Ampel-Streit: SPD-Chef Klingbeil zieht rote Linie bei Rente

Ex-SPD-Chef Beck kritisiert "ständigen Krach" der Ampel-Koalition

Lars Klingbeil
SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil

In der Diskussion um das Fortbestehen der Ampel-Koalition nach dem Haushaltsstreit hat SPD-Chef Lars Klingbeil die baldige Verabschiedung des Rentenpakets im Bundestag zur Bedingung gemacht.

„Das war ein zentraler Punkt, warum uns viele Menschen ihre Stimme gegeben haben. Es war eine Bedingung für das Gelingen dieser Koalition. Natürlich ist das Rentenpaket deshalb für uns eine rote Linie. Es gibt die klare Verabredung, und an die wird die FDP sich halten“, sagte Klingbeil der „Rheinischen Post“. „Das erwarte ich von einem Partner, der ernst genommen werden möchte“, ergänzte der SPD-Politiker.

Auf die Frage, ob die Fortsetzung der Ampel noch Sinn mache, sagte Klingbeil: „Wir sind für vier Jahre gewählt. Es ist gut, dass der Haushalt nun geklärt ist, auch wenn es keine Glanzleistung war. Und es gibt noch viele wichtige Vorhaben. Ich habe den großen Anspruch, dass wir im September das Rentenpaket durchbringen“. Auch das Tariftreuegesetz und die Stärkung der Wirtschaft stünden noch auf der Agenda.

Insgesamt zeigte sich der SPD-Chef aber desillusioniert: „Aber so vieles war unnötig und überflüssig in der öffentlichen Debatte. Rückenwind für den Wahlkampf gibt das nicht, auch der Demokratie hat der Streit der Ampel keinen guten Dienst erwiesen. Wenn die Regierung sich im Dauer-Streit gegenübersteht, dann ist das schlecht. Eine Regierung muss Sicherheit ausstrahlen und zeigen, wo es lang gehen kann.“

Ex-SPD-Chef Beck kritisiert „ständigen Krach“ der Ampel-Koalition

Der frühere SPD-Vorsitzende Kurt Beck hat schwere Kritik an Umgangston und Außendarstellung der Ampel-Koalition geübt. „Eine Koalition ist nie eine Liebesheirat, aber man muss sich nicht täglich die Augen auskratzen“, sagte Beck dem „Tagesspiegel“. „Der ständige Krach in Berlin geht mir auf den Keks.“ Der ständige Krach übertünche jeden Erfolg. „Jede Woche treibt die Ampel eine neue Sau durch Berlin“, sagte Beck.

Besonders heftige Kritik übte Beck an Finanzminister Christian Lindner (FDP). „Das Verhalten von Finanzminister Lindner finde ich kaum erträglich“, sagte er. „Natürlich muss ein Finanzminister immer mal wieder Nein sagen, deutliche Worte finden, Ausgabenwünsche begrenzen. Aber er muss auch Lösungen anbieten statt immer nur selber Unruhe zu stiften, wie es Herr Lindner tut.“ Wenn mit Omid Nouripour ein Parteivorsitzender der Grünen von einer „Übergangskoalition“ spreche, sei auch das „nicht klug“, sagte Beck.

In den unterschiedlichen Koalitionen in Rheinland-Pfalz hätten sich die jeweiligen Partner immer Erfolge gegönnt, sagte der langjährige Ministerpräsident des Bundeslandes. „In der Ampel in Berlin gönnen die drei Partner dem jeweils anderen nicht das Schwarze unter dem Fingernagel.“

Die Bürger nähmen den Streit in Berlin „nur noch achselzuckend zu Kenntnis. Sie erwarten nichts anderes mehr, viele sind mit der Ampel durch“, sagte Beck. Das sei ein Alarmzeichen. „Viele Bürger wenden sich von der Politik ab.“

Beck verteidigte Kanzler Olaf Scholz und lobte Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD). Die Verfassung sehe eine starke Rolle des Kanzlers vor, „deshalb kriegt Olaf Scholz durch den Krach der Ampel viel Ärger ab“, sagte Beck. Scholz sei „eine Führungspersönlichkeit“, aber Koalitionspartner und Minister müssten „auch Führung zulassen“. Er sei „froh, dass Olaf Scholz sich nun bemüht, sich verständlicher auszudrücken“, sagte der ehemalige SPD-Chef. „Die Bürger müssen die Entscheidungen der Regierung nachvollziehen können.“

Die Bürger nähmen wahr, dass Verteidigungsminister Boris Pistorius „eine sehr gute Arbeit macht und sich verständlich ausdrückt“, so Beck. „Es gibt eine Sehnsucht nach Führung, die Boris Pistorius erfüllt.“ +++

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