Hessen lässt Senioren-Ticket prüfen

Flatrate-Tickets machen das Bus- und Bahnfahren unkompliziert

Ältere Hessinnen und Hessen sollen künftig für 365 Euro im Jahr landesweit Bus und Bahn fahren können. Einen entsprechenden Prüfauftrag werden die Vertreter der Landesregierung heute in der Aufsichtsratssitzung des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV) anstoßen. „Was wir mit dem Schülerticket angefangen haben, wollen wir mit dem Seniorenticket fortsetzen: Zu einem attraktiven Preis wollen wir älteren Bürgerinnen und Bürgern nachhaltige, komfortable und günstige Mobilität auch ohne Auto ermöglichen“, sagten Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir und Finanzminister Dr. Thomas Schäfer am Dienstag in Wiesbaden. „Wir gehen davon aus, dass ein solches Angebot im Laufe des nächsten Jahres, spätestens zum 01.01.2020 geschaffen werden kann.“

Das Seniorenticket soll sich sehr eng am Konzept des Schülertickets orientieren. „1 Land, 1 Ticket, 1 Euro am Tag: Dieses Erfolgsrezept des Schülertickets wollen wir auch auf das Seniorenticket übertragen“, so Al-Wazir. Wichtige Ausnahme: Anders als das ganztägig gültige Schülerticket soll das Seniorenticket werktags erst ab 9 Uhr morgens zur Fahrt berechtigen, um die öffentlichen Verkehrsmittel während der morgendlichen Stoßzeit nicht noch mehr zu belasten. Spezielle Angebote für Seniorinnen und Senioren bieten die drei Verkehrsverbünde RMV, NVV und VRN in Hessen bereits an, jedoch ohne landesweite Geltung und meist zu einem höherem Preis.

„Derzeit nutzen jedoch noch wenige Hessinnen und Hessen über 65 die bestehenden Angebote“, erläuterte Finanzminister Schäfer. „Folglich entstehen nur geringe Einnahmeausfälle, wenn diese jetzt auf ein billigeres landesweit gültiges Ticket wechseln. Auf das Land kommen also, wenn überhaupt, zunächst voraussichtlich nur geringe Ausgleichszahlungen zu. Wir hoffen aber, dass durch dieses Angebot mehr Senioren auf Bus und Bahn umsteigen. Für sie, den ÖPNV und die Umwelt ist das Geld jedenfalls sinnvoll investiert.“ Beim Schülerticket stellt das Land für diesen Ausgleich derzeit 20 Mio. Euro pro Schuljahr bereit. „Flatrate-Tickets machen das Bus- und Bahnfahren unkompliziert. Wer eins hat, nutzt es auch“, so Al-Wazir. „Das sehen wir am Schülerticket, mit dem schon über 400.000 junge Menschen in Hessen unterwegs sind. Und jeder Vierte von ihnen gibt an, seitdem häufiger in Busse und Bahnen einzusteigen. Davon profitieren Schülerinnen, Schüler, Auszubildende und deren Eltern.“

Lenders: Verbesserung der Qualität die zweite Baustelle

„Wir haben nichts dagegen, dass der RMV nun prüft, ob und unter welchen Bedingungen ein Seniorenticket sinnvoll ist, um den ÖPNV für ältere Menschen attraktiver zu machen. Uns stört bei der aktuellen Diskussion um den ÖPNV, dass weder Herr Al-Wazir, noch Herr Dr. Schäfer Vorschläge machen, wie die Qualität bei Bussen und Bahnen verbessert werden soll. Die Landesregierung blendet völlig aus, dass der ÖPNV im Rhein-Main-Gebiet aus allen Nähten platzt. Auch wenn ältere Menschen in Zukunft etwas günstiger mit Bus oder Bahn fahren können, sie werden es nicht tun, wenn sie keinen Sitzplatz finden oder Angst haben müssen nicht an der richtigen Station aussteigen zu können, weil sie sich nicht schnell genug durch die Menschenmassen quetschen können. Ausreichend Sitzplätze, funktionierende Klimaanlagen, saubere Busse, benutzbare Toiletten in Regionalbahnen, sichere Haltestellen und Bahnhöfe, frei verfügbares Wlan: Das alles ist kein Luxus, sondern muss Teil einer dringend notwendigen Qualitätsoffensive im hessischen ÖPNV sein. Dann werden die Menschen von ganz allein ÖPNV Angebote mehr und gerne nutzen, egal ob Schüler, Student, Senior, Landesbediensteter oder Pendler. Der Ausbau des ÖPNV-Angebotes auf dem Land ist neben der Verbesserung der Qualität die zweite Baustelle. Nicht nur in Großstädten, sondern auch in Dörfern und Kleinstädten sind viele ältere Menschen, die mobil sein wollen. Diese finden aber oftmals überhaupt kein ÖPNV-Angebot vor Ort vor und daher hilft ihnen ein 365 Euro-Ticket gar nichts. Wir fordern deshalb eine Initiative für den ländlichen Raum, die endlich die Möglichkeiten der Digitalisierung aufgreift und flexibel auf Bedarfe reagiert, beispielsweise durch den Einsatz von Shuttle-Bussen im Rahmen digital gesteuerter On-Demand-Angebote“, so Jürgen Lenders, verkehrspolitischer Sprecher der FDP Fraktion im Hessischen Landtag.