Naturschutzgebiet „Weinberg bei Hünfeld“ ein wertvolles Ökosystem

Hünfeld. Das 82 Hektar große Naturschutzgebiet „Weinberg bei Hünfeld“ liegt östlich von Hünfeld und nördlich von Molzbach und gehört zum Naturraum „Vorderrhön“. Das Gebiet wurde 1999 unter Schutz gestellt und repräsentiert im Wesentlichen einen ausgedehnten, ökologisch und botanisch ausgesprochen wertvollen Kalkmagerrasenkomplex. Als halbnatürliche Ökosysteme sind derartige Rasenflächen durch eine ehemals extensiv ausgeübte Weidenutzung entstanden.

Der Flurname „Weidberg“ erinnert an vielen Standorten noch direkt an diese ursprüngliche Bewirtschaftungsform. Weitaus häufiger hingegen tritt die topographische Bezeichnung „Weinberg“ auf: Weinberg bei Müs, Weinberg bei Dietershausen, Weinberg bei Hofaschenbach/Morles oder der hier vorgestellte Weinberg bei Hünfeld. Aufgrund des rauen Klimas erscheint es verständlich, dass der Anbau von Wein in dieser Mittelgebirgsregion mit größeren Schwierigkeiten verbunden gewesen sein dürfte und die Weinberge daher eher als Weideberge angesehen werden müssen.

Sicher ist, dass die Weidewirtschaft in der Rhön von der frühgermanischen Zeit bis weit ins Mittelalter hinein eine vorherrschende Stellung eingenommen hat. Gleichzeitig hat aber auch der Weinbau eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Relativ gute Bedingungen hierfür boten sich beispielsweise auf den südexponierten Muschelkalkhängen im Regenschatten der Langen Rhön. Gerade in diesem recht wärmebegünstigten Teilbereich kann ehemaliger Weinbau bis in eine Höhe von 500 Meter nachgewiesen werden. Auch für den Altkreis Hünfeld ist Weinbau urkundlich belegt.

Kennzeichnend für die betreffenden Bereiche ist ihre Süd- bzw. Südwestexposition, wo sie zum einen vor kalten Nord- und Ostwinden geschützt und zum anderen einer intensiven Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Zudem handelt es sich meistens um ziemlich steile Hänge, wie sie eigentlich nur der Untere Muschelkalk zu bilden vermag. Da sich dieser Muschelkalkabschnitt durch starke Wasserdurchlässigkeit auszeichnet, sind hier relativ trockene Böden vorherrschend. Wegen ihrer sonnenexponierten Lage und der Bodeneinflüsse war der Anbau von Wein an solchen Standorten zweifellos möglich.

Wenngleich nicht alle im Kataster erwähnten „Weinberge“ wirklich dem Weinbau dienten, so gab es in der Rhön vor 1800 vermutlich mehr Weingärten als man zu vermuten wagt. Viele der früheren Weinberge „verellerten“ nach ihre Aufgabe und wurden später dann vielfach als Weideberge oder Schaftriften genutzt. Was den Weinberg bei Hünfeld betrifft, so ist bekannt, dass seit Mitte des 19. Jahrhunderts die nur sanft geneigten Hochflächen ackerbaulich ge-nutzt wurde. Alle übrigen Areale wurden beweidet.

Der heute im Rahmen des Vertragsnaturschutzes durch Schafbeweidung offen gehaltene Weinberg zeichnet sich durch eine einzigartige Flora aus. Neben den zum Grundinventar der Rhöner Kalkmagerrasen gehörenden Pflanzen, deren Fülle an Farbtönen, Formen und Düften den Naturfreund immer wieder in Erstaunen versetzen. sind einige floristische Besonderheiten anzutreffen. An dieser Stelle seien unter anderem Küchenschelle, Fliegen-Ragwurz, Großes Zweiblatt, Manns-Knabenkraut, Mücken-Händelwurz, Fransen-Enzian, Silberdistel und Golddistel genannt. Auch der Wacholder kommt sehr zahlreich vor.

Nur durch die Durchführung geeigneter Naturschutzmaßnahmen, die sich an die ehemalige Bewirtschaftung anlehnen, können solche hochgradig gefährdeten Offenlandbereiche erhalten werden. Andernfalls entwickeln sie sich unweigerlich zum Wald zurück. Die mikroklimatischen Verhältnisse würden sich zunehmend verändern, so dass Wärme und Licht liebende Pflanzensippen keine angemessene Lebensgrundlage mehr vorfänden und die typische Pflanzengesellschaft der Trockenbiotope allmählich zerstört würde. Ein solcher Prozess ist irreversibel und macht entsprechende Naturschutzmaßnahmen zur langfristigen Erhaltung dieser Lebensräume erforderlich. +++ fuldainfo