FZ ignoriert offenbar Deutschen Presserat

Öffentliche Rüge bislang nicht abgedruckt – Beitrag nicht geändert

Eine öffentliche Rüge kassierte die Fuldaer Zeitung Mitte Juni für ein vierseitiges Anzeigeblatt, welches in die Ausgabe vom 20. Februar eingebunden und der Titelseite sowie Layout des Blatts nachempfunden war. Nach den Richtlinien des Presserats muss die Fuldaer Zeitung die Rüge im eigenen Medium veröffentlichen – hat dies allerdings bislang nicht. Die Werbeveröffentlichung von Engelbert Strauss hatte sich presse-ethisch als problematisch erwiesen: Die Werbung war nicht korrekt gekennzeichnet, zudem waren werbliche und redaktionelle Inhalte vermischt. Der Deutsche Presserat sprach daraufhin mit der öffentliche Rüge die schärfste Sanktion aus, fuldainfo.de hatte berichtet. Nach dessen Richtlinien muss die Rüge auch in der Fuldaer Zeitung veröffentlicht werden, um deren Leserinnen und Leser zu informieren. Dabei sind auch die publizistischen Grundsätze zu nennen, gegen die verstoßen wurden. Scheinbar – wir haben mit einigen Personen das Blatt täglich durchsucht – hat die Zeitung die Rüge bis dato noch nicht abgedruckt, der Presserat wird dies bis zu drei Mal anmahnen.

Weiterer Verstoß: Nationalität ohne öffentliches Interesse genannt

Weiterhin nannte die Fuldaer Zeitung in einem Online-Beitrag ohne erkennbares öffentliches Interesse die Nationalität eines mutmaßlichen Straftäters. Dieser weitere Verstoß gegen den Pressekodex hatte einen Hinweis zur Folge, die mildeste Sanktion des Presserats. In dessen Praxis-Leitsätzen heißt es: „In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.“ Die Bundespolizei hatte zwar die Nationalität in seiner Pressemitteilung genannt, dennoch ist die Redaktion presse-ethisch verantwortlich und hätte sie demnach nicht veröffentlichen dürfen. Der beanstandete Beitrag ist inklusive Verstoß gegen den Pressekodex weiterhin unverändert online. „Bei Hinweisen entscheidet die Redaktion, wie sie mit den beanstandeten Textpassagen umgeht. In der Regel leisten die Redaktionen den Entscheidungen der Beschwerdeausschüsse Folge. Sie sind hierzu aber nicht verpflichtet“, teilt Sonja Volkmann-Schluck, Pressesprecherin des Deutschen Presserats, auf Anfrage schriftlich mit.

Grenzen der freiwilligen Kontrolle

Der Presserat ist eine freiwillige Selbstkontrolle der gedruckten Medien und deren Online-Auftritte und wird bei Beschwerden von Leserinnen und Leser bezüglich mutmaßlicher Verstöße gegen den Pressekodex aktiv. Getragen wird er vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), Deutscher Journalisten-Verband (DJV), Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). Rechtliche Mittel oder gar das Verhängen von Geldstrafen sind nicht vorgesehen, was auch dem Charakter einer freiwilligen Selbstkontrolle widerspräche. Das System funktioniert demnach nur, wenn sich weitgehend alle Beteiligten an die Regeln halten. Alles andere schadet dem Ansehen der Presse. Zumindest öffentlich lässt die Fuldaer Zeitung keine Einsicht erkennen. +++

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