FDP-Generalsekretär Djir-Sarai tritt zurück

Hintergrund ist das Strategiepapier der Partei

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai tritt zurück. Das wurde am Freitag aus Parteikreisen bekannt. Djir-Sarai will noch im Laufe des Mittags vor die Kameras treten. Zuvor waren Rücktrittsforderungen auch aus der eigenen Partei laut geworden, unter anderem von der Jugendorganisation „Junge Liberale“. Die FDP-Europapolitikerin Strack-Zimmermann hatte Selbstkritik und Aufarbeitung von ihrer Partei verlangt.

Hintergrund ist das Strategiepapier der Partei, mit dem offenbar über Wochen der Ausstieg aus der Ampel-Koalition geplant worden war. Darin wird auch der Begriff „D-Day“ verwendet. Djir-Sarai hatte allerdings erst vor wenigen Tagen in einem Interview mit dem Nachrichtensender n-tv gesagt, dieser Begriff sei „nicht benutzt worden“. Und: „Das ist falsch und das, was medial unterstellt wird, ist eine Frechheit.“

Auch FDP-Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann gibt Amt auf

Nach dem FDP-Generalsekretär gibt auch FDP-Bundesgeschäftsführer Carsten Reymann sein Amt auf. „Ich tue dies, weil ich eine personelle Neuaufstellung der Partei im Hans-Dietrich-Genscher-Haus ermöglichen möchte“, sagte Reymann am Freitag. Die FDP stehe vor einer wichtigen Bundestagswahl, die eine Richtungswahl für Deutschland sei. „In diesen Wahlkampf sollte die FDP mit voller Kraft und ohne belastende Personaldebatten gehen. Christian Lindner hat mein Angebot angenommen.“ Reymann hatte nach eigenen Angaben erstmals am 24. Oktober das Strategiepapier zum Ausstieg aus der Ampel-Koalition erstellt, das in den letzten Tagen für Aufregung gesorgt hat und in dem Begriffe wie „D-Day“ und „offene Feldschlacht“ verwendet werden. „Es ist Aufgabe der Bundesgeschäftsstelle, mögliche politische Szenarien in operatives Handeln umzusetzen“, hatte Reymann am Donnerstag mitgeteilt und das Dokument selbst veröffentlicht.

Lindner verteidigt „D-Day“-Papier zum Ampelausstieg

FDP-Chef Christian Lindner hat den Umgang mit dem „D-Day-Strategiepapier“ zum Ampelausstieg verteidigt. „Hier ist ein Papier im Entwurfsstadium, das Mitarbeiter verfasst haben, in die Öffentlichkeit gebracht worden“, sagte Lindner der „Rheinischen Post“. „Der Generalsekretär kannte es offensichtlich nicht“, fügte er hinzu. „Jenseits der Details will ich aber sagen, dass es professionell ist, wenn Mitarbeiterstäbe Eventualitäten durchspielen“, sagte Lindner. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe sich „ja auch drei unterschiedliche Reden schreiben lassen“, so der frühere Bundesfinanzminister. Man habe sich monatelang mit „allen Optionen“ beschäftigt. Das werde „niemanden angesichts des Streits und der Ablehnung dieser Regierung überraschen“, so Lindner. „Ich hatte einen Herbst der Entscheidungen angekündigt. Mit offenem Ausgang.“

In dem achtseitigen Dokument, das mit „D-Day Ablaufszenarien und Maßnahmen“ überschrieben ist, werden verschiedene Möglichkeiten zum Platzen der Ampel-Koalition aufgelistet, über die „zu entscheiden“ sei. Etwa heißt es darin zum „idealen“ Ablauf: „Um die Hoheit über die Kommunikation zu halten, muss diese strategisch gesteuert erfolgen und darf nicht durchsickern. Es ist entscheidend, die ersten Sätze und Bilder zu einem Aus der Koalition zu setzen. Gleichzeitig sollte dieser Schritt auch in enger Abstimmung mit den beiden wichtigsten Gremien – dem Bundesvorstand und der Bundestagsfraktion erfolgen.“ Weiterhin ist der Präsentation eine „D-Day-Ablaufpyramide“ beigefügt, die von der Spitze zur Basis in vier Abschnitte unterteilt ist: „Impuls“, „Narrativ qualitativ setzen“, „Narrativ quantitativ verbreiten“ und „Beginn der offenen Feldschlacht“.

Kommentar hierzu
Die Erschütterungen in der FDP sind riesig und durchdringen die gesamte Partei bis zu den Basisgruppen. Besorgte Mitglieder diskutieren hitzig über den Kurs der Partei und die möglichen Konsequenzen. Der Bauer, ein erfahrener und bei den Wählern beliebter Politiker, wird geopfert, um den König, den Vorsitzenden der Partei, zu schützen. Viele Mitglieder empfinden diese Entscheidung als unfair und riskant. Der Begriff „Bauer“ beschreibt eine geopferte Figur in diesem politischen Schachspiel, die für das höhere Ziel des Machterhalts weichen muss. Das Strategiepapier, welches die jüngsten Veränderungen detailliert beschreibt, ist nur der Anfang umfangreicher Reformen. Es führt detaillierte Analysen und Vorschläge auf, wie die Partei ihre Zielgruppen besser erreichen kann. Jetzt kommt es entscheidend auf die nächsten Tage an, in denen sich herausstellen wird, ob diese Strategie tatsächlich die gewünschten Ergebnisse erzielt. Parteiinterne Diskussionen werden von Tag zu Tag intensiver. +++ nh

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