
Berlin. Trotz schwacher Wachstumsdaten und gedrückter Stimmung in der Wirtschaft hat sich Bundesbankpräsident Jens Weidmann optimistisch zur deutschen Konjunktur geäußert. „Insgesamt gehen wir davon aus, dass die relativ positive Grundtendenz der Konjunktur in Deutschland aufrecht erhalten bleibt“, sagte Weidmann dem „Hessischen Rundfunk“. „Wir bleiben mehr oder weniger bei den Prognosen, die wir bereits veröffentlicht haben“. Zu seinen umstrittenen Äußerungen, die Löhne in Deutschland sollten kräftig steigen, sagte Weidmann vorsichtig: „Wir haben überhaupt nichts vorgegeben. Wir haben das gemacht, was wir immer tun: Entwicklungen beschrieben und bewertet, die Einfluss auf die Preisdynamik haben.
Die Lohnentwicklung ist ein ganz zentraler Einflussfaktor auf die künftigen Inflationsraten“, so der Bundesbankpräsident. „Und was wir gesagt haben, ist, dass es vollkommen normal ist, dass sich die Löhne im Einklang mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung bewegen. Die Lage am Arbeitsmarkt ist ausgesprochen gut, und das heißt, dass auch die Löhne stärker steigen als in der Vergangenheit und stärker als in anderen Ländern des Euroraums, die wirtschaftlich schlechter dastehen. Das ist normal. Gleichzeitig haben wir gesagt, dass aus dieser Entwicklung keine Stabilitätsrisiken resultieren.“ Zurückhaltend beurteilte Weidmann, der die Bundesbank im EZB-Rat vertritt, die Wirtschafts- und Reformsorgen in Frankreich und Italien. Das seien Länder, „die konjunkturell etwas schlechter da stehen“.
Wirtschaftsforscher für „offensivere Lohnpolitik“
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat sich für eine „offensivere Lohnpolitik“ der Gewerkschaften ausgesprochen: Insbesondere in der Industrie sollten die Gehälter stärker als bisher steigen. In Branchen wie dem Fahrzeugbau seinen Lohnzuschläge von mindestens vier Prozent angemessen, heißt es in einer Analyse des DIW-Forschers Karl Brenke, die am Mittwoch veröffentlicht werden soll, berichtet die „Berliner Zeitung“. In den vergangenen zehn Jahren seien die Löhne in Deutschland insgesamt langsamer als die Wirtschaftsleistung gestiegen, heißt es in dem Bericht. „Im Schnitt blieben die Löhne Jahr für Jahr um rund 0,3 Prozent hinter dem zurück, was an Verteilungsmasse zur Verfügung stand.“ In der Industrie hinken die Gehälter demnach (mit 0,8 Prozent) noch stärker hinter der Bruttowertschöpfung der jeweiligen Branchen zurück. Auch in der Bauwirtschaft und im Gastgewerbe sei der Rückstand besonders groß. Künftig sollte insbesondere „die Lohnpolitik der Industriegewerkschaften offensiver werden“, heißt es der Analyse. Denn diese Branchen seien wirtschaftlich stark, und die Tarifbindung sei relativ hoch. Es reiche nicht aus, sich in gewichtigen Branchen mit einer Drei vor dem Komma bescheiden, wenn der Verteilungsspielraum größer sei. „Betrachtet man die Produktionsentwicklung über einen längeren Zeitraum, müsste beispielsweise im Fahrzeugbau, im Maschinenbau oder in der Pharmabranche mindestens eine Vier obligatorisch sein“, betont der Arbeitsmarktforscher Brenke. Eine vollständige Ausnutzung des Verteilungsspielraums verringere nicht die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Durch die höheren Löhne werde aber die Binnennachfrage angekurbelt. Auf diese Weise wären auch Lohnanhebungen in Branchen möglich, die vom Binnenmarkt abhängig sind. +++ fuldainfo
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