Franziskaner veräußern wertvollen Buchbestand

Es bestand dringender Handlungsbedarf

Das kostbare Erbe der Vergangenheit. Foto: Deutsche Franziskanerprovinz

Wenn man von einem Paukenschlag in der Region sprechen kann, dann war dies heute Morgen der Fall. „Zerschlagen und verkauft“ thronte es auf der ersten Seite der heimischen Zeitung. Wer im ersten Moment noch an eine Satire dachte, wurde enttäuscht. Es ging tatsächlich um die klammheimliche Verschleppung eines der wertvollsten Kulturgüter Fuldas, die Bibliothek der Franziskaner am Frauenberg. 150.000 wertvollste Bände wurden an ein Antiquariat verkauft.

Franziskaner: Verantwortung für wertvolle Buchbestände bewusst

In einer Pressemitteilung der Franziskaner heißt es dazu: Die Deutsche Franziskanerprovinz ist sich ihrer kulturellen Verantwortung für wertvolle Buchbestände in den in ihrem Besitz befindlichen Bibliotheken bewusst. Sie sieht sich allerdings personell, finanziell und von den räumlichen Möglichkeiten her nicht in der Lage, alle Bibliotheksstandorte und den gesamten Buchbestand selbst zu erhalten. Die rapide abnehmende Zahl der Ordensmitglieder, der hohe Altersdurchschnitt der Brüder und die massive Reduzierung der Standorte zwingen auch im kulturellen Bereich zu einer spürbaren Entlastung, die zugleich das kostbare Erbe der Vergangenheit sichert.

Hier konnten nun für Bibliotheken in Fulda und Dettelbach gute Zukunftslösungen gefunden werden. Für beide Bibliotheken bestand dringender Handlungsbedarf, da die entsprechenden Räumlichkeiten zeitnah geräumt werden mussten. Das ehemalige Kloster Dettelbach, in dem sich die Bibliothek immer noch befand, wurde bereits 2017 an die Diözese Würzburg verkauft. Der Bibliotheksraum in Fulda steht der Provinz seit bereits drei Jahren nicht mehr zur Nutzung zur Verfügung. Jahrelange intensive Bemühungen, die Bücher in Fulda und Dettelbach als Gesamtbestand zu erhalten, und diesbezügliche Gespräche – unter anderem mit den entsprechenden Diözesen und anderen, großen Bibliotheken -, hatten leider zu keinem Ergebnis geführt. Umso erfreulicher ist es, dass nun ein Weg gefunden wurde, die wertvollen und für die Provinz wichtigen Bestände aus Fulda und Dettelbach auf Dauer zu sichern.

Die Handschriften, Rara und Inkunabeln der ehemaligen Provinz- und Studienbibliothek der Thüringischen Franziskanerprovinz auf dem Frauenberg in Fulda wurden 2016 als Dauerleihgabe von der Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars Fulda übernommen. Die Francisana und Fuldensia werden weiterhin im Besitz der Provinz bleiben. Für den Restbestand – überwiegend theologisch-philosophische Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts und Belletristik, die sich auch in vielen anderen Bibliotheken findet -, konnte ein professioneller Partner gefunden werden, der diesen Büchern ein „zweites Leben“ ermöglicht und sie wieder in den Lesekreislauf einfügt. Ebenfalls im Besitz der Provinz bleiben die Franciscana aus der Ensemble-Bibliothek des ehemaligen Klosters Dettelbach, sie wurden in die Zentralbibliothek in München überführt. Professionell gesichert wird außerdem der Bestand an wertvollen Inkunabeln und anderen frühen Drucken, hier laufen augenblicklich noch Verhandlungen mit einer Bibliothek.

Bereits nach der Vereinigung der ursprünglich vier Franziskanerprovinzen im Jahr 2010 war klar, dass nicht alle drei ehemaligen Provinz- und Studienbibliotheken erhalten werden können. Zentrale Provinzbibliothek der nun gesamtdeutschen Ordensprovinz ist die ehemalige Studienbibliothek der Bayerischen Provinz im Kloster „St. Anna“ in München. Die Provinz- und Studienbibliothek der ehemaligen Sächsischen Franziskanerprovinz wurde bereits 1995 als Dauerleihgabe und inzwischen als Schenkung in Verantwortung der Diözesanbibliothek Münster übergeben. Die Zukunft der ehemaligen Provinz- und Studienbibliothek in Mönchengladbach ist augenblicklich noch offen.

Professor Dehler zeigte sich geschockt

Prof. Dr. Joseph Dehler, ehemaliger Chef der Hochschule Fulda und OB-Kandidat 1998, schreibt dazu auf Facebook: „Gleich wie es letztlich dazu kam: Wir können nicht lange herumlamentieren. Denn so kriegen wir ‚das Kind nicht aus dem Brunnen‘. Selbst wenn wir uns fragen, wie dieses Malheur angesichts des in den vergangenen Jahren öffentlich hochgeputschten, angeblich so effektiven ‚Fuldaer Netzwerkes‘ möglich sein kann. […] Wo doch nahezu jeder jeden zu kennen glaubt und immer alles schön von den immer Gleichen ‚geregelt‘ wird. … Wo sind denn die Netzwerker geblieben? – Hier?

Wenn ich an das Kloster Frauenberg denke, denke ich nicht an die wohl von ‚Antonius‘ (für was?) benötigten Bibliotheks-Räume, an das Klostercafé und die schönen Feste, die da in den letzten Jahren gefeiert wurden, sondern an die Klosterbrüder, die nahezu wöchentlich bei meinen Großeltern und Eltern auf dem Schoß saßen, um ihre Almosen abzuholen, obwohl wir selbst kaum etwas zum Leben hatten. Und ich denke an meinen Großvater Bonaventura Krieger (Autor des Buches: „Die Armut pfiff aus allen Löchern“), der Mitglied im ‚Dritten Orden‘ war, und sich leidenschaftlich für das Kloster engagierte. – In Worten und Werken. Und mit Blick auf meine berufliche Vergangenheit, denke ich heute wieder einmal daran, wie ich seinerseits die Diskussion um die Zusammenlegung der Landes- mit der Hochschulbibliothek, auch in Kooperation mit der Stadtbibliothek, zu beleben versucht habe. Das alles haben wir im Laufe der Zeit mit Millioneninvestitionen bewerkstelligt. Und hier wird plötzlich – von der Öffentlichkeit (nicht einmal nur leise ahnend) – ein kultureller Schatz ‚Online‘ verramscht.

Da ich mir bereits vor Jahren geschworen habe, mich nicht mehr in öffentliche Belange einzumischen (hier leider aber nicht an mir halten kann), möchte ich auf keinen Fall, Benzin ins Feuer kippen, wonach mir wäre. Nein, ich möchte dafür plädieren, dass wir sofort handeln und diesen Schatz schnellstmöglich wieder für die Region zurückerobern. […] Jedenfalls keine Energie mit Schuldzuweisungen vergeuden. Die Schuldigen sollten sich selbst benennen und bekennen. Ex-OB Möller hat ja damit bereits begonnen. Was ich als ehrenwert empfinde. […] Lasst uns einen Fonds gründen, um die Bibliothek der Franziskaner zurückzukaufen. Egal, was es kostet. Wer dies organisiert, ist mir (außer dem in diesem Falle glücklosen „Netzwerk“) gleichgültig. – Vielleicht unser Bischof Dr. Gerber? Meinerseits sage ich hiermit öffentlich zu, dass ich zu diesem Zweck bei meiner Bank 5.000 Euro leihen und dann zur Verfügung stellen werde. – Für die Heimkehr der Bibliothek in die alten Räume an den Frauenberg. […] Das bin ich meiner Familie und meiner Lebensgeschichte schuldig“, so Dehler. +++