70. Bad Hersfelder Festspiele vom 26. Juni- bis 23. August 2020

Club der toten Dichter und Musical Goethe!

Die Bad Hersfelder Festspiele feiern im kommenden mit dem Begehen der 70. Spielzeit seit Bestehen der Bad Hersfelder Festspiel ein großes Jubiläum. Für den Intendanten der Bad Hersfelder Festspiele, Joern Hinkel, besteht darin ein besonderer Auftrag, den er mit gleich zwei Uraufführungen sowie einem großen deutschsprachigen Dramatiker, dessen Werke bislang noch nie in der Hersfelder Stiftsruine gezeigt wurden, erfüllen möchte. Besonders freut sich der Festspielintendant darüber, dass es gelungen ist, die Rechte an der Theaterfassung von „Der Club der toten Dichter“ zu bekommen und hierüber in direktem Austausch mit dem Drehbuchautor Tom Schulmann zu stehen, der in 1990 für das Drehbuch mit einem Oscar ausgezeichnet wurde.

Zum Programm der Bad Hersfelder Festspiele in 2020 sagt Hinkel: „Im Mittelpunkt aller Stücke steht die Kraft der Sprache. Es geht um ihre Fähigkeit, Menschen zu beflügeln, sie über sich selbst hinauswachsen zu lassen, aber auch um ihre Macht, Menschen zu verführen, zu manipulieren oder zu zerstören. Dabei stelle ich mir immer wieder die Frage, was für einen Wert ein Wort heute überhaupt noch hat. Ich habe das Gefühl, dass zunehmend mehr Worte gebrochen als gehalten werden. Dass immer mehr Worte in der Vielstimmigkeit der permanenten Kommunikation zu Worthülsen verblassen. Ist es ein Anzeichen von Gedankenlosigkeit, wenn Gefühle per Handy-Knopfdruck oder im Internet durch Symbole ausgedrückt werden? Mangelt es an Mut, Aufrichtigkeit oder schlicht an Zeit, wenn wir, anstatt einen Satz wie „Ich liebe Dich!“ auszusprechen oder zu schreiben, ein Einheits-Herz versenden? Oder ein weinendes Gesicht? Interessanterweise wird bei Klagen, Beschimpfungen und Verleumdungen viel eher ausformuliert, als bei positiven Gefühlsbekundungen. Ein Daumen hoch – das muss doch reichen! Wohin steuern wir aber, wenn die Menschen zunehmend mittels Zeichensprache und in abgekürzte Phrasen miteinander kommunizieren?“

Diese Gedanken und Beobachtungen machen die Auswahl der Themen und Stücke des Intendanten für die 70. Bad Hersfelder Festspiele vom 26. Juni- bis 23. August 2020 so aktuell, berührend und aufregend: „Unsere Stücke legen aber nicht nur Finger in Wunden, sondern suchen auch nach Möglichkeiten, die Sprachlosigkeit zu überweinden“, sagt der Intendant der Bad Hersfelder Festspiele, Joern Hinkel.

Die Macht der Poesie: Der Club der toten Dichter – Europäische Uraufführung am 26. Juni 2020

Erstmalig wird auf einer europäischen Theaterbühne „Der Club der toten Dichter“ nach dem Film von Regisseur Peter Weir und dem Drehbuch von Tom Schulmann in einer Theaterfassung gezeigt. „Das Theaterstück, das Tom Schulmann selbst auf Grundlage seines Drehbuches verfasste, wurde bisher ausschließlich in den Vereinigten Staaten gezeigt. Für die europäische Uraufführung schreibe ich in Zusammenarbeit mit Tom Schulmann eine eigene Fassung für die große Bühne der Bad Hersfelder Stiftsruine“, so Festspielintendant Joern Hinkel. In „Der Club der toten Dichter“ animiert der neue Lehrer seine Schüler dazu, nicht vorgekautes Wissen unreflektiert zu wiederholen, sondern sich eigene Gedanken zu machen und diese zu formulieren. Indem sie schreiben, erfahren seine Schüler mehr über sich selbst und die Welt, als im stumpfen Auswendiglernen. Sie nähern sich, indem sie sich auf die Poesie und die ewigen Fragen einlassen: Wer bin ich? Was will ich? Soll ich so leben, wie es mir meine Eltern, meine Vorgesetzten vorschreiben oder eigene Wege beschreiten? Hierzu Joern Hinkel: „‘Poesie, Schönheit, Romantik und Liebe sind die Freuden unseres Lebens‘, sagt der unorthodoxe Lehrer Keating und lässt seine Schüler auf Schreibtische steigen, damit sie die Welt aus einer anderen Perspektive betrachten. Er versucht, ihre individuellen Stärken zu fördern, sie zu eigenständig denkenden Persönlichkeiten zu erziehen. Die Schüler berufen den ‚Club der toten Dichter‘ in einer Höhle ein, tragen sich gegenseitig selbst geschriebene Gedichte vor, und nicht nur ihr Blick auf die Welt, nein ihr ganzes Leben beginnt sich zu ändern. Der Film hatte vor dreißig Jahren eine ungeheure Wirkung auf die Menschen und beeinflusste Generationen von Lehrern und Schülern. Ich freue mich, wenn wir den ‚Club der toten Dichter‘ in der Stiftsruine wieder einberufen und lebendig werden lassen können.“

Inhalt:

Der Ehrenkodex der Elite-Akademie Welton im konservativen Neuengland der 60er Jahre lautet: „Tradition! Ehre! Disziplin! Leistung!“ Eigenständiges Denken und Kritik sind nicht erwünscht, Verweigerung wird hart sanktioniert. John Keating, der neue Englischlehrer, der selbst einmal in Welton in die Schulbank gedrückt hat, wirkt wie ein Exot in diesem engen Konzept: Mit unkonventionellen Methoden fordert er seine Schüler zu selbstständigem Handeln und freiem Denken auf. Er inspiriert sie dazu, den Club der toten Dichter zu gründen, sich in einer Höhle im Wald gegenseitig Gedichte vorzulesen. Und so beginnen sie, ihren bislang strikten Gehorsam in Frage zu stellen, Selbst, als der Konflikt mit der Schulleitung eskaliert und Neils Vater seinem Sohn die Teilnahme an einer Schultheater-Aufführung verbietet, selbst als alles zur schlimmst möglichen Katastrophe führt, lassen sich Keatings Schüler nicht davon abbringen, ihre eigenen Weg weiterzugehen. Tom Schulman ließ seine eigenen Erlebnisse an der Montgomery Bell Academy in ein Drehbuch einfließen und setzte seinem Englischlehrer darin ein Denkmal. Für sein Buch gewann er 1990 zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den César und den Oscar.

Die Sprachlosigkeit der Demokraten: Italienische Nacht – Premiere am 27. Juni 2020

Auch die zweite Premiere der 70. Bad Hersfelder Festspiele behandelt ein gesellschaftlich relevantes Thema, das so aktuell ist wie nie. Intendant Joern Hinkel hat ein Stück von Ödön von Horváth ausgewählt: „Wohin der Missbrauch von Worten führt, beschreibt Horváth in seiner ‚Italienischen Nacht‘“, sagt der Festspielintendant Joern Hinkel. „Ein Paradebeispiel über die Verführbarkeit von Menschen, aber auch über ihre Unfähigkeit, in unsicheren Zeitenklare Gedanken zu fassen und zu äußern. Lieber schweigen Horváths Figuren, bevor sie in Gefahr geraten, etwas zu sagen, was ihnen zum eigenen Nachteil ausgelegt werden könnte.“

Zum Inhalt: 

Stadtrat Ammetsberger hat für Sonntag einen „Italienischen Abend“ für seine sozialistischen Parteigenossen im Gasthof organsiiert. Der Wirt hat die Stube zum selben Zeitpunkt an die Ortsgruppe der Faschisten vermietet. Man muss eben den Schweinsbraten verkaufen. Und da spielt es doch keine Rolle, an wen. Die Faschisten wollen einen „Deutschen Tag“ im Lokal steigen lassen, eine brandgefährliche Situation… Martin, Vertreter der jungen, revolutionär gestimmten Sozialisten ist empört und protestiert dagegen, dass die örtliche Parteispitze gemütliche Folklore veranstaltet, während die Faschisten marschieren und Schießübungen abhalten. Er schickt seine Freundin Anna zu den Faschisten, sie soll „unter Einsatz ihrer weiblichen Reize“ deren Pläne auskundschaften. Aber der Stadtrat ist überzeugt, solange er „die Ehre hat, Vorsitzender der hiesigen Ortsgruppe zu sein“, könne die Republik ruhig schlafen. Es kommt zum Streit, zur Grundsatzdiskussion der alteingesessenen Parteimitglieder mit den jungen Wilden. Martin wird kurzerhand aus der Partei ausgeschlossen. Die Selbstzufriedenheit und innere Zerrissenheit, die Lethargie der Demokraten, die sich auf der sicheren Seite wähnen, ihre Ohnmacht, sich mit den Argumenten und Parolen der Faschisten auseinandersetzen, ermöglicht dem Schlägertrupp überhaupt erst den Überfall auf das Wirtshaus während der Italienische Nacht. Die Italienische Nacht des in Ungarn geborenen Ödön von Horváth wurde 1930 zum ersten Mal auf einer Bühne gezeigt. Joern Hinkel über das Stück: „Trotz aller geradezu prophetischer Anspielungen ist die Italienische Nacht nicht in erster Linie ein politisches Stück, sondern ein Stück über menschliche Stärken und Schwächen, über den ranzigen Charme der Provinz, schräge Typen, über beginnende und sterbende Liebensbeziehungen, voller Melancholie und der Sehnsucht nach dem unerreichbaren Land, in dem die Zitronen blühen. Selbst der Anführer des Schlägertrupps zeigt menschliche Züge.“

Für die Inszenierung hat Joern Hinkel die gefeierte Regisseurin Tina Lanik gewinnen könne und freut sich auf ihre Arbeit in Bad Hersfeld. „Tina Lanik verbindet in ihren Inszenierungen ihre hellwache, intelligente Sicht auf die Dinge mit ihrer Musikalität, ihrem Humor und der Fähigkeit, Szenen zu überhöhen. Nie bleibt ein Dialog bei ihre eine platte pure Abbildung, es ist immer ein weiterführender Gedanke dabei. Weil sie voller Lust am Spiel und am sinnlichen Vergnügen arbeitet, war ich nicht verwundert, als sie vor einiger Zeit auch damit begann, Opern zu inszenieren. Als ich ihr vorschlug, die Italienische Nacht von Horváth in Bad Hersfeld auf die Bühne zu bringen, rannte ich bei ihr offene Türen ein; so hatte sie schon vor einem Jahr den Plan, das Stück inszenieren zu wollen“, so Hinkel.

Die Kraft der Liebe: Goethe! – Uraufführung am 10. Juli 2020

Endlich würdigt ein Musical den Dichterfürsten. Die Uraufführung findet am 10. Juli 2020 im Rahmen der 70. Bad Hersfelder Festspiel statt. Das Musical von Gil Mehmert (Buch und Regie), Martin Lingnau (Musik) und Frank Ramond (Libretto) erzählt Goethes Liebe zu Charlotte Buff und den Beginn seiner Karriere. Zur Auswahl des Musicals Festspielintendant Joern Hinkel: „Der junge Goethe, irritiert durch die eindimensionale Deutung und Anwendung der Gesetze, die er in seinem Jurastudium pauken muss, ringt um neue Ausdrucksmittel, seine widersprüchlichen Gefühle in Worte zu fassen – und trifft damit den Geist einer ganzen Generation. Er stößt die Pforten zu einer neuen literarischen Epoche auf.“

Zum Inhalt:

Johann Wolfgang von Goethe möchte Dichter werden. Sein Vater hat allerdings nicht viel für die Träume des jungen Mannes übrig und wünscht, dass der Sohn „etwas Anständiges“ lernt. Aber Wolfgang fällt durch die Juraprüfung. Der strenge Vater schickt ihn nach Wetzlar ans Reichskammergericht. Weil seine Mitschriften von Zeugenaussagen zu poetisch sind, ordnet er dort bald nur noch Akten… Auf einem Ball, den er mit seinem neu gewonnenen Freund Wilhelm Jerusalem zur Ablenkung von der ungeliebten Aktenarbeit besucht, verliebt sich Johann in Charlotte Buff, die sich als älteste von acht Kindern nach dem Tod der Mutter liebevoll um ihre Geschwister kümmert. Als sein Vorgesetzter Kestner ihn bittet, ihm bei einem romantischen Heiratsantrag zu helfen, ahnt der junge Goethe nicht, dass dieser um Lottes Hand anhalten will. Lotte muss den Antrag auf Wunsch ihres Vaters annehmen, die Ehe mit Kestner bedeutet für die Familie finanzielle Sicherheit. Die Rivalen geraten aneinander, es kommt zu einem fingierten Duell und Kestner sorgt dafür, dass Goethe im Gefängnis landet. Goethe schreibt in der Zelle eine Liebesgeschichte und schickt sie an Lotte. Die Novelle wird veröffentlicht und „Die Leiden des jungen Werther“ verkaufen sich sensationell. Goethes Karriere als Schriftsteller beginnt.

Star-Regisseur Gil Mehmert hat sich des Stoffes auf Basis des Kinofilms von Philipp Stölzl aus dem Jahre 2010 mit Alexander Fehling, Miriam Stein und Moritz Bleibtreu angenommen und wird das Musical im Rahmen der 70. Bad Hersfelder Festspiele auf die Stiftsruinenbühne bringen. Er hat das Buch geschrieben, Martin Lingnau und Frank Ramond werden die Musik und das Libretto dazu liefern. Das Produktionsteam entwickelte für Stage Entertainment das Musical „Das Wunder von Bern“, das 2014 im Stage Theater an der Elbe in Hamburg seine Weltpremiere feierte und dort bis 2017 gespielt wurde. Das Autorenteam hat sich bewusst für diese Lebensphase des großen Dichters entschieden. „Den Titelhelden erleben wir in dieser Geschichte nicht als etablierten Klassiker, sondern als jungen Poeten in seiner Sturm-und-Drang-Phase, als einen Pop-Künstler, der um seinen Ausdruck ringt. Die Erzählweise orientiert sich an vergleichbaren halbfiktiven Künstler-Portraits wie Shakespeare in Love oder Amadeus und konzentriert sich damit auf eine besonders spannende und dramatische Episode des Protagonisten, die seinen interessanten Charakter einerseits treffend einfängt, aber eben doch überraschende Seiten zeigt und Unbekanntes aufdeckt“, so der Intendant der Bad Hersfelder Festspiele, Joern Hinkel, über das Stück. Der Vorverkauf für die 70. Bad Hersfelder Festspiele (26. Juni- bis 23. August 2020 in Bad Hersfeld) beginnt am 1. November 2019. Tickets sind wie immer im Ticket-Service in Bad Hersfeld (Am Markt 1, 36251 Bad Hersfeld), in allen Eventim-Vorverkaufsstellen sowie im Internet unter www.bad-herfelder-festspiele.de. Schnell sein, lohnt sich. Bis zum 31. Dezember 2019 wird ein Frühbucherrabatt von 10 Prozent des Kartenpreises gewährt. +++ pm/ja