Britische Premierministerin bittet EU um Brexit-Aufschub bis 30. Juni

Im Kern geht es um die umstrittene "Backstop"-Regelung

Die britische Premierministerin Theresa May hat die Europäische Union in einem Brief um eine Brexit-Verschiebung bis zum 30. Juni gebeten. Falls die Parlamentarier im britischen Unterhaus einem Brexit-Deal noch rechtzeitig zustimmen, solle Großbritannien noch vor der Europawahl am 23. Mai aus der EU austreten können, hieß es in dem Brief an EU-Ratspräsident Donald Tusk. Zugleich werde man Vorbereitungen für die Europawahl treffen und Kandidaten aufstellen, hieß es weiter.

Der EU-Ratspräsident plädiert für einen Brexit-Aufschub von zwölf Monaten. Tusk wolle dies den 27 verbleibenden EU-Staaten am Freitag vorschlagen, teilte ein EU-Vertreter am Freitagmorgen in Brüssel mit. May muss nun spätestens am Mittwoch beim EU-Sondergipfel in Brüssel einen Plan vorlegen, wie es mit dem EU-Austritt Großbritanniens weitergehen soll. Anderenfalls droht bereits am 12. April ein ungeregelter Brexit. Am Montag hatte das britische Unterhaus alle vorgestellten Brexit-Alternativen wie schon in der Vorwoche mehrheitlich abgelehnt. Außerdem stimmte das britische Parlament bereits gegen einen Brexit ohne Abkommen, sowie insgesamt dreimal gegen den von May ausgehandelten Brexit-Vertrag mit der EU. Im Kern geht es im Streit über den Brexit-Deal um die umstrittene „Backstop“-Regelung. Der „Backstop“ beinhaltet die strittige Frage zum zukünftigen Grenzstatus zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. Mit dem EU-Austritt würden durch eine neue EU-Außengrenze mit Grenzkontrollen und Zollvorschriften viele Probleme entstehen. Sowohl die EU als auch die britische Regierung sind der Ansicht, dass eine harte Grenze in Irland vermieden werden sollte. Das ist aber wohl nur möglich, wenn Großbritannien trotz des Brexits auch in einer Zollunion mit der EU bleibt. Ursprünglich sollte Großbritannien am 29. März aus der Europäischen Union austreten.

Italien: Di Maio will Großbritannien mehr Zeit beim Brexit geben

Der stellvertretende italienische Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Luigi Di Maio plädiert dafür, Großbritannien angesichts der jüngsten Brexit-Entwicklungen mehr Zeit zu geben. „Alle europäischen Länder müssen nun einen Weg finden, der einen Schock für die europäische und englische Wirtschaft verhindert. Wir müssen England die Zeit geben, die es braucht“, sagte Di Maio der „Welt“. Zudem äußerte der italienische Wirtschaftsminister den Wunsch an Berlin, dass beide Länder enger zusammenarbeiten sollten bei der Entwicklung einer europäischen Industriepolitik. „Ich würde, wenn ich mir etwas wünschen dürfte, mit Deutschland gerne in der Industriepolitik zusammenarbeiten“, so Di Maio weiter. Außerdem solle Italien in der neuen EU-Kommission „den Kommissar für Unternehmen und Industrie stellen“, so der italienische Wirtschaftsminister. Da könne man „viel leisten für eine gemeinsame EU-Industriepolitik“, sagte Di Maio der „Welt“. Auße rdem regte er die Schaffung einer gemeinsamen Industriepolitik in Europa an und forderte die EU auf, mehr zu tun, um europäische Großkonzerne zu schaffen, die auf internationaler Ebene mit China und den USA konkurrieren können. „Wir haben keine gemeinschaftliche Industriepolitik und wir investieren nicht genug darin, europäische Champions zu schaffen mit denen wir den Chinesen und Amerikanern Konkurrenz machen könnten“, so der stellvertretende italienische Ministerpräsident weiter. Er forderte zudem weitere Integrationsschritte in Europa wie Eurobonds und eine europäische Arbeitslosenversicherung und mehr Macht für das Europaparlament. Italiens Wirtschaftsminister sieht Eurobonds und eine EU-weite Arbeitslosenversicherung als Möglichkeit, der EU-Müdigkeit der Europäer entgegenzuwirken. „Die Bürger wenden sich von Europa ab, weil die Institutionen ihre Probleme ignorieren. Instrumente wie Eurobonds oder eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung erlauben uns, Risiken auf alle zu verteilen und wichtige Probleme zu lösen“, sagte Di Maio der „Welt“. Er würde dem EU-Parlament „mehr legislative Macht geben. Es wäre ein System der Checks and Balances, das es ermöglichen würde, Risiken zu teilen. Ich sage nicht: Europa muss uns das Geld geben und den Rest entscheiden wir allein“, so der stellvertretende italienische Ministerpräsident weiter. +++

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