Oberbürgermeister Wingenfeld: „Haushalt 2021 ist ein Krisenhaushalt“

Haushaltsentwurf 2020 / 2021 vorgestellt

Bei der Stadtverordnetenversammlung am gestrigen Montagabend, die Corona-bedingt wiederholt im Stadtsaal der Orangerie stattfand, hat der Oberbürgermeister der Stadt Fulda, Dr. Heiko Wingenfeld, den Haushaltsentwurf der Stadt Fulda für das Jahr 2020 / 2021 eingebracht. „Die Pandemie fordert uns in allen gesellschaftlichen Bereichen“, stellte Oberbürgermeister Wingenfeld zu Beginn heraus. „Es ist sicher nicht übertrieben, dass sie in wirtschaftlicher Hinsicht zum schwersten Einbruch seit dem 2. Weltkrieg geführt hat. Auch der Haushalt der Stadt Fulda kann sich dieser Entwicklung nicht entziehen. Man muss es klar benennen: Der Haushalt 2021 ist ein Krisenhaushalt.“ „Gerade in diesen Tagen sind die Bürgerinnen und Bürger vor dem Hintergrund der steigenden Fallzahlen stark verunsichert. Jeden Tag sind wir im Alltag mit schwierigen Fragen konfrontiert, wie wir uns richtig verhalten. In dieser Situation sind Resignation, Verzagtheit und keine guten Ratgeber. In vielen Gesprächen nehme ich vielmehr wahr, dass wir Menschen in der Krise ein umso stärkeres Bedürfnis nach Orientierung, Verlässlichkeit – und auch Perspektiven haben.“

Eckdaten im Überblick

Die Eckdaten des Haushalts 2021 lassen schon auf den ersten Blick die Ausnahmesituation erkennen. Die Gesamterträge sinken um rund 9 Millionen Euro auf rund 205 Millionen Euro. Die Aufwendungen steigen um 10 Millionen Euro auf rund 224 Millionen Euro. Somit ergibt sich ein Fehlbedarf in Höhe von rund 19 Millionen Euro. Wingenfeld wies daraufhin, dass der laufende Haushalt 2020 wahrscheinlich mit einer „schwarzen Null“ abgeschlossen werden könne. „Wir müssen aber davon ausgehen, dass wir 2021 nicht nochmals mit einer Kompensation in einer solchen Höhe rechnen können.“ Weiter sagte er: „Wir verfügen über entsprechende Rücklagen aus Überschüssen der Vorjahre. Somit ist nicht damit zu rechnen, dass im Jahr 2021 durch die Aufsicht ein Haushaltssicherungskonzept auferlegt wird. Durch diese Vorsorge sind wir im Unterschied zu vielen anderen Kommunen jetzt gut aufgestellt, um die Herausforderungen der Pandemie in den kommenden Jahren meistern zu können“, fügte der Oberbürgermeister hinzu. „Der Haushalt 2021 plant mit Investitionen in Höhe von rund 112 Millionen Euro, das sind 6,5 Millionen Euro weniger als im Plan 2020, aber immer noch beachtlich und wir müssen der Wirtschaft Verlässlichkeit bieten. Das größte Projekt ist das Automatisierungszentrum der Ferdinand-Braun-Schule. Einiges wird aber auf den Prüfstand kommen. So etwa der Bau eines Parkhauses auf der Ochsenwiese.“ Stattdessen hat Wingenfeld eine gemischt-genutzte Immobilie mit Flächen für Gewerbe, Büros, Bildung und einen Nahversorger vorgeschlagen. „Darüber hinaus, habe ich mich im vergangenen Jahr bereits öffentlich dazu bekannt, dass ich einen Bedarf für den Bau einer weiteren Sporthalle sehe. Diese sollte aber vorerst verschoben werden.“

Erträge und Co…

Für das Haushaltsjahr 2021 wird ein Gesamtsteueraufkommen in Höhe von 88,5 Millionen Euro erwartet. Im Vergleich zum Plan 2020 ist dies eine Verringerung um rund 15 Millionen Euro. Der Gewerbesteueransatz beläuft sich für das Jahr 2021 lediglich auf 35 Millionen Euro. Das sind 15 Millionen Euro weniger als im Haushaltsplan 2020. Dieser Ansatz ist Folge des dramatischen Einbruchs der Gewerbesteuern im laufenden Jahr. Der Planansatz für die Einkommensteuer verringert sich um 2,5 Millionen Euro auf rund 29 Millionen Euro. Darin spiegelt sich u.a. der erhöhte Anteil an Kurzarbeit wider. Bei der Grundsteuer kann die Stadt in den vergangenen Jahren mit einer leichten Steigerung auf 10,5 Millionen Euro rechnen. Wingenfeld schlug vor trotz der gewaltigen Herausforderungen die Hebesätze mit dem Haushalt 2021 ganz bewusst nicht anzuheben. Die Erträge aus Zuweisungen, Zuschüssen sowie allgemeinen Umlagen sind mit rund 60 Millionen Euro geplant, was eine Steigerung gegenüber 2020 um rund 4,7 Millionen Euro bedeutet. Diese erfreuliche Entwicklung basiert im Wesentlichen auf zwei Faktoren: Zum einen erhöhen sich die geplanten Schlüsselzuweisungen des Landes um 1 Million Euro auf 38,4 Millionen Euro – hier wirkt sich trotz der Wirtschaftskrise die vom Land geplante, mittelfristige Stabilisierung des Kommunalen Finanzausgleichs positiv aus.

„Am vergangenen Freitag war ich als Vertreter für den Städtetag an den Verhandlungen mit dem Land beteiligt und bin sehr froh, dass wir eine – aus meiner Sicht – sehr gute Lösung für die Kommunen finden konnten. An dieser Stelle möchte ich mich auch bei Ihnen als Stadtverordnetenversammlung dafür bedanken, dass wir gemeinsam sehr deutlich unsere Kritik an dem Entwurf des Landesentwicklungsplans zum Ausdruck gebracht haben. Wäre der Landesentwicklungsplan in seiner ursprünglich angedachten Form in Kraft getreten, hätten wir bereits im Jahr 2021 finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Offensichtlich hat unsere Kritik Wirkung gezeigt. Es freut mich, dass das Land seine Planungen nun überdenkt und Ministerpräsident Bouffier deutlich signalisiert hat, dass das Land die Bedenken aus der Stadt Fulda und der Region ernst nimmt.

Trotz der großen Herausforderung werde die Stadt die Hebesätze bei der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer nicht erhöhen, so der Oberbürgermeister. Mit 59 Millionen Euro ist der größte Einzelposten die Kinder, Jugend und Familienhilfe. Im Jahr 2021 werden zudem die Personalkosten steigen. Im Stadtteil Haimbach sind im Rahmen von Stadtentwicklungsprojekten – 21 Millionen Euro geplant. Auch mit dem Hessentag und der Landesgartenschau könne eine nachhaltige Stadtentwicklung gelingen. Oberbürgermeister Wingenfeld bestärkte gestern Abend die Stadtverordneten darin, auch in Zeiten der Pandemie den Kurs von einer attraktiven Stadtentwicklung fortzuführen. Das Klinikum Fulda bleibe eine Herausforderung es war – so wie fast alle kommunal getragenen Maximalversorger in Deutschland – an die Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit angelangt, als die Corona-Pandemie erst begann. An dieser Stelle möchte ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie als Stadtverordnete im Frühjahr 2020 dazu bereit waren, erneut in erheblichem Maße Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Liquidität des Klinikums zu sichern. Dieser Dank gilt auch dem Landkreis Fulda, der ein Darlehen in Höhe von 10 Millionen gewährte. Die Fraktionen werden nun den Etat-Entwurf beraten und in einer späteren Sitzung darüber abstimmen.

Weiter wurden in der gestrigen Versammlung über Anfragen und Anträge der Fraktionen beraten. Bei der Abstimmung zur Abschaffung des Fuldaer Ausländerbeirates votierten 29 Stadtverordnete für die Abschaffung und 24 Stadtverordnete dagegen. Ob der Beirat damit abgeschafft ist, muss nun geklärt werden. Laut HGO (Hessische Gemeindeordnung) wären für die Abschaffung 30 Stimmen nötig gewesen. +++ nh/ja