Althusmann warnt vor zu harten Corona-Maßnahmen

Mit Kommentar

Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) hat vor einer zu harten Reaktion auf die steigenden Corona-Infektionszahlen gewarnt. „Wir müssen mit Verstand und kühlem Kopf an die Sache herangehen“, sagte er dem „Handelsblatt“. „Die Verhältnismäßigkeit der Mittel muss gewahrt bleiben.“ Man brauche keine Wiederholung des harten Lockdowns wie im Frühjahr, mahnte Althusmann. Es sei nicht nötig, die Gastronomie zu schließen oder die Produktion bei Volkswagen stillzulegen. Inzwischen gebe es gut Hygienekonzepte. Wichtig sei, die Gesundheitsämter besser auszustatten, den Datenaustausch zu verbessern „und dann lokal begrenzt zu reagieren“.

Althusmann verwies auf eine Studie der KfW-Bankengruppe, wonach coronabedingt im Mittelstand eine Million Arbeitsplätze verloren gehen könnten. Niedersachsen ist stark mittelständisch geprägt. „Da mache ich mir große Sorgen“, sagte er. Er verstehe die Wünsche der Wirtschaft nach mehr Planbarkeit. „Das ist wünschenswert, aber in der Krise kaum zu erfüllen. Krise ist nicht planbar“, sagte er. So sei vor etwas mehr als einer Woche so nicht bekannt gewesen, dass sich das Infektionsgeschehen derart beschleunigt. „Wenn wir eine Entwicklung wie in Belgien verhindern wollen, dann müssen wir die Infektionsketten jetzt durchbrechen“, sagte der CDU-Politiker.

Althusmann, Landevorsitzender der CDU in Niedersachsen, bedauerte die Absage des Landesparteitags. Dieser war als Hybrid-Parteitag an vier Standorten geplant gewesen. „In einer Situation wie dieser sollten keine Parteitage abgehalten werden, wenn es keine Notwendigkeit dazu gibt.“ Auch sei es richtig gewesen, den Parteitag auf Bundesebene abzusagen, sagte Althusmann, der Mitglied im Präsidium der Bundespartei ist. „Die Entscheidung wurde mitnichten getroffen, um jemanden zu verhindern oder jemanden zu befördern“, sagte er. Vielmehr sei die Entscheidung einstimmig im Präsidium wie auch im Vorstand gefallen – obwohl die Mitglieder der Vorstandsgremien sich längst nicht einig seien, wer neuer Vorsitzender werden solle.

Im Folgenden ein Kommentar des Chefredakteurs von fuldainfo.de, Norbert Hettler

Das, was wir mit den steigenden Corona-Zahlen jetzt erleben, war nahezu zu erwarten. Hatte man den ganzen Sommer Zeit, um sich auf dieses Szenario vorzubereiten. Was hat man getan? Ist man eingeschritten, als mehr oder weniger Unvernünftige Partys feierten? Hier sind wenige Fälle bekannt, bei denen so verfahren wurde, und falls doch, dann oft zu spät. Es war im Vorfeld absehbar, wohin das führt.

Überall war zu beobachten, dass Ordnungshüter an Versammlungen und Trinkgelage vorbeiliefen, anstatt einzuschreiten – wobei hier nicht den Beamten, die lediglich ihren Dienst verrichten, die Schuld zuzuweisen ist, als vielmehr den politischen Akteuren und Entscheidern der städtischen Gremien. Klar ist aber auch, dass, wenn man lediglich zu zweit Streife läuft, gegen das trunkene Partyvolk wohl kaum etwas ausrichten kann. Da braucht es schon ein Dutzend mehr, um dem feuchtfröhlichen Treiben notgedrungen ein Ende zu bereiten. Wäre man bei Hochzeiten – die oftmals ausgeufert sind – oder Ansammlung konsequenter vorgegangen – dies durchaus auch mit hohen Geldstrafen – hätte man sicher einiges verhindern können.

Jetzt, wo es fünf nach zwölf ist, plant die Politik weitreichende Lockdown-Pläne. Als scheinbaren Feind wurde wie schon im Frühjahr dieses Jahres das Gastgewerbe auserkoren. In dieser Branche, die – aufgrund der verhängten Maßnahmen eh schon nicht auf Rosen gebettet ist – geht es um Existenzen. Der Staat richtet hier einen Schaden an, der finanziell nicht zu beziffern ist. Dies gilt im Übrigen nicht nur für das Gastgewerbe, in dem übrigens mehr Menschen arbeiten als im Maschinenwesen, sondern ebenso für viele andere Bereiche das öffentliche Leben betreffend.

Wenn die Politik der Menschheit nun weismachen will, dass man vor dem Hintergrund von all dem dennoch gemeinsam Weihnachten begehen kann, so ist dies ein Trugschluss. Bisher haben die Menschen die meisten Entscheidungen der Politik mitgetragen, nun aber kommen Zweifel, ob die Politik noch verhältnismäßig korrekt handelt. Das „Signal für die Einigkeit“, das Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus forderte, kommt vielleicht etwas spät; Vor allem für die Akzeptanz in der Bevölkerung hätte man deutlich früher und entschiedener durchgreifen müssen. +++