos, dass der Minister sich nicht für die Erfahrungen der Praktiker interessiert, sondern glaubt, er habe das System durchdrungen und könne eine Reform alleine machen.“ Zudem rechnet Gaß im kommenden Winter erneut mit Stationsschließungen: „Wir sind für Infektionswellen nicht mehr so gut gewappnet wie früher, die Personaldecke ist viel dünner.“ Derzeit fehlten an den Kliniken mindestens 35.000 Pflegekräfte und über 5.000 Ärzte. Deshalb müssten sich Patienten darauf einstellen, dass auch im nächsten Winter wieder Betten oder ganze Abteilungen zeitweise gesperrt würden, fügte er hinzu. Vom Coronavirus sehe er dabei keine großen Gefahren mehr ausgehen: „Corona liegt hinter uns, es gibt keine Anzeichen, dass die Pandemie im Winter zurückkehrt.“ Man werde wieder saisonale Infektionswellen haben – bei der Grippe, vielleicht auch bei Corona, „aber nichts, was mit den vergangenen Jahren vergleichbar ist“, so Gaß weiter. +++