Förderverein der Heubacher Synagoge bekam ungewöhnliches Geschenk

Peter Manns (links) und Bernd Becker mit dem Haus-Schild und einem Foto der Stolpersteine, die an die Eheleute Goldschmidt erinnern. Foto: Förderverein

Vor 155 Jahren, am 16. Januar des Jahres 1868 kam Nathan Goldschmidt zur Welt – in Heubach im Haus mit der Nummer 13 in der heutigen Ratshausgasse. Er gehört zu jenen aus Heubach stammenden Juden, die die Verfolgung in der Nazizeit nicht überlebt haben. Seit dem Sommer 2020 erinnern an ihn und seine Ehefrau Stolpersteine. Jetzt ist ein weiteres Erinnerungsstück aufgetaucht.

Sein Elternhaus, ein gleich neben der Synagoge gelegenes Gebäude, das im Dorf noch lange unter dem Namen „Nathans“ bekannt war, haben er und seine Frau Regine 1934 verkauft, um nach Bad Brückenau zu ziehen. Dort wurden im Juli 2022 auf Initiative einer Gruppe aus dem Kurort Stolpersteine für die beiden verlegt, Die Goldschmidts wurden von Bad Brückenau zunächst nach Fulda und dann nach Frankfurt umgesiedelt und dann deportiert. In Theresienstadt und Treblinka wurden sie, 74 und 76 Jahre alt, Opfer der NS-Gewalt.

Nun hat sich auch in Heubach unerwartet eine Erinnerung an Nathan Goldschmidt gefunden – ein Namens- und Hausnummernschild. „Nathan Goldschmidt“, so steht es, bogenförmig geschwungen in schwarzer Schrift auf ziegel- bis rostfarbenem Grund auf einem Blech, das auf ein Brett genagelt ist. Darunter, in einem ergänzenden Bogen, „Heubach“ und mittendrin, von zwei Sternen flankiert, die Hausnummer „13“. Gefunden hat es Peter Manns, der vor einigen Jahren das Haus „Nathans“ und das unmittelbar angrenzende Gebäude mit der Alt-Hausnummer 13 ¼ gekauft und, da extrem baufällig, abgerissen. Beim Ausräumen hatte er dort auf dem Dachboden das Brett mit dem Schild gefunden, es irgendwo zwischengelagert – und aus dem Blick verloren.

Kürzlich stieß er zufällig wieder auf das Fundstück und kam mit seinem Nachbarn, dem Heubacher Heimatchronisten Bernd Becker, darüber ins Gespräch. Der erkannte, dass es sich bei dem Schild um eine Besonderheit handelte, die auf ganz ungewöhnliche Weise an einen der Heubacher Juden erinnerte. Peter Manns entschied sich, das Haus-Schild an den Förderverein der Landsynagoge Heubach zu übergeben, der 2022 eine Patenschaft für die in Bad Brückenau verlegten Stolpersteine für das Ehepaar Goldschmidt übernommen hatte.

Bei einem Treffen in der einstigen Synagoge dankte Hartmut Zimmermann, der Vorsitzenden des Fördervereins, für die ungewöhnliche Gabe. Im Gespräch unterstrichen Becker und Manns, dass man sicher davon ausgehen könne, dass Schilder dieser Art nicht als „Hausnummern“ sozusagen an jedem Gebäude im Dorf üblich gewesen seien: „Wir finden sie weder auf den diversen alten Fotos noch gibt es andere ähnliche Überbleibsel“, argumentierte Becker. Möglicherweise haben die Goldschmidts das Schild machen lassen, um ihre Geschäftsadresse hinzuweisen: Nathan Golschmidt wird als Händler mit „Manchesterstoff“ und anderen Textilien erwähnt.

„Vielleicht haben die neuen Besitzer das Schild nach 1934 entfernt, um nicht an den jüdischen Vorgänger erinnert zu werden“, sinnierte Heimatchronist Becker. Nun jeden falls ist das historische Schild ein weiteres Puzzleteil in Bild vom Leben der Eheleute Goldschmidt in Heubach. +++ pm