Faeser fürchtet nach Nahost-Eskalation Konsequenzen für Deutschland

Innenministerin plant deutlichen Ausbau des Zivilschutzes

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) warnt nach der jüngsten Eskalation des Konflikts zwischen Israel und dem Iran vor etwaigen Konsequenzen für Deutschland. „Die brandgefährliche Eskalation durch den beispiellosen Angriff des iranischen Mullah-Regimes auf Israel ist durch nichts zu rechtfertigen“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

„Wir wissen, wie sich Eskalationen im Nahen Osten auch in Deutschland auswirken können. Seit den Terrorangriffen der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und dem folgenden Gaza-Krieg gibt es einen drastischen Anstieg von antisemitischen Straftaten.“ Die SPD-Politikerin sagte: „Die Spirale, dass Eskalationen im Nahen Osten zu noch mehr widerwärtigem Judenhass bei uns führen, müssen wir durchbrechen.“ Die Sicherheitsbehörden seien sehr wachsam und beobachteten genau, „ob die aktuelle Eskalation durch das iranische Regime Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Deutschland hat“. Dabei habe der Schutz von israelischen und jüdischen Einrichtungen in Deutschland höchste Priorität. In diesem Zusammenhang dankte Faeser den Polizeikräften der Länder „für ihren starken Einsatz zum Schutz jüdischer und israelischer Einrichtungen“. Seit dem Terrorangriff am 7. Oktober seien die Schutzmaßnahmen noch weiter hochgefahren worden. Die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern tauschten sich eng aus, um die Bedrohungslage laufend zu bewerten. Dies gelte ebenso für internationale Partner, insbesondere für Frankreich.

Innenministerin plant deutlichen Ausbau des Zivilschutzes

Faeser (SPD) hat angesichts der verschärften Sicherheitslage infolge des Ukraine-Kriegs einen deutlichen Ausbau des Zivilschutzes in Deutschland angekündigt. „Wir werden weitere erhebliche Investitionen in gute Warnsysteme, in moderne Hubschrauber und weitere Ausstattung vornehmen müssen“, sagte Faeser dem „Handelsblatt“. Gleiches gelte für den „effektiven Schutz kritischer Infrastruktur und die Versorgung für Krisenfälle“. „So wappnen wir uns besser gegen alle möglichen Gefahren: gegen Naturkatastrophen, gegen hybride Bedrohungen und auch gegen Terroranschläge oder leider wieder denkbare militärische Bedrohungen.“ Laut Bundesinnenministerium sind die Investitionen für zivile Verteidigung in den vergangenen Jahrzehnten aufgrund der „Friedensdividende“ rückläufig gewesen. Durch die „Zeitenwende“ habe sich die Lage jedoch „grundlegend“ verändert, sagte ein Ministeriumssprecher dem „Handelsblatt“. Die auf den Bund entfallenen Kosten für den Zivilschutz seien auch wegen der Nato-Anforderungen gestiegen. „Für den Schutz der Bevölkerung ist in den nächsten Jahren daher mit erheblichen zusätzlichen Bedarfen zu rechnen“, erklärte der Sprecher. Faeser sieht dringenden Handlungsbedarf. „Wir haben durch die russische Aggression eine völlig veränderte Sicherheitslage in Europa – zuallererst bei unseren östlichen EU- und Nato-Partnern wie im Baltikum, aber auch durch hybride Bedrohungen wie Cyberangriffe, Spionage und Desinformation bei uns“, sagte die Ministerin. Auch müsse die Gesellschaft insgesamt für Krisen „widerstandsfähiger“ werden. „Dazu gehört auch, die Bevölkerung stärker für Gefahren zu sensibilisieren und zu zeigen, wie jeder in Notfällen Freunden oder Nachbarn helfen und so Menschenleben retten kann“, so Faeser. Sinnvoll seien auch Bevölkerungsschutzübungen an Schulen. „Es gilt, Wissen zu vermitteln, ohne Angst zu machen“, sagte die SPD-Politikerin.

Breite Kritik an fehlendem Bevölkerungsschutz für den Ernstfall

Der Ehrenpräsident des Technischen Hilfswerks, Albrecht Broemme, wirft Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor, zu wenig für den Schutz der Bevölkerung im Ernstfall zu tun. „Nancy Faeser konnte bislang im Zivilschutz nichts bewegen“, sagte Broemme dem „Handelsblatt“. Die Ministerin müsse die zivile Verteidigung dringend mit der militärischen Verteidigung des Verteidigungsministers synchronisieren. Knappe Haushaltsmittel ließ Broemme als Argument für mangelndes Engagement nicht gelten. „Wer sagt: Mir ist die Bevölkerung egal, der stellt kein Geld zur Verfügung“, erwiderte Broemme. Kritik kam auch von der Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, Gerda Hasselfeldt: „Derzeit wird nicht genügend für die Stärkung des Zivilschutzes getan“, sagte sie dem „Handelsblatt“. Es sei beispielsweise fest vereinbart gewesen, zehn mobile Betreuungsmodule für den Einsatz in zerstörter Infrastruktur zu beschaffen. Sie würden bis zu 5.000 obdachlos gewordenen Menschen helfen. „Bisher gibt es jedoch nur eines.“ Auch die Bundesländer, zuständig für den Katastrophenschutz, fordern seit geraumer Zeit vom Bund eine Milliarde Euro extra im Jahr. Das Geld soll in Sirenen, Schutzräume oder auch Vorräte bei Lebensmitteln und Medikamenten fließen. „Es ist Kernaufgabe des Staates, seine Bevölkerung zu schützen, für Ernst- und Katastrophenfälle gewappnet zu sein und die dafür notwendigen Strukturen zu schaffen oder wieder aufzubauen“, sagte die Innenministerin von Sachsen-Anhalt, Tamara Zieschang (CDU), dem „Handelsblatt“. Dieser Kernaufgabe komme der Bund im Bereich des Zivilschutzes nicht ausreichend nach. +++