Maut-Streit: Wirtschaftsministerium lobt Schäubles Gesetzentwurf zur Kfz-Steuer

Berlin. In der Debatte um eine mögliche Belastung von deutschen Autofahrern durch die Pkw-Maut bekommt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Rückendeckung vom SPD-geführten Bundeswirtschaftsministerium. Die Fachleute von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hätten Schäubles Gesetzentwurf zur Kfz-Steuer in der Ressortabstimmung begrüßt, erfuhr das „Handelsblatt“ aus Regierungskreisen. Das gilt auch für die kritisierten Passagen, nach denen die Kfz-Steuer bei möglichen zukünftigen Maut-Erhöhungen nicht automatisch sinken soll.

Das Wirtschaftsministerium habe in der Ressortabstimmung hingegen deutlich gemacht, dass Schäubles Gesetzentwurf „europarechtlich tragfähig“ erscheine, hieß es in Regierungskreisen. Gabriels Fachleute sollen dabei gelobt haben, dass es keine direkte Verknüpfung zwischen Maut und Kfz-Steuer gebe. Eine Wechselwirkung sei aus rechtlichen Gründen zu vermeiden, so die Bewertung. Das Wirtschaftsministerium soll sogar vorgeschlagen haben, die fehlende Verknüpfung im Gesetzestext noch „stärker zum Ausdruck“ zu bringen. Allerdings habe Gabriels Haus auch noch Informationsbedarf angemeldet, hieß es.

Der Gesetzentwurf war aus der SPD-Bundestagsfraktion scharf kritisiert worden, weil er eine spätere Mehrbelastung deutscher Autofahrer nicht ausschließt. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass kein Inländer durch die Maut zusätzlich belastet werden soll. Dazu soll die Kfz-Steuer entsprechend gesenkt werden. Schäubles Gesetzentwurf legt allerdings lediglich fest, dass Inländer bei der „Einführung“ der Maut entlastet werden. Es gibt keine Garantie auf eine Entlastung, wenn die Maut später steigt. Künftige Maut-Änderungen erfolgten „losgelöst“ von der Kfz-Steuer, heißt es im Gesetzentwurf. Eine dauerhafte, direkte Verknüpfung von Maut und Kfz-Steuer soll europarechtlich bedenklich sein. +++ fuldainfo

Kommentar
Nun haben wir es also Schwarz auf Weiß aus dem Finanzministerium: Eher früher als später werden auch deutsche Autofahrer mit der Pkw-Maut zur Kasse gebeten. Das wird vermutlich nicht mehr in dieser Legislaturperiode passieren, da schützt der Koalitionsvertrag. Aber künftige Bundesregierungen werden sich kaum an die Versprechungen eines Alexander Dobrindt gebunden fühlen. Aber, Hand aufs Herz: Haben wir das nicht irgendwie geahnt? Jedem, der halbwegs bei Sinnen ist, hätte dämmern können, das irgendwo noch ein trickreiches Hintertürchen aufgemacht wird. Jetzt hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit seinem Gesetzentwurf, gewollt oder ungewollt, diesen Part übernommen. Natürlich kommt aus dem Verkehrsministerium umgehend das Dementi. Der Koalitionsvertrag wird eingehalten, heißt es. Aber: Mit Rücksicht auf die Bedenken der Europäischen Kommission werden Infrastrukturabgabe und Kraftfahrzeugsteuer als zwei vollkommen getrennte Systeme behandelt. Ergo: Wird irgendwann die Maut erhöht, folgt daraus nicht automatisch ein weiterer Ausgleich durch eine geringere Kfz-Steuer. Das ist schon eine pfiffige Lösung, die sich der alte Polit-Fuchs Schäuble da ausgedacht hat. Aber bereits in der aktuellen Diskussion um den Solidarbeitrag haben wir ja bewundern dürfen, wie kreativ Politiker sein können, wenn es darum geht, dem Bürger in die Taschen zu greifen. Doch genau solche Spielchen sind es, die immer mehr Menschen in diesem Land an der Politik zweifeln oder gar verzweifeln lassen. Aber als „vertrauensbildende Maßnahme“ taugt die Diskussion um die Pkw-Maut ohnehin nicht. Wir erinnern uns an das TV-Duell im Bundestagswahlkampf 2013: „Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben“, hat damals die Bundeskanzlerin versichert. Besser wäre das gewesen. +++ norbert holst für den weser-kurier