Politologe Niedermayer: Grüne werden pragmatischer

Nouripour kritisiert Wagenknecht

Berlin. Der Politologe Oskar Niedermayer sieht die Grünen auf dem Weg zu einer mehr praxisorientierten Politik. Zusammen mit der Satzungsänderung habe die Wahl einer Realo-Doppelspitze eine Bedeutung für die Zukunft der Partei, sagte Niedermayer der „Heilbronner Stimme“. „Man schneidet alte Zöpfe ab und signalisert einen Aufbruch.“ Niedermayer fügte hinzu: „Das bedeutet aber nicht, dass das Flügeldenken von heute auf morgen überwunden ist oder dass die Grünen sich jetzt in der Parteienlandschaft ganz neu positionieren – was auch nicht sinnvoll wäre-, zumindest ist jetzt aber einer stärker pragmatischen und praxisorientierten Politik der Weg geebnet.“

Trittin sieht Machtoption der Grünen nicht mehr bei Rot-Rot-Grün

Ex-Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sieht eine Machtperspektive seiner Partei künftig nur noch in lagerübergreifenden Regierungskoalitionen, an denen sowohl linke als auch konservativ-liberale demokratische Parteien beteiligt sind. „Wenn man verhindern will, dass die rechtspopulistische AfD Einfluss in einer Regierung bekommt, sind aktuell nur lagerübergreifende Koalitionen möglich“, sagte Trittin der „Rheinischen Post“. „Deshalb ist es klüger, wenn die Grünen Bestandteil dieser lagerübergreifenden Koalitionen sind, als dass es andere sind“, sagte der Parteilinke. Das verkenne nicht, dass die Grünen auch weiterhin eine größere programmatische Nähe zur SPD hätten als zur Union. „Nur ist das bei diesen Mehrheitsverhältnissen eine rein akademische Frage. Nach dem jetzigen Stand haben wir uns sogar weiter von rot-rot-grünen Mehrheiten entfernt“, sagte der frühere Spitzenkandidat. „Und zwar rechnerisch wie inhaltlich, wenn ich die Linkspartei sehe“, so Trittin.

Nouripour kritisiert Wagenknecht

Der Bundestagsabgeordnete und außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion Omid Nouripour hat sich gegen Kritik aus der Linkspartei verwehrt, die Grünen hätten sich mit der Wahl zweier Realo-Vertreter in den Parteivorsitz aus dem Mitte-Links-Lager verabschiedet. „Links ist für uns international, empathisch und selbstbestimmt“, sagte Nouripour der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Frau Wagenknechts Politik ist national, inhuman und Kreml-zentriert. Wir Grüne verbitten uns gerade von ihr jedes Urteil über die Ausrichtung unserer Partei.“ Die Linken-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht hatte nach der Wahl von Annalena Baerbock und Robert Habeck auf Twitter geschrieben, dies sei ein „schwarzer Tag für den linken Flügel der Grünen“. Mit der „Doppel-Realo-Spitze“ seien die Grünen „endgültig auf dem Weg zur Partei des Ökowohlfühlwohlstandsbürgertums“. Für die soziale Wende fielen sie damit aus. +++