Faeser (SPD): Parlamentarische Kontrolle muss zwingend gestärkt werden

Keine Onlinedurchsuchung durch Verfassungsschutz

Nancy Faeser (SPD)
Nancy Faeser (SPD)

Wiesbaden. Der Innenausschuss des Hessischen Landtags hat heute Experten zu dem Entwurf von CDU und Grünen für ein neues Verfassungsschutzgesetz angehört. In der Anhörung heute im Landtag attestierten die Sachverständigen der schwarzgrünen Koalition, dass ihr Gesetzentwurf gravierende Mängel aufweise und gleich an mehreren Stellen verfassungswidrig sei. Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion Nancy Faeser sah sich durch die Experten in ihrer Ablehnung des Regierungsentwurfs bestätigt, der dem hessischen Verfassungsschutz völlig unangemessene, weitreichende Eingriffe in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger gestatte und eine wirkungsvolle parlamentarische Kontrolle des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) verhindere. Faeser kündigte an, dass ihre Fraktion eine Reihe von Änderungsvorschlägen vorlegen werde.

Faeser sagte am Donnerstag nach der Anhörung: „Wir brauchen für den geheim arbeitenden Verfassungsschutz in Hessen eine wirksame parlamentarische Kontrolle. Die Anhörung hat gezeigt, dass der Entwurf keine Verbesserung bringt, im Gegenteil: Während die Regierungsparteien die Befugnisse des Verfassungsschutzes deutlich ausweiten wollten, beschränken sie zugleich die Kontrollmöglichkeiten für das Parlament“, kritisierte Faeser. Insbesondere bei einer verdeckt arbeitenden Einrichtung wie dem LfV müssten die gewählten Abgeordneten in die Lage versetzt werden, die Maßnahmen zu überprüfen. „Gerade der hessische Verfassungsschutz hat in der Vergangenheit genug Belege dafür geliefert, dass mehr Kontrolle dringend erforderlich ist“, sagte Nancy Faeser. „Aber CDU und Grüne haben sich dafür entschieden, die entsprechenden Empfehlungen von Experten vollständig zu ignorieren. Stattdessen vermittelt der Gesetzentwurf den Eindruck, dass der Verfassungsschutz vor dem Parlament geschützt werden soll: Wenn es nach Schwarzgrün geht, sollen die Regierungsparteien mit ihrer Landtagsmehrheit alleine entscheiden, wie viele Mitglieder die Parlamentarische Kontrollkommission für den Verfassungsschutz (PKV) hat und wer ihr überhaupt angehören darf. Die PKV-Mitglieder haben keinen Zutritt zu den Büros des Verfassungsschutzes, außer wenn sie nach Anmeldung Akten einsehen wollen. Sie dürfen Mitarbeiter des LfV nicht befragen und die Mitarbeiter dürfen sich mit Beschwerden nicht an die PKV wenden. Die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Abgeordneten können nach Belieben der Regierungsmehrheit abgelehnt werden und haben keinen Zutritt zu Sitzungen. So wird eine funktionierende Kontrolle des Verfassungsschutzes durch das Parlament nahezu unmöglich“, bemängelte Faeser.

Die Regelungen zur Onlinedurchsuchung seien verfassungswidrig, sagte die SPD-Innenexpertin. Es erschließe sich auch nicht, warum der Verfassungsschutz überhaupt ein solch weitreichendes Eingriffsmittel erhalten solle. Faeser sagte: „Der Verfassungsschutz soll Gefahren erkennen, bevor sie akut werden. Wenn eine konkrete Gefahr besteht, dann ist es Aufgabe der Polizei diese Gefahr abzuwehren. Deshalb wollen wir auf die Onlinedurchsuchung verzichten. Auch sind sich die Experten einig, dass die rechtlichen Vorgaben zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung praktisch nicht eingehalten werden können, weil das technisch überhaupt nicht möglich ist“, stellt Faeser klar.

In der Anhörung bestätigten die geladenen Rechtsexperten auch die Kritik der SPD an den geplanten Regelungen zum Einsatz so genannter „Vertrauensleute“ (V-Leute) beim Verfassungsschutz. Nancy Faeser sagte dazu: „Es gab große Einigkeit darüber, dass V-Leute nur innerhalb von klaren Grenzen eingesetzt werden dürfen. Und es muss sehr genau festgelegt werden, wer überhaupt als V-Person in Frage kommt.“

Für Bürgerinnen und Bürgern, die wissen wollen, ob sie vom LfV beobachtet wurden und welche Daten über sie gespeichert werden, stelle der schwarzgrüne Gesetzentwurf nahezu unüberwindbare Hürden auf, so Nancy Faeser: „Es kann nicht sein, dass die Auskunftsrechte derart beschränkt werden und zunächst ein besonderes Interesse an der Auskunft dargelegt werden muss. Das Auskunftsrecht ist wesentliche Grundlage für die Betroffenen, um ihre Grundrechte wahrzunehmen, und muss deshalb uneingeschränkt gewährt werden.“

Sie bemängelte auch, dass die Regierungsparteien daran festhielten, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Projekten zur Extremismusprävention einer Zuverlässigkeitsüberprüfung durch das LfV zu unterziehen. Der Innenminister hatte etwas anderes zugesagt. Solche anlasslosen Überprüfungen stellten die entsprechenden Projekte unter Generalverdacht und müssten auf Einzelfälle beschränkt werden, in denen es seriöse Hinweise auf verfassungsfeindliche Tendenzen gebe, forderte Faeser. +++