Deutsche in Rumänien sehen durchaus Zukunftschancen

Wiesbaden. Wie problematisch und ungewiss die Zukunft der deutschen Minderheit in Rumänien ist, erfuhren 36 Teilnehmer aus der Bundesrepublik sehr eindrucksvoll auf einer 5-tägigen Seminarreise, die das DeutschEuropäische Bildungswerk in Hessen e.V. (DEB) in der vergangenen Woche nach Siebenbürgen unternahm. Die Leitung dieser Veranstaltung, die vom Bundesinnenministerium in Berlin aus der Reihe „Begegnung und Verständigung“ finanziell unterstützt wurde, hatte DEB-Vorsitzender Georg Stolle (Bensheim).

In insgesamt 12 sehr interessanten Vorträgen namhafter Vertreter der Siebenbürger Sachsen aus Hermannstadt/Sibiu und Umgebung wurde die aktuelle Situation der deutschen Minderheit und ihre Zukunftsperspektiven den bundesdeutschen Gästen, darunter auch eine Anzahl ausgewanderter Siebenbürger Sachsen, verständlich und offen vermittelt. Dabei wurde auch deutlich, dass Siebenbürgen schon immer ein gutes Beispiel für ein friedliches kulturelles und religiöses Miteinander der verschiedenen Volksgruppen war. Gefährdet werde dieser schon vor der Wende bestehende beispielloser Prozess inzwischen aber durch die massive Abwanderung der Bevölkerung nach Deutschland und der damit verbundenen Reduzierung der Deutschen in Rumänien auf heute nur noch rund 36000 Personen. Dies wirke sich auch auf die Situation des deutschen Schulwesens aus, das aufgrund des Mangels an qualifizierten deutschen Lehrkräften erheblich gefährdet sei.

Die deutsche Reisegruppe war in einem gutem Hotel in Medias/Mediasch untergebracht und unternahm von dort aus Erkundungsausflüge in die nähere Umgebung. Zunächst war ein Empfang im Rathaus dieser heute 47000 Einwohner zählenden Stadt angesagt. Es folgten der Besuch eines deutschen Gymnasiums unter Mitwirkung von Lehrern und Schülern. Dann wurde nach einer Stadtführung das Kirchenkastell mit der berühmten Margarethenkirche besichtigt. Hier findet jeden Sonntag ein Gottesdienst in deutscher Sprache statt. Der evangelische Stadtpfarrer Gerhard Servatius-Depner begeisterte die Seminarteilnehmer mit einem spannenden Vortrag über die evangelische Kirche in Siebenbürgen. Weiter auf dem Programm stand ein Besuch der UNESCO-Weltkulturstadt Hermannstadt, wo neben einer ausgiebigen Stadtbesichtigung ein Empfang im Rathaus mit Bürgermeisterin Astrid Fodor, vom Demokratischem Forum, einer Interessenvertretung aller Rumäniendeutschen, folgte. Die Rathauschefin verwies mit Stolz darauf, dass die deutsche Minderheit zwar erst seit dem Jahre 2000 in die Stadtpolitik involviert sei, inzwischen aber durch Anerkennung eines Großteils der rumänische Bevölkerung die Mehrheit im Stadtrat erzielt habe.

In Biertan , rund 20 km südlich von Medias gelegen, beeindruckte die historische Kirchenburg im spätgotischem Stil vor allem mit ihrer Turmvielfalt sowie dem imposanten Deckengewölbe und dem prächtigen Flügelaltar im Inneren. Dieser ehemalige Bischofssitz der Siebenbürger Sachsen wurde 1993 in die Weltbestenliste der UNESCO aufgenommen, aber Gottesdienste werden darin nur noch selten gefeiert. Leider wurde diese ehemalige Bischofskirche bei einem starken Erdbeben im Jahre 1977 teilweise zerstört. Bei den nötig gewordenen und bis heute andauernden Restaurationsarbeiten wird vor allem in mühevoller Kleinarbeit auf die Wiederherstellung der früheren, spätgotischen Farbgebung geachtet.

Unweit von Biertan/Birthälm, in dem beschaulichen Örtchen Reichesdorf/Richis, hatten die Seminarteilnehmer ein Erlebnis ganz besonderer Art. Auf den Stufen der zu besichtigenden, im 14. Jh. errichteten evangelischen Kirche erwartete sie sitzend der 83-jährige deutsche Kurator Johannes Schaas und begann alsdann mit großem Wissen über diese Kirche und humorvollen Einlagen zu den darin befindlichen „grünen Männchen“, diese eigenartigen steinernen Maskengebilde an den Kirchenpfeilern, mit einer sehr interessanten und lebhaften Führung durch das Gotteshaus. Zum Schluss stellte er sich auch bereitwillig einem Interview, das der mitgereiste Landesvorsitzende des Bundes der Vertriebenen in Hessen, Siegbert Ortmann (Lauterbach), spontan mit ihm führen konnte. Dabei verneinte er eine Resignation aufgrund der inzwischen weggegangenen deutschen Dorfbewohner einschließlich aller seiner Familienangehörigen, aber als nunmehr mit Ehefrau Hanni einzig „Zurückgebliebener“ sprach er von großer Traurigkeit über diesen Exodus. Er sei sich aber sicher, dass nicht alle Weggegangenen auch wirklich glücklich seien. Einen Optimismus für die Zukunft der Siebenbürger Sachsen in seinem Land sehe er nicht. Ihm sei nur noch wichtig, zu seinen Lebzeiten für die von ihm so geschätzten und längst weltberühmten Kirchenführungen einen geeigneten Nachfolger als Kurator zu finden.

Die weitere Überlandfahrt an diesem Tage führte in das Dörfchen Almen/Alma Vii, wo im alten Schulgebäude eine landestypische „Vesper“ serviert wurde. Bei dieser Gelegenheit war es von großem Vorteil, dass der Reisegruppe heute in der Bundesrepublik lebenden früheren Einwohnern dieser Region angehörten, die die sprachliche Verständigung mit den einheimischen Gastgebern, die alle nicht mehr deutsch sprachen, bestens erledigten. Unter ihnen war übrigens auch Alfred Gökeler aus Balingen, stellv. Vorsitzende des Verbandes der Siebenbürgisch-Sächsischen Heimatortsgemeinschaften e.V. Er verstand es immer wieder in hervorragender Weise, die übrigen Seminarteilnehmer über das frühere und jetzige Leben der Siebenbürger Sachsen verständlich und aktuell zu informieren.

Beim Abschiedsabend in Casa Banza, der noch eine Kutschenfahrt nach Bonnesdorf vorausging, wurden die beiden letzten Referate von Dr. Paul-Jürgen Porr, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien über „Arbeit und Ziele des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien“, und der Journalistin Beatrice Ungar, Chefredakteurin der „Hermannstädter Zeitung“ über „deutsche Medien in Rumänien“, gehalten, bevor ein gemeinsames Abendessen mit Folkloreeinlagen einer rumänischen Tanz-und Gesangsgruppe den Abschluss dieser hochinteressanten Reise zu den Deutschen in Rumänien bildete. +++ fuldainfo

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