Kultusminister Lorz: „Lehrpläne sind keine Gesetze!“

CDU-Kreisverband Fulda lud zur Infoveranstaltung über neuen Lehrplan zur Sexualerziehung

Der Hessische Kultusminister Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz

Fulda. Gestern Abend lud der CDU-Kreisverband Fulda zu einer Informationsveranstaltung über den im September diesen Jahres verabschiedeten neuen Lehrplan zur Sexualerziehung ins Fuldaer Hotel & Kongresszentrum Esperanto ein. Hauptredner war der Hessische Kultusminister Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz. Eröffnet wurde die Informationsveranstaltung durch den Kreisvorsitzenden des CDU-Kreisverbandes Fulda und Landtagsabgeordneten Dr. Walter Arnold. Besondere Grußworte galten an dieser Stelle dem Vorsitzenden des Bundestags-Menschenrechtsausschusses Michael Brand (CDU), dem Hessischen Staatssekretär für Soziales und Integration Dr. Wolfgang Dippel (CDU) sowie dem Landrat des Landkreises Fulda Bernd Woide (CDU). Zu Beginn seiner Rede erläuterte Lorz, wie es zu dem Lehrplan und seiner Inkraftsetzung gekommen war.

Dr. Walter Arnold„Es gibt für Lehrpläne ein vorgeschriebenes Verfahren. Wie sie beraten- und wie sie in Kraft gesetzt werden. Hierzu gehört auch – eine umfassende Beteiligung von Organisationen und Institutionen, aus Gremien, die durch ihre Berufung natürlich auch mit dieser Materie vertraut sind. Eine solche, umfassende Beratung, hat natürlich auch bei diesem Lehrplan stattgefunden.“ Weiter machte der Kultusminister deutlich, dass auch bei diesem Inkrafttreten des Lehrplans zur Sexualerziehung, im September 2016, an den hessischen Schulen, im Vorfeld, folgende Institutionen konsultiert worden seien: Landeselternbeirat, Landesschülervertretung, Hauptpersonalrat der Lehrerinnen und Lehrer, Landespräventionsrat sowie die evangelische und katholische Kirche. „Alle diese Institutionen sind im Vorfeld konsultiert worden und hatten so die Gelegenheit, zu diesem Lehrplan Stellung zu nehmen. Der Landeselternbeirat muss diesem Lehrplan grundsätzlich zustimmen, wenn nicht, dann geht dieser Prozess in die zweite Runde und wird dem Landeselternbeirat ein zweites Mal vorgelegt, bis dieser letzten Endes zustimmt. Das ist auch in diesem Fall so geschehen. Grundlegend bedeutet das, dass der Entwurf dieses Lehrplans, seit Anfang des Jahres bekannt ist. Es ist also nichts, was in irgendeiner Form geheim gehalten wurde“, so Kultusminister Lorz.

Hessische Kultusminister Prof. Dr. Ralph Alexander LorzWie der Minister weiter erklärte, habe sich der Entwicklungsprozess des neuen Lehrplans bereits auf das erste Halbjahr des Jahres 2016 belaufen. Wie Lorz gestern betonte, habe es hier – keinerlei Einsprüche oder Vorschläge, die eine Änderung oder Korrektur des Lehrplans vermuten ließen, gegeben. Weiter sagte der Hessische Kultusminister: „Erst nach Abschluss eines solchen Verfahrens und erst nach dem zweiten Durchgang, durch den Landeselternbeirat, ist der Lehrplan dann zu Beginn dieses Schuljahres in Kraft getreten. Der Vorwurf, der derzeit kursiert, dass dies – eine ‚Nacht-und-Nebel-Aktion‘ des Ministeriums gewesen ist, stimmt einfach nicht.“ Sexualerziehung an staatlichen Schulen ist keine Neuerscheinung. Und in diesem Sinne fungiert auch der, im September 2016 in Kraft getretene Lehrplan, nicht als der erste Lehrplan zur Sexualerziehung überhaupt. Der Lehrplan zur Sexualerziehung an staatlichen Schulen, wurde bereits vor 40 Jahren eingeführt. Seitdem werden die Lehrpläne in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Der alte Lehrplan stammt aus dem Jahr 2007 und war, wie Kultusminister Lorz am Freitagabend mitteilte, einfach zur Aktualisierung fällig. Weiter bekundete er, dass man auf Basis des alten Lehrplans Sexualerziehung an den hessischen Schulen sehr gut betrieben habe. Deshalb ist es auch beim neuen Lehrplan nicht das Ausgangsziel gewesen, den alten Lehrplan grundlegend zu verändern.

Wie der hessische Kultusminister mutmaßte, haben angeblich vier Änderungen die kontroverse Debatte ausgelöst, „die man in der Tat – auch als ‚inhaltliche Änderungen‘, aber nicht im Sinne von etwa ‚wir ersetzten etwas aus dem alten Lehrplan‘ oder ‚wir nehmen etwas heraus, aus dem alten Lehrplan‘“ (…) verstehen kann. Konkret in diesem Fall geht es aber um „vier Hinzufügungen“, die man, wie Lorz bekundete, im neuen Lehrplan verstärkt akzentuiert habe. Handelt es sich bei dieser Änderung, also um keine wirkliche Änderung, sondern vielmehr um eine Ergänzung, eine Hinzufügung, die im alten Lehrplan von 2007 so und in dieser Form nicht vorhanden ist. Die eigentliche Diskussion zum neuen Lehrplan zur Sexualerziehung an Hessens staatlichen Schulen, hänge sich, wie der Kultusminister gestern mitteilte, aber tatsachlich nur an zwei einzigen Hinzufügungen auf. Schwerwiegender, als minimale Hinzufügungen oder Konkretisierungen zum neuen Lehrplan, habe hier der Begriff „Akzeptanz“ gewirkt und damit auch gleich für jede Menge Zündstoff gesorgt. Konkret geht es aber um die Frage: „Was kann das Wort Akzeptanz bedeuten?“ Insbesondere beschäftigte sich auch der Landeselternbeirat mit der Frage. Letzterer am Liebsten an der alten Begrifflichkeit, „der Toleranz“, festgehalten hätte. Nach mehreren Abstimmungsverfahren innerhalb des Landeselternbeirates, gab es eine prozentuale Abstimmung von 60 zu 40 Prozent. Hier entschied sich der Kultusminister dafür, mit der Minderheit zu gehen und damit der Begrifflichkeit „Akzeptanz“ vor dem Begriff „Toleranz“ den Vorzug zu geben. Zielsetzung sei hier, wie Lorz weiter mitteilte, zum einen einmal das Verständnis; Und zum anderen, die Diskriminierungsfreiheit von Schülerinnen und Schülern.

Lorz: Unsere Zielsetzung inkludiert das Zusammenleben in der Schule

Hessische Kultusminister Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz„Mir geht es in erster Linie um das Zusammenleben der Schülerinnen und Schüler in der Schule untereinander. Genauso geht es mir aber auch um den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, denn ich glaube, an dieser Stelle, müssen wir zu einem Verständnis kommen. Das wir die Menschen so annehmen, wie sie sind. Und das mit ihren Orientierungen und Identitäten, die sie verspüren sein zu wollen.“ Im Anschluss an Lorz Vortrag, der vielmehr einer Erörterung, als einer sachlich fundierten Abhandlung glich, erfolgte eine rege Diskussionsbeteiligung. Aus den unterschiedlichsten Richtungen wurde der Themenschwerpunkt, die beiden Begrifflichkeiten „Akzeptanz“ und „Toleranz“ beleuchtet, interpretiert und diskutiert. Hier plädierten einige Diskussionsteilnehmer dafür, anstelle des Begriffes „Akzeptanz“, hier doch besser der Begrifflichkeit „Respekt“ den Vortritt zu geben. Bei all den vielen Vorschlägen zur Überarbeitung des Lehrplans von 2016, gestern Abend, erklärte Lorz, dass es hier wohl keinen Sinn machen würde, mit der Berücksichtigung der gewünschten Änderung oder Neuauslegung bestimmter Begrifflichkeiten, einen neuen Lehrplan herauszubringen. „Zu einer Lösung, die für alle zu vertreten ist, führt uns eine Änderung des Lehrplans auch nicht“, war sich Kultusminister Lorz gestern Abend in Fulda gewiss. Zumal jeder Lehrplan über einen Entstehungskontext verfügt und „der Geist dieser Themen, die in ihm abgehandelt worden sind, vorher definiert waren.“

Des Weiteren bot man gestern Abend dem Kultusminister an, ihm beim Arbeitsprozess der Neudefinierung des Begriffes „Akzeptanz“, für den jetzigen, zurzeit bestehenden Lehrplan, bei der Handreichung gewisser Themen, Interpretation dessen und Auslegung, behilflich zu sein. Daneben gab man Lorz in diesem Kontext die Empfehlung, die Wissenschaftler, die auch schon beim Entstehungskontext des vorherigen, alten Lehrplans von 2007, beteiligt waren und nebenstehend über den jetzigen Lehrplan heftig diskutieren, hier mit einzubeziehen. Der Informationsabend endete damit, dass Prof. Dr. Lorz ankündigte, dass er den Lehrplan – insbesondere was die Definition des Begriffs „Akzeptanz“ anbetrifft – um neue, umfassendere Definitionen, bereichern wolle. Dr. Walter Arnold dankte abschließend allen Beteiligten für eine „sehr sachliche, anständige Diskussion“ und benannte diese, als „wertvollen Abend, der eine gute Diskussion gebracht hat.“ Der Veranstaltung wohnten etwa 150 Interessierte bei. +++ (jessica auth)

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