Deutschland ist Schlusslicht bei der Akademisierung der Hebammenausbildung in der EU

Hebammen werden überwiegend an beruflichen Fachschulen ausgebildet

Berlin. Laut einer Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Grünen zur Akademisierung der Hebammenausbildung (BT-Drs.19-2295) wird bereits in allen Ländern der Europäischen Union eine akademische Hebammenausbildung umgesetzt – außer in Deutschland. Damit haben mittlerweile alle übrigen Länder der EU die Konsequenzen aus einer EU-Richtlinie gezogen, welche eine zwölfjährige Schulbildung als Voraussetzung für die Zulassung zur Hebammenausbildung vorschreibt (2013-55-EU). Die EU begründet dies mit den für die Berufsausübung erforderlichen wissenschaftsbasierten Kenntnissen und der Notwendigkeit, unabhängig und in eigener Verantwortung Gesundheitsfürsorge leisten zu können.

In Deutschland besteht zwar seit 2009 die Möglichkeit, über eine Modellklausel primärqualifizierende Studiengänge für Hebammen anzubieten (dies wird zurzeit an 5 Hochschulen umgesetzt). Zudem können Hebammen in ausbildungsintegrierenden oder additiven Studiengängen einen akademischen Abschluss erwerben (weitere 8 Standorte). Auf eine gesetzliche Grundlage für die vollständige Akademisierung der Hebammenausbildung konnten sich Bund und Länder jedoch bisher nicht einigen. Die Zeit drängt, denn bis zum 18. Januar 2020 muss die EU-Richtlinie umgesetzt sein.

Hebammen werden in Deutschland also weiterhin überwiegend an beruflichen Fachschulen ausgebildet. Für sie bedeutet diese Verzögerung nicht nur eine Benachteiligung im Hinblick auf die Anerkennung ihres Berufsabschlusses innerhalb der EU. Es bedeutet auch, dass wichtige Impulse für die Qualität der gesundheitlichen Versorgung von Frauen und ihren Familien ausbleiben, die durch eine wissenschaftsbasierte Ausbildung an Hochschulen und Universitäten zu erwarten sind. Nicht zuletzt werden weiterhin die Karriere- und Erwerbschancen in einem klassischen Frauenberuf beschnitten, obwohl die Sachver-ständigenkommission zum Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung explizit auf das Gleichstellungsproblem hingewiesen hat.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Versorgungsengpässe in der Geburtshilfe und der immer noch ausstehenden Gleichstellung von Frauen fordert die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft daher die zeitnahe Umsetzung und finanzielle Sicherstellung der hochschulischen Hebammenausbildung in Deutschland. +++