Experten: Bund-Länder-Finanzreform verstößt gegen die Verfassung

Der Bundestag soll dem Gesetz am Donnerstag mit Zweidrittel-Mehrheit zustimmen

Berlin. Die Reform der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern verstößt in Teilen gegen die Verfassung. Zu dem Schluss kommen laut „Handelsblatt“ neben dem Bundesinnenministerium namhafte Verfassungsrechtler. Kern des Übels ist demnach das Vorhaben, die Verwaltung der Bundesautobahnen von den Ländern auf den Bund zu übertragen. Dazu soll das Grundgesetz geändert werden. Zugleich aber sollen die Länder die Möglichkeit erhalten, wieder die Zuständigkeit für die Planfeststellung- und -genehmigung bei Straßenprojekten zurückzuerhalten.

Dies soll einfach per Gesetz geregelt werden. „Wenn im Grundgesetz die Verwaltung der Autobahnen beim Bund verankert wird, dann muss auch die Möglichkeit der Rückübertragung von Teilbereichen an die Länder im Grundgesetz verankert sein“, sagte der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, dem „Handelsblatt“. „Ohne eine derartige im Grundgesetz verankerte Ermächtigung würden sich sehr bald die Gerichte mit der Frage beschäftigen müssen, wenn der erste Planfeststellungsbeschluss eines Landes beklagt wird“, warnt er. Der Speyerer Verfassungsrechtler Joachim Wieland beklagt ebenfalls den Verfassungsbruch. „Wenn man die Rückübertragung der Planfeststellung will, sollte man das auch in der Verfassung ausdrücklich ermöglichen“, sagte er dem „Handelsblatt“.

„Sonst riskiert man tatsächlich, dass ein Gericht im konkreten Fall eine Regelung nicht für verfassungskonform hält und das Bundesverfassungsgericht letztlich das Gesetz für verfassungswidrig erklärt.“ Zu dieser Einschätzung waren auch die Verfassungsexperten des Bundesinnenministeriums gelangt. Sie hatten allerdings erst in den Abschlussverhandlungen zwischen Union und SPD Mitte Mai vor einem „erheblichen verfassungsrechtlichen Risiko“ gewarnt und dazu geraten, das Grundgesetz zu ergänzen. Dies wurde zuletzt von der Großen Koalition nicht mehr berücksichtigt. Der Bundestag soll dem Gesetz am Donnerstag mit Zweidrittel-Mehrheit zustimmen, die Bundesländer im Bundesrat am Freitag. +++